Zusammenfassung
Am 2.8.1999 forderte der im Februar aus Nairobi in die Türkei entführte und auf der Gefängnisin-sel Imrah im Marmarameer inhaftierte Abdullah Öcalan die Kämpfer der PKK (Partiya Karkerén Kurdistan — Arbeiterpartei Kurdistans) auf, ihre Waffen niederzulegen und sich aus der Türkei zurückzuziehen. Wohin ließ er offen. Damit setzte er einen vorläufigen Schlußstrich unter den von der PKK geführten Krieg, bei dem seit 1984 an die 30.000 Personen ums Leben gekommen waren, darunter offiziellen Angaben zufolge 4.472 Zivilisten, 3.874 Armee- und Gendarmerieangehörige, 247 Polizisten sowie 1.225 Dorfschützer (Köy Kurucu) auf türkischer Seite (TDN, 29.11.1999). Schon bei seiner ersten Vernehmung durch den türkischen Geheimdienst und wiederholt während des Prozesses hatte Öcalan seine Bereitschaft geäußert, mit der Türkei zusammenzuarbeiten, um die Kurdenfrage auf friedliche Weise zu lösen. Für Prozeßbeobachter versuchte Öcalan mit Friedensappellen und Kooperationsangeboten die Todesstrafe und, nach seiner Verurteilung, die Vollstreckung des Todesurteils abzuwenden.1 Durch das internationale Interesse an seinem Prozeß sammelte er jedoch durch sein Friedensangebot auch politische Pluspunkte für die Kurden und manövrierte die Türkei in die Defensive.
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Literatur
Vgl. Wolfgang Koydl: Der Gefürchtece ist ganz gefügig. Süddeutsche Zeitung, 1.6.1999.
Als offizieller Beginn dieser neuen Phase des PKK-Kampfes gilt der zeitgleiche Überfall auf Gendarmerieposten in Eruh, Provinz Siirt und Şemdinli, Provinz Hakkari am 14. 8.1984.
Ferenz Gürgenarazili: Kurzbiographie Abdullah Öcalan. In: Orient 39 (1998)3, S. 363–371; hier S. 365.
Botan — kurdische Gebietsbezeichnung für die türkische Provinz Hakkari und angrenzende Gebiete.
Ein Staatssicherheitsgericht in Diyarbakir verurteilte ihn und seinen Bruder Arif am 20.5.1999 zum Tode; das Berufungsgericht bestätigte am 24.12.1999 das Urteil, während es den Fall Arif Sakik zur Neuverhandlung zurückwies.
Ismet G. Imset: The PKK. Ankara 1992, S. 128 ff.
Vgl.: Die Verfassung der Türkischen Republik. In: Orient 24 (1983)2, S. 346.
Ein erstes derartiges Angebot Öcalans erfolgte am 23.3.1999 anläßlich des islamischen Opfer festes.
Augenzeugen hatten General Çevik Bir, bis September 1998 stellvertretender Generalstabs chef, auf der Fähre nach imrali beobachtet, was zu Vermutungen eines Deals zwischen Öcalan und der türkischen Militärführung Anlaß gab.
Vanly war auch 1995 an der Gründung des “Kurdischen Exilparlaments” beteiligt gewesen.
IML-Wocheninformationsdienst Nr. 44–45, 25.11.–2.12.1999, S.l-2.
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Franz, E. (2000). Das Dilemma der PKK mit dem „Friedensapostel“ Öcalan. In: Koszinowski, T., Mattes, H. (eds) Nahost Jahrbuch 1999. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94984-4_28
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