Die Freiburger Schule 1954–1970

Zusammenfassung

Bereits vor Arnold Bergstraessers Tod am 24. Februar 1964 wurde es in der bundesrepublikanischen Politikwissenschaft üblich, von einer sogenannten „Freiburger Schule“ zu sprechen.² Ja, Kurt Sontheimer schrieb in einem Nachruf, daß es nur ihm „unter den Pionieren“ des Faches „gelungen“ sei, „so etwas wie eine,Schule‘ zu bilden.“³ Mit dieser Ansicht stand er nicht allein. Auch weitere „Bergstraesser-Schüler“ haben damals und in den folgenden Jahren mehrfach die „im guten Sinne schulestiftende[n] Vereinigung“⁴ gerühmt und den Terminus „Freiburger Schule“⁵ benutzt. Und nicht wenige aus dem wohlwollenden Umfeld hofften nach dem Tode Bergstraessers — so etwa der spätere Bundeskanzler Kiesinger -, „daß der Kreis seiner Schüler [...] in seinem Geist und Sinn weiterwirken“⁶ möge. Sie zollten damit einem charismatischen „Menschenfischer“ (Franz Rieger) Respekt, der seit seiner Lehrstuhlübernahme im Jahre 1954 eine Gruppe von „Schülern“ um sich zu sammeln vermochte, deren universitäre Karrieren er mit Blick auf die sich im Aufbau befindliche Disziplin unterstützte. Der offensichtliche Erfolg führte dazu, daß Bergstraesser und seine „Schüler“ in der zeitgenössischen und retrospektiven Betrachtung für externe Beobachter gar zur „stärkste[n] Fraktion“⁷ und „einflußreichste[n] Gruppierung“⁸ in der westdeutschen Politikwissenschaft der sechziger Jahren avancierten.

Dieter Oberndörfer: Vorwort, in: ders.: Politik, S. 7.