Zusammenfassung
Ein neuer Begriff erobert das „globale Dorf“: das Event. Veranstaltungen, die von ihren Organisatoren als „Event“ angepriesen werden, nehmen jedenfalls an Zahl — und wie zu vermuten ist — auch an Bedeutung zu. Marktforscher und Werbestrategen propagieren das Konzept des Eventmarketings als Verkaufsveranstaltung der Zukunft, deren primäres Ziel nicht im direkten Verkauf, sondern in der Herstellung emotionaler Bindung an das zu verkaufende Produkt besteht. Dementsprechend multiplizieren sich Marketingevents vom Typus der „Red Bull Flugtage“ oder der „Marlboro Adventure Tours“. — Tourismus- und Freizeitmanager planen in immer schnellerer Abfolge Kultur- und Freizeitevents, die möglichst viele unterschiedliche Erlebnismöglichkeiten zu einem beeindruckenden „Ganzen“ synthetisieren sollen. Die Bandbreite dieser als Event bezeichneten Veranstaltungen ist groß und reicht von hochkulturellen Neuschöpfungen wie den „Baden-Badener Festspielen“ oder dem „König Ludwig-Musical“ in Neuschwanstein, die mit zusätzlichen Erlebnisangeboten bewusst das klassische Festspiel- und Musicalangebot sprengen, bis hin zu populärkulturellen oder sportzentrierten Massenevents wie „Rhein in Flammen“, „Südtiroler Hüttenzauber“, oder „Berlin-Marathon“ — eine Entwicklung, die ihren Höhepunkt schließlich im institutionalisierten Dauerevent des Erlebnisparkes á la „Europa-Park“ oder „Millenium-Dom“ findet. — Kirchen und Glaubensgemeinschaften organisieren regelmäßig religiöse Massenevents, die die traditionalen Formen des „Gottesdienstes“ überwinden, indem sie — auch mit Hilfe profaner Unterhaltungsangebote — die Erfahrungsmöglichkeiten des „Göttlichen“ bewusst steigern. Sowohl die „Katholischen Weltjugendtage“, die „Europäischen Jugendtreffen“ der Taizé-Bewegung, die Massenveranstaltung von „Pro-Christ“ oder auch regionale Jugendfestivals wie „Kirche+Jugend+X“ tragen alle Event-Charakter und werden von den Teilnehmern auch als solche aufgefasst. — Regierungen, Parteien oder andere kollektive Politakteure schaffen politische Events, um einer politischen oder moralischen Botschaft mit Hilfe weitgehend unpolitischer Unterhaltungs- und Erlebnisprogramme jene Aufmerksamkeit zu verschaffen, die sonst nicht mehr zu erreichen scheint. Mega-Events wie das „Live-Aid/Band-Aid“-Konzert, „Nelson Mandelas 70th Birthday Tribute“ oder die von Amnesty International organisierte „Human Rights Now!“-Tournee können als Prototyp solcher Veranstaltungen gelten. — Szene-Organisatoren produzieren immer mehr und immer schneller jugendkulturelle Szene-Events, die zumeist an außergewöhnlichen Orten ein alle Sinne ansprechendes „Gesamtkunstwerks“ inszenieren, um ihrer Life-Style-Klientel das Erlebnis eines ansonsten nur schwer zu vermittelnden „Wir-Gefühls“ zu ermöglichen. Ob „Love-Parade“, „Street-Parade“, „Wave-Gotik-Treffen“ oder „Air&Style Snow-Board-Contest“, Zahl und Größe dieser Szene-Events scheinen noch keine Grenzen zu kennen. — Und schließlich: Filmindustrie und Fernsehanstalten neigen in zunehmenden Maße dazu, ausgewählte Produktionen mit enormen finanziellen Aufwand als Medienevents zu inszenieren, um in der Überfülle der Angebote noch Aufmerksamkeit zu erregen — eine Entwicklung, die in der Vermarktung des Filmspektakels „Titanic“ bisher wohl am deutlichsten geworden ist.
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© 2000 Leske + Budrich, Opladen
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Gebhardt, W., Hitzler, R., Pfadenhauer, M. (2000). Einleitung. In: Gebhardt, W., Hitzler, R., Pfadenhauer, M. (eds) Events. Erlebniswelten, vol 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95155-7_1
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-2664-4
Online ISBN: 978-3-322-95155-7
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