Erwachsenenbildung in der Zeit des Nationalsozialismus

Zusammenfassung

Die Erwachsenenbildung im Nationalsozialismus blieb lange Zeit ein weißer Fleck in der Geschichtsschreibung. Die historischen Gesamtdarstellungen (C.A. Werner, E. Emmerling, H. L. Matzat, W. Picht u. a.) sowie rückblickende Betrachtungen führender Erwachsenenbildner und Erwachsenenbildungstheoretiker der Weimarer Zeit blenden die Zeit des Nationalsozialismus völlig aus oder gehen nur sehr summarisch darauf ein mit der durchgängigen Argumentation, die Erwachsenenbildung habe sich im Nationalsozialismus aus der demokratischen Tradition — besonders der Weimarer Zeit — verabschiedet. So sieht Werner Picht (1950) in der Zeit zwischen 1933 und 1945 ein Vakuum, da die volksbildnerische Tradition zerstört worden sei. Hellmut Becker, einer der führenden Erwachsenenbildungspolitiker der Weimarer Zeit, konstatiert für das Jahr 1933 einen Kontinuitätsbruch der Volkshochschulbewegung: »Nach 1933 war Bildungsarbeit als Chance zur Selbstbildung und freien Entscheidung nicht mehr möglich. An ihre Stelle trat die nationalsozialistische Schulung« (In: Evangelisches Staatslexikon. Stuttgart 1966, S. 439). Am prägnantesten zeigt sich die Einstellung gegenüber der eigenen Geschichte der Erwachsenenbildung in Fritz Blättners Feststellung: »Das Jahr 1933 beendete das Bemühen, 1945 wurde die Arbeit neu begonnen.« (1959) Ähnlich äußert sich der führende Pädagoge Erich Weniger (1955). Man mag fragen, ob diese Haltung des Ausblendens der allgemeinen, nach 1945 verbreiteten Tendenz — auch in der Erwachsenenbildung — entspricht, »nichts mehr wissen zu wollen« (Tietgens) oder einer radikaleren Form des Verdrängens. Möglicherweise ist diese Art des historischen Ausblenden ein Ausdruck dafür, dass sich solche Erwachsenenbildner auf einen überhöhten moralischen und erziehungstheoretischen Anspruch an ihr Fach zurückzogen (vgl. Tenorth, Wissenschaftl. Pädagogik, 1988).