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Die liberalkonservative Restrukturierung des Wohlfahrtsstaates zum nationalen Wettbewerbsstaat

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Wohlfahrtsstaat im Wandel
  • 109 Accesses

Zusammenfassung

Weil ein Gemeinwesen, das um die Gunst von Großinvestoren und Finanzmagnaten buhlt, kein Sozialstaat im herkömmlichen Sinne sein kann, wurde der nach innen gerichtete Wohlfahrtsstaat unter der Regierung Kohl/Kinkel/Waigel von einem nach außen gewandten „Wettbewerbsstaat“ abgelöst.1 Wissenschaftler/innen verkannten jedoch die Ambivalenz der Entwicklung, wenn sie die „Umbau“-Formel des Liberalkonservatismus zum plumpen Etikettenschwindel erklärten: „Was heute unter dem Stichwort Umbau des Sozialstaats diskutiert wird, ist kein Umbau, sondern ein Rückbau des sozialen Sicherungssystems, der in nie dagewesener Weise einseitig die sozial Schwächsten belastet.“2 Bei der neoliberalen Restrukturierung des Wohlfahrtsstaates fand nicht bloß eine „soziale Demontage“ oder ein „Abbau“, sondern eben auch ein „Umbau“ des Sozialsystems statt. Fahrlässig wäre es, den qualitativen Aspekt dieses Prozesses gegenüber dem quantitativen zu unterschätzen, wie dies manche Gewerkschaftsfunktionäre und Vertreter/innen von Wohlfahrtsverbänden oder Betroffenen-Initiativen taten, wenn sie „Einschnitte in das soziale Netz“ kritisierten, ohne differenziert genug zu argumentieren. Es ging nie um eine „heimliche Liquidation“ des Sozialstaates3, vielmehr um seine Reorganisation nach privatwirtschaftlichem Muster, also um seine Transformation in einen kapitalistischen „Sozialmarkt“. Falsch ist auch die Reduktion dieses Prozesses auf ein institutionelles Bestandsmotiv, das Frank Nullmeier und Friedbert W. Rüb mit dem Begriff eines Wandels vom Sozial- zum Sicherungsstaat zu fassen suchen: „Im Sicherungsstaat dient Sozialpolitik der Sicherung des staatlichen Institutionengefüges statt der Förderung sozialer Sicherheit.“4

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© 1999 Leske + Budrich, Opladen

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Butterwegge, C. (1999). Die liberalkonservative Restrukturierung des Wohlfahrtsstaates zum nationalen Wettbewerbsstaat. In: Wohlfahrtsstaat im Wandel. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95118-2_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-95118-2_5

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-322-95119-9

  • Online ISBN: 978-3-322-95118-2

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