Zusammenfassung
Die Wohlfahrt einer Gesellschaft wird ganz wesentlich von den Lebenssituationen und Leistungen der Familien bestimmt. Familientätigkeit schafft privates und gesellschaftliches (der Gemeinschaft zugute kommendes) „Humankapital“. Aus der Familienökonomie und -politik stammende Berechnungen zum Humankapital durch Kindererziehung quantifizieren den wirtschaftlichen Wert der Familientätigkeit auf eine Größenordnung, die mindestens der gesamten Lohn- und Gehaltssumme der bundesdeutschen Gesellschaft entspricht. Zugleich zeigt die Verteilungsforschung, daß z.B. Familie zu leben und Familientätigkeit zu leisten ein wesentlicher — in Deutschland der wesentlichste — Armutsfaktor ist. Die sozialpolitische Absicherung von Familientätigkeit ist trotz ihrer immensen Bedeutung gegenüber Erwerbstätigkeit gering (Erwerbszentriertheit der sozialen Sicherung). Dies führt bei ungleicher Verteilung von Kindern in Haushalten und Familientätigkeit zu einer strukturellen Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien und solchen Frauen, die noch immer vorwiegend Erziehungsarbeit leisten. Familientätigkeit bedingt z.B. im Falle einer Scheidung massiv benachteiligende ökonomische Kurz- und Langzeitfolgen für die Partner gegenüber Kinderlosen — und Geld verteilt gesellschaftlich immer noch am nachhaltigsten Lebenschancen. Das Familienrecht hat bis heute im Ergebnis keine der Erwerbstätigkeit entsprechende Absicherung der Familientätigkeit geregelt. Die Familienpsychologie beschreibt u.a. die Belastungen durch Familientätigkeit und sie hat schon lange das pauschale Vorurteil vom Privileg der Kindererziehung und -betreuung gegenüber einer vermeintlich entbehrungsreicheren Erwerbstätigkeit widerlegt. Familientätigkeit ist ein außerordentlich hochrangiges Gut (auch für Kinderlose) und zugleich ist sie sozialpolitisch deutlich weniger berücksichtigt als Erwerbstätigkeit.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Netzler, A., Opielka, M. (1998). Zur Einleitung. In: Netzler, A., Opielka, M. (eds) Neubewertung der Familienarbeit in der Sozialpolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95090-1_1
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-2204-2
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