Zusammenfassung
„Der listenreiche Säugling“ — so faßt Tilman Moser (1993) in seiner Bilanz der modernen Säuglingsforschung die biopsychischen Entdeckungen zusammen, die in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe mikromedialer Beobachtungsverfahren bei Kleinkindern gemacht wurden. Im Mittelpunkt steht dabei die nun empirisch gefestigte Erkenntnis, daß das Kleinkind auch dann schon, wenn sich die Gehirnfunktionen noch nicht voll eingestellt haben — nach wenigen Tagen sein emotionales Eigenleben entwikkelt, Wohlbefinden oder Unwohlsein verspürt und Signale, Botschaften, Wünsche nach Nähe und Distanz, Bewegung und Austausch, Selbstschutz und Bestätigung aussendet. Diese ersten Gefühle und vorläufigen Fähigkeiten konstituieren sich immer im Wechselbezug zu seiner Umwelt, zuerst vor allem zur Mutter und später auch zum Vater und anderen Bezugspersonen:
„Man könnte sogar sagen, daß in der erlebten Wechselseitigkeit die Wurzeln der Menschenwürde liegen. Ein Kind, das mit seinen Signalen nicht ankommt, das erleben muß, wie sie uminterpretiert werden je nach den Bedürfnissen nach den Ängsten der Eltern, baut kein gutes Selbstgefühl, kein gutes Selbstwertgefühl auf. Es lernt nicht seinen Reaktionen zu trauen. Es muß die Stimmungen der Eltern erschließen lernen, muß auf andere Wege sinnen, sie doch noch zu beeinflussen, wenn seine ursprünglichen Mittel nicht ausreichen“ (Moser 1993: 92).
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Literatur
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Böhnisch, L. (1998). Kindheit und Devianz. In: Müller, S., Peter, H. (eds) Kinderkriminalität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95074-1_12
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