Funktionskritische Anmerkungen zur „Commémoration“der Französischen Revolution sowie des „8. Mai“ — Zwei Funktionsweisen und Systeme ritueller Mechanik

Zusammenfassung

Wenn man in einem sträflich verkürzenden Beitrag wie diesem hier etwas über die Art und Weise sagen soll, wie die Franzosen und die Deutschen ihren jeweiligen „Gründungsmythos“ ¹zu kommemorieren pflegen, die einen, indem sie daraus wie selbstverständlich ihren Nationalfeiertag gemacht haben, die anderen unsicher und zögerlich, weil sie sich auf einen von allen gesellschaftlich relevanten Gruppen akzeptierten nationalen Gründungsakt bisher nicht zu einigen vermocht haben, dann möchte man zur Erklärung sofort das Modell von den „zwei Geschwindigkeiten“ bei der Hand haben, nach deren Maß und Maßgaben die beiden politischen Gesellschaften ihren jeweiligen nation-building-Prozess historisch auf den Weg gebracht haben, wenn auch politisch höchst unterschiedlich organisiert und verfassungsrechtlich legitimiert. Insoweit müssen anlässlich der Darstellung dessen, was dem Funktionsmodus ihrer beider mythologischen Selbststilisierung als Nationalstaat gemeinsam ist, gleich auch die Unterschiede zur Sprache kommen, die das französische bzw. das deutsche Muster nationaler commémoration bis heute bestimmen.