Zusammenfassung
Im folgenden sollen die oben genannten Typen von Objektivationen auf ihre untersuchungsrelevanten Voraussetzungen ein wenig eingehender beschrieben werden, vor allem diejenigen Objektivationstypen, auf die sich die nachstehenden Abschnitte zum unternehmerischen Wissen vornehmlich stützen: das Gespräch, die Schrift und eine Sonderform schriftlich-graphischer Objektivation: die Rechnung.
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Literatur
Gleiches gilt für die heutigen Bebilderungstechniken wie Zeichnungen, Fotografie, Film und Fernsehen und jüngst Multimedia auf dem Computerbildschirm.
Dieser Punkt markiert unter anderem auch die Differenz der wissenssoziologischen Fassung des Objektivationsproblems und der Sprechanalyse von der diskurstheoretischen Variante (Habermas), die - nach ausführlicher Exegese sprachphilosophischer Texte - in der Sprache das Telos des Konsenses und der Verständigung erblickt. Wenn man schon auf eine Teleologie der Sprache und des Sprechens nicht verzichten mag, dann wäre sie im Aspekt der Beachtung anzusetzen; dann aber wäre wiederum nicht zu erkennen, wieso Konsens prinzipiell beachtlicher, “grundlegender” als Konflikt sein sollte. Gerade in der heutigen Gesprächskultur scheint Konflikt doch wegen der Anhäufung von Diskurszumutungen mehr und mehr (und nicht: weniger und weniger) Garant für Aufmerksamkeit und Beachtung zu sein.
Hierin liegt das Hauptproblem aller schumpeterianischen Unternehmerbestimmungen. Schumpeter, der “Innovationstätigkeit” als Merkmal des Unternehmers ansah, sah sich in der Folge gezwungen, zwischen “echten” und “unechten” Unternehmern zu unterscheiden. Letztere waren Unternehmer, die ihre Möglichkeiten einer “früheren” Innovationsschöpfung verdankten und selbst nur nachahmend und routinemäßig handelten. Mit dieser Fassung, mit dieser Verengung des Konzepts auf “Neuheit”, begab man sich der Möglichkeit, das Spezielle der unternehmerischen Routinen zu beschreiben, und so hat cisSchumpeter-Unternehmer heute nur noch in der Gründungsforschung eine Bedeutung. Sobald ein bestehender Betrieb festgestellt wird, kann dieser Unternehmer problemlos als “verschwunden” deklariert werden.
So auch Hagège 1987, S. 89: “Alles trägt zur Entstehung einer besonderen Sprache der Schrift bei: Sie schafft vor allem die beim Gesprochenen nicht zu umgehende Linearität ab,chrw(133) Die Schrift kann die Fläche nutzen, auf der sie erscheint; sie kann beliebig in jeder Richtung verlaufen: vertikal, horizontal, von links nach rechts und von rechts nach links.”
Austin 1962, Habermas 1981a und b, Luckmann 1986, Luhmann 1984. Vgl. auch Knoblauch 1995, S. 15.
Eine schöne Fallstudie zur individuell bedeutsamen und zugleich prekären Aneigung von schriftsprachlich vorgeprägten Lexika in dominant mündlichen Milieus ist in Maas 1991 zu finden. Maas beschreibt, wie sich die Bauersfrau Marie Schierling (Norddeutschland, ausgehendes 19. Jahrhundert) Elemente aus Schreibkalendern und Fortsetzungsromanen in Tageszeitungen aneignet, um in ihrem persönlichen Anschreibebuch Ausdruck für die Leiden am eigenen Milieu zu finden. “Marie Schierling hat sich dazu die Schreibrequisiten angeeignet, die ihr verfügbar waren bzw. die ihr passend erschienen. Sie kann hier stellvertretend für einen Großteil der Bevölkerung stehen, der den Kampf um die Aneignung eines kulturellen Produktionsmittels geführt hat, das wir, die wir uns über das Verhältnis von Schriftlichkeit und Mündlichkeit verständigen, nur zu gern als festen Bestandteil unseres ererbten kulturellen Kapitals ansehen.” (S. 229 ).
In dieses Bild fügt sich die durchgängig ökonomische Terminologie Bourdieus. Man denke nur an die vielzitierte Formel vorn “symbolischen Kapital” oder auch an den Untertitel des erwähnten Buches “Was heißt Sprechen? Die Ökonomie des sprachlichen Tausches”.
Für die Geschichte der westlichen (Selbst-)Disziplinierungen einschlägig: Elias 1982, siehe darüber hinaus auch die diversen Arbeiten von Foucault 1977, 1987, 1989a und b.
Zählen` heißt zunächst ja nichts anderes, als bestimmte Unterschiede, die sich an irgendwelchen äußeren Objekten finden, dadurch bezeichnen, daß sie gleichsam auf den Körper des Zählenden übertragen werden. Alle Zahlbegriffe sind demgemäß, ehe sie zu Wortbegriffen werden, reine mimische Handbegriffe oder sonstige Körperbegriffe.“ (Cassirer 1994, S.187).
Ifrah 1992, S.29–31. Das “Kerbholz” kann als Prototyp jeder Form von “Buchhaltung” angesehen werden (Pausch 1982, S.16f.).
Vgl. speziell zum letzteren Simmel 1992, zur “Zahlbestimmtheit” der Gruppierung insb. S.82–96. Nach Simmel dient die Zahl in sozialer Hinsicht 1. als Einteilungsprinzip der Gruppe (5.82f.), 2. der Heraushebung eines Führungskreises (S.83–86), 3. als “Ersatz des Sippschaftsprinzip” (S.86–88), 4. der Qualifizierung der “Wenigen”, mit denen in Abgrenzung zu den “Vielen” personale Beziehungen unterhalten werden (S.88–93).
Doch normalerweise muß der Potlatsch stets mit Zinsen vergolten werden, wie auch jede andere Gabe. Die Zinssätze liegen im allgemeinen zwischen 30 und 100 Prozent im Jahrchrw(133). Man verliert für immer sein `Gesicht`, wenn man ihn nicht erwidert oder die entsprechenden Werte nicht zerstört.“ (Mauss 1990, S.100f.).
Mauss (1990, insb. S.24f.,) bezeichnet das Gabensystem des Potlatschs als “totale Leistung vom antagonistischen Typ”; “total”, weil alle Sippenangehörigen in die Möglichkeiten und Verpflichtungen des Stammesoberen eingebunden sind, und “antagonistisch”, weil durch das Geben und Nehmen immer auch der Rang,der soziale Status zwischen den Beteiligten umkämpft wird.
Luhmann 1989, S.230–271, wobei er darauf hinweist, daß Geld nicht nur “symbolisiert”, also vereint, sondern im selben Maße auch “diabolisiert”, also trennt - und daß das Eine nur zusammen mit dem Anderen zu haben ist.
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Brosziewski, A. (1997). Wissensvermittlung durch Sprechen, Schreiben und Rechnen. In: Unternehmerisches Handeln in moderner Gesellschaft. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95355-1_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95355-1_3
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