Zusammenfassung
Wenn in der geldpolitischen Literatur von dem gesellschaftlichen Ziel „Preisniveaustabilität“ die Rede ist, handelt es sich hierbei um eine Wertschätzung. Eine niedrige und stabile Inflationsrate ist — so die Annahme — im Interesse der Bürger. Es gibt jedoch auch andere Stimmen, die behaupten, daß eine Volkswirtschaft besser funktioniert, wenn nicht dem Ziel „Preisniveaustabilität”, sondern dem Ziel „Vollbeschäftigung“ eine höhere Priorität eingeräumt wird. Hier wird von einem Trade off zwischen zwei Zielen ausgegangen. Für die Ökonomik als Wissenschaft erscheint es wenig zweckmäßig, sich an einer solchen Wertediskussion zu beteiligen. Ihre Aufgabe ist es gerade nicht, auf die Präferenzen der Bürger einzuwirken. Die Ökonomik geht daher anders vor: Sie rekurriert auf höhere konsensuale Werte der Individuen und untersucht aus diesem Blickwinkel, ob es für eine Gesellschaft nützlich ist, mittels einer geeigneten Stabilitätspolitik für niedrige Inflationsraten zu sorgen. Auf diese Weise wird aus dem Wert „Preisniveaustabilität” ein Mittel, dessen Bedeutung sich ausschließlich über seinen Nutzen und seine Kosten für die Gesellschaftsmitglieder bestimmt.l
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Literatur
Vgl. zur Rekonstruktion von gesellschaftlichen Zielen als Mittel Homann (1980).
Vgl. in diesem Zusammenhang auch die etwas später durchgeführte Untersuchung von Lipsey (1960).
Unterstellt man, daß die Unternehmen ihre Preise mittels eines Gewinnaufschlags auf die Kosten kalkulieren — sogenanntes,.Mark-up-pricing“ —, so ist der Zusammenhang zwischen Lohn-und Preiserhöhungen eindeutig. Vgl. hierzu etwa Burda/Wyplosz (1994, S. 433 f.).
Vgl. zu den folgenden Ausführungen z.B. Felderer/Homburg (1989) und Burda/Wyplosz (1994).
Die Auslassungszeichen deuten an, daß neben den erwähnten Einflußfaktoren noch andere, hier nicht betrachtete Variablen existieren. Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang die Effizienz der Verwaltung, die Ausgestaltung des Steuersystems oder Regulierungen einzelner Märkte genannt.
Diese Funktion läßt sich auch als Okun’s Law interpretieren: Eine geldmengeninduzierte Erhöhung der Nachfrage führt zu einer stärkeren Auslastung der Kapazitäten und zu mehr Beschäftigung. Vgl. Okun (1971) und zur Gültigkeit von Okun’s Law in Deutschland Schalk/Lüschow/Untiedt (1997).
Die natürliche Arbeitslosigkeit, die mit der langfristigen Phillipskurve identisch ist, wird auch als NAIRU (non-accellerating inflation rate of unemployment) bezeichnet. Es ist diejenige Arbeitslosenquote, bei der sich die Inflation nicht beschleunigt. Mit anderen Worten: Es ist handelt sich um die konjunkturneutrale strukturelle Arbeitslosigkeit. Diese hängt insbesondere von den Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes ab.
monetaristischer Auffassung vom technischen Fortschritt und den Institutionen des realen Sektors (wie z.B. der Effizienz der Verwaltung oder des Steuersystems) ab, nicht jedoch von monetären Größen.
zt. Die positive Wirkung expansiver Geldpolitik und Inflation
Vgl. zur Transaktionskostenökonomik auch Richter/Furubotn (1996) und Erlei (1998).
Vgl. Ball/Mankiw/RomeI (1988). Einen Überblick über die Neue Keynesianische Makroökonomik liefert beispielsweise Erlei (1991).
Vgl. zu einer modelltheoretischen Ableitung der Phillipskurve aus Sicht der New Keynesian Economics z.B. Roberts (1995).
Man denke z.B. an die Ölkrisen, die zu einer erhöhten Inflationrate bei gleichzeitigem Rückgang des Wachstums des realen Bruttoinlandsprodukts führten. In solchen Fällen muß die Kostenüberwälzung auf die Preise bei gleichbleibender Nachfrage Unternehmenspleiten nach sich ziehen.
Vgl. zu der Rolle des Geldes in einer Welt mit und ohne Transaktionskosten Richter (1987).
Und zwar unabhängig von den Ursachen der Inflation.
Vgl. zu den Kosten der Inflation insbesondere Phelps (1972), Leijonhufvud (1973), Laidler/Parkin (1975), Fischer/Modigliani (1978), Wagner (1983), DrifflllMizon/Ulph (1990), Ströbele (1994, S. 7 f), Briault (1995) sowie Bofmger/Reischle/Schächter ( 1996, S. 76 f.).
Diese Annahme erscheint zumindest für staatlich emittiertes Bargeld (Noten und Münzen) plausibel. In vielen Staaten gilt sie auch fir Sichteinlagen.
Beispielsweise durch den Kauf von relativ inflationssicheren Werten wie Grund und Boden.
Vgl. zu diesem Zusammenhang beispielsweise Foster (1978), Fischer (1981), Taylor (1981), Katsimbris (1985), Zamowitz/Lambros (1987), BaliCecchetti (1990), Ball (1992) sowie Evans/Wachtel (1993).
Unsicherheit wird hier als „echte Unsicherheit“ im Knightschen Sinne verstanden: Für den Akteur besteht nicht die Möglichkeit, mit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung zu arbeiten, vgl. Knight (1921, S. 20 u. 233).
Vgl. hierzu bereits Logue/Willet (1976).
Vgl. hierzu Wagner ( 1985, S. 70 f. und 1986, S. 295 f.).
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die keinen Zugang zum (internationalen) Kapitalmarkt haben, können davon betroffen sein. In der Literatur wird dann von Kreditdiskriminierungen (durch Zinsaufschläge) oder von Kreditrationierungen gesprochen.
Der Begriff „Grease-Effekt“ hebt die produktive Funktion von Inflation auf die volkswirtschaftliche Entwicklung hervor. Inflation ist das Schmieröl der Wirtschaft, weil durch sie bei Nominallohnstarrheiten Reallohnsenkungen durchsetzbar sind. Der Begriff „Sand-Effekt” hebt die unproduktive Funktion von Inflation auf die volkswirtschaftliche Entwicklung hervor. Inflation ist Sand im Getriebe der Wirtschaft, weil sie zu allokativen Verzerrungen und zu erhöhter Planungsunsicherheit führt. Vgl. hierzu auch Groshen/Schweitzer (1997).
Die Grundlagen dieser Produktionsfunktion werden in Barro/Sali-A-Martin (1995) erläutert.
Vgl. zu weiteren Ergebnissen empirischer Studien, in denen auch der Zusammenhang zwischen Inflation und gesamtwirtschaftlicher Produktivität untersucht wird, Briault (1995).
Vgl. zu diesem Punkt auch die Überblicke bei Holland (1993) und Golob (1994).
Das reale Bruttoinlandsprodukt und die realen Anlageinvestitionen der Staaten D, B, F, I, NL, AU und GB wurden hierzu addiert. Zur Umrechnung in DM wurde jeweils die von der OECD ermittelten Kaufkraftparitäten des Jahres 1997 herangezogen: (B: 18,47; F: 3,21; I: 810; NL:1,02; AU: 6,93; GB: 0,334). Bei der Aggregation des Deflators der Verbraucherpreise wurden die Index-Werte der einzelnen Staaten vorher mit dem anteiligen durchschnittlichen realen Bruttoinlandsprodukt gewichtet (D: 0,280; B: 0,036; F: 0,24; I: 0,15; NL: 0,05; AU: 0,03; GB: 0, 22 ).
Die Herausnahme dieser Krisenjahre verursacht Lücken in den Daten. Um keine Sprünge in den Wachstum-werten zu erhalten, wurden die Wachstumsraten 1973 bis 1976 und 1979 bis 1981 durch drei geteilt. Sodann wurden aus jeweils fünf Wachstumsraten Durchschnitte gebildet.30 Dieser Schluß steht im Einklang mit der aus der Finanzwissenschaft bekannten ZMT-Regel (Ziel-MittelTräger-Kompetenzverteilungsregel). Nach dieser Regel sollen — zwecks Vermeidung von Konflikten — nicht (völlig) harmonischen Zielen jeweils nur ein Mittel und ein Träger zugeordnet werden. Vgl. Grossekettler (1995, S. 544), der als „Väter“ dieser Regel Musgrave (1959), Mundell (1962) und Tinbergen (1968) nennt. Dies schließt nicht aus, daß die Geldpolitik einen Beitrag zur Glättung von Konjunkturschwankungen leistet. Lediglich eine aktive Beschäftigungspolitik, die Inflation in Kauf nimmt, sollte eine Zentralbank vermeiden. Dagegen spricht auch das Argument von Friedman (1973, S. 67), daß bei der Geldpolitik im Transmissionskanal Verzögerungen auftreten können, welche die Effizienz des Instntmenteneinsatzes schmälern.
Das Zeitinkonsistenzmodell ist auch schon in modernen Lehrbüchern zur Geldtheorie und Geldpolitik verarbeitet worden. Vgl. beispielsweise Borchert (1997, S. 181 ff.), Illing (1997, S. 161 ff.) sowie Bofmger/Reischle/Schächter ( 1996, S. 137 ff.). Als Vorläufer zu diesem Modell kann der Aufsatz von Kydland/Prescott (1977) genannt werden.
Man kann sich z.B. vorstellen, daß eine steigende Arbeitslosigkeit letztlich sogar zu steigender Kriminalität oder zu höheren Lohnnebenkosten fahrt, was wiederum negativ auf die Investitionsbereitschaft und das Wachstum wirkt. Ein überproportionaler Anstieg der Kosten der Unterbeschäftigung erscheint somit plausibel. Auch bei den Kosten der Inflation liegt die Vermutung nahe, daß der Aufwand, den Nachteilen steigender Inflationsraten (Menu costs, Schuhlederkosten, unerwünschte Umverteilungswirkungen) auszuweichen, überproportional ansteigt.
Barro/Gordon (1983b) bezeichnen einen solchen Vertrauensverlust als Triggerstrategie: Die Strafe der Privaten besteht hier in Änderungen der Inflationserwartungen. Dies erschwert nicht nur eine Rückkehr zur Stabilitätspolitik, sondern vereitelt auch nachhaltige Beschäftigungswirkungen diskretionärer Geldpolitik. Vgl. hierzu auch Blackbum/Christensen (1989).
Vgl. zu der Möglichkeit eines Reputationsaufbaus auch Backus/Driffill (1985) und kritisch dazu Vickers (1986). Der Reputationsaufbau wird als schwierig(er) angesehen, wenn das Problem persistenter Arbeitslosigkeit vorliegt. Hierzu auch Grüner ( 1995, S. 460 f.).
Ist der Abzinsungsfaktor relativ groß oder ein (erwarteter) Vertrauensverlust bei Verstößen gegen die angekündigte geldpolitische Strategie gering, besteht kein Anreiz zu einer kontinuierlichen Stabilitätspolitik.
Ähnlich argumentierte bereits Simons (1936).
Vgl. zu solchen Kontrakten, bei denen natürlich auch Schocks berücksichtigt werden müssen, Walsh (1995) sowie Persson/Tabellini (1993).
Als NAIRU (non-accellerating inflation rate of unemployment) wird diejenige Arbeitslosenquote bezeichnet, bei der sich die Inflation nicht beschleunigt. Es handelt sich demnach um die konjunkturneutrale (i.d.R. strukturelle) Arbeitslosigkeit.
Vgl. aus der Fülle von Studien Parkin (1986), Grilli u.a. (1991), Cukierman (1992), Alesina/Summers (1993), Pollard (1993), Liebler (1996). Einen Überblick bieten Eijffmger/Haan (1996). — Barro (1995), der mit Hilfe des Cukierman-Index’ über 100 Staaten in die Untersuchung einbezog, fand für den Zeitraum 1950 bis 1989 überhaupt keinen Zusammenhang: Das Bestimmtheitsmaß ist 0. Auch Fuhrer (1997), der einige der genannten Studien kritisch untersucht, kommt zu dem Ergebnis, daß der Einfluß der Unabhängigkeit der Inflation nur sehr gering und selten signifikant ist. Zu demselben Ergebnis gelangt auch Solveen (1998). In den genannten und nicht genannten Studien wird zur Operationalisierung der Variable „Unabhängigkeit“ jeweils ein Index gebildet, der sich an den Unabhängigkeitskriterien orientiert, wie sie zu Beginn des Abschnitts 2 genannt wurden. Die nicht einheitliche Methodik erschwert allerdings die Vergleichbarkeit der Studien.
So schreibt auch McCallum ( 1997, S. 107): „[T]he actual reason for excessiv inflation during (say) 1960–80 involved a widespread belief, over the fast part of that period, in long-lasting tradeoffs between inflation and unemployment rates — i.e., non-vertical long-mn Phillips relations.“
Loef (1998) bezeichnet dies als „Stabilitätskultur“.
Daß Kommunikation nicht nur „cheap talk“, sondern eine für das Entscheidungsverhalten relevante Variable darstellt, belegt auch die experimentelle Ökonomik. Vgl. Frey/Bohnet (1995) und Bohnet (1997).
In der EU verfolgten bis zur Einführung des Euro die Zentralbanken der meisten Staaten Inflations-oder Wechselkursziele, nur noch wenige Zentralbanken verkünden Geldmengenziele (vgl. Bofinger/Reischle/Schächter, 1996, S. 418 f.).
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Leschke, M. (1999). Inflationswirkungen und die Legitimation des gesellschaftlichen Ziels Preisniveaustabilität. In: Geldmengenpolitik in Deutschland und Europa. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95214-1_2
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