Der Völkermord in Rwanda und Burundi

Zusammenfassung

Im April 1994 ist der Krisenherd in der Region der Großen Seen mit den Bildern vom Genozid in Rwanda in den Vordergrund internationaler Aufmerksamkeit getreten und seitdem nie wieder für längere Zeit von diesem prominenten Platz verschwunden. Die Krise in den benachbarten zairischen Kivu-Provinzen — Ausgangspunkt für die militärische Eroberung der Macht in der Hauptstadt Kinshasa durch die Truppen Kabilas — stand in einem unabweislichen Zusammenhang mit den Ereignissen in Rwanda und Burundi, aber auch in Verbindung mit Interessen zusätzlicher Akteure. Die jüngsten Ereignisse dort verwischen daher eher die Ursachen des hier näher betrachteten gewaltsamen Konfliktes, dessen Austragung auf zwei durch eine Grenze getrennten Schauplätzen (Burundi und Rwanda) allerdings einer gemeinsamen und nachvollziehbaren Logik unterliegt. Im rwandischen Genozid entlud sich geradezu ein Gewitter der Gewalt, ca. 800.000 Menschen (Tutsi und moderate Hutu) verloren innerhalb weniger Wochen unmittelbar durch den Völkermord ihr Leben, bis Ende September hatten 2,1 Mio. rwandische Hutu im größten und am schnellsten vollzogenen Massenexodus der neueren Geschichte das Land verlassen (zumeist Richtung Zaire, daneben Tanzania und Burundi), 1,8 Millionen Menschen galten als internally displaced persons und eine weiterhin unbekannte Zahl von Flüchtlingen kam in den folgenden drei Jahren ums Leben (geschätzt 200.000). Die Schätzungen im Falle Burundis belaufen sich auf 150.000–200.000 Toten zwischen Oktober 1993 und Jahresende 1997, zwischenzeitlich flohen bis zu 700.000 Menschen außer Landes, kehrten aber zum Großteil nach den Ereignissen in Rwanda zurück, bis zu 500.000 Personen waren Vertriebene im eigenen Land. Beide Konflikte gehören damit zu den blutigsten in Afrika und auf der Welt, die sehr unterschiedliche Interpretationen erfahren hat.