Zusammenfassung
Die Elternschaft scheint heute von einem weitgehend selbstverständlichen Lebensinhalt zu einer geplanten Lebensentscheidung geworden zu sein. Es gibt jedoch in der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Literatur durchaus unterschiedliche Auffassungen darüber, wie man sich diesen Entscheidungsprozeß vorzustellen hat (Burkart 1994, Burkart 1997): Handelt es sich um eine bewusste, im Rahmen einer übergeordneten Lebensplanung vollzogene Abwägung von Kosten und Nutzen einer eventuellen Elternschaft, oder spielen hierbei weiterhin auch traditionelle, nicht hinterfragte Orientierungen sowie die Wechselfälle des Lebens eine entscheidende Rolle? Verschiedene Jugendstudien, familiensoziologische und biographische Untersuchungen zeigen, dass auch heute noch von einer sehr hohen Erwünschtheit von Elternschaft auszugehen ist — trotz einer häufig postulierten Konkurrenz von individualistischen Selbstverwirklichungsansprüchen (Schaeper/Kühn 2000). Allerdings scheint die faktische Umsetzung des Kinderwunsches im weiteren Lebensverlauf von einer Reihe von Voraussetzungen abzuhängen (Huinink 1995). „Kinder kriegen die Leute immer“, dieser gerne zitierte Ausspruch von Adenauer trifft heute nicht mehr zu. Zu solchen Voraussetzungen zählen zum einen die individuell und haushaltsbezogen zur Verfügung stehenden Ressourcen. Sie sind maßgeblich dafür, inwieweit die mit einer Elternschaft zeitlich oder materiell konkurrierenden Lebensziele gegebenenfalls dennoch weiter verfolgt werden können, bzw. wie die mit einer Elternschaft verbundenen materiellen Einbußen bis hin zu existentiellen Risiken aufgefangen werden können. Zum anderen zählen dazu gesellschaftliche Institutionen, welche die Möglichkeiten der Partizipation in anderen Lebensbereichen und die zeitlichen und materiellen Kosten einer Elternschaft gestalten, wie zum Beispiel das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen oder steuerliche Regelungen und Transferzahlungen.
Wir danken Dirk Konietzka für hilfreiche Anmerkungen zu einer früheren Version dieses Beitrags und Rainer Walke für Hilfestellungen beim Management des Datensatzes.
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Literatur
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Tölke, A., Diewald, M. (2003). Berufsbiographische Unsicherheiten und der Übergang zur Elternschaft bei Männern. In: Bien, W., Marbach, J.H. (eds) Partnerschaft und Familiengründung. Deutsches Jugendinstitut Familien-Survey, vol 11. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-95055-0_12
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