Zusammenfassung
Die Teilung Deutschlands spiegelte sich bis 1990 auch in ihrer deutschdeutschen Zeitgeschichtsbetrachtung wider. In beiden deutschen Staaten bewegten sich Wissenschaftler und Publizisten, die sich mit der Nachkriegsgeschichte beschäftigten, auf dem Terrain der Systemauseinandersetzung. Dennoch gab es gravierende Unterschiede: Während im Westen die kritische Sicht überwog, war den DDR-Historikern aufgetragen, die eigene Geschichte schönzufärben und an die jeweils gültige Parteilinie anzupassen. Denn die dortigen Chronisten hatten die SED-Generallinie zu rechtfertigen und das Axiom der stalinistischen Ideologie, die „Partei“ habe „immer Recht“, „wissenschaftlich“ zu untermauern. Ihnen fehlte die notwendige Unabhängigkeit, und es fehlte Pluralismus in der Forschung. Die Versuche, den SED-Herrschaftsanspruch rückwirkend „historiographisch“ zu begründen und zu legitimieren, beruhten auf Legenden, Verzerrungen und Fälschungen. Die meisten daraus resultierenden „Forschungsergebnisse“ sind heute allenfalls noch Beleg der „Parteilichkeit“ und der Unterordnung der Geschichtswissenschaft unter den Herrschaftsanspruch der SED-Diktatur.
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Literatur
Vgl. zur Einschätzung der DDR-Geschichtswissenschaft Ilko-Sascha Kowalczuk, Legitimation eines neuen Staates, Berlin 1997; Ulrich Neuhäusser-Wespy, Die SED und die Historie, Bonn 1997; Hermann Weber, Die DDR 1945–1990. 3., erw. Aufl., München 2000, S. 130ff.
Carola Stern, Porträt einer bolschewistischen Partei. Entwicklung, Funktion und Situation der SED, Köln 1957.
Joachim Schultz, Der Funktionär in der Einheitspartei. Kaderpolitik und Bürokratisie-rung in der SED, Stuttgart-Düsseldorf 1956.
Ernst Richert, Macht ohne Mandat. Der Staatsapparat in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Mit einer Einleitung von Martin Drath. 2., erw. und Überarb. Aufl., Köln-Opladen 1963.
Marianne und Egon Erwin Müller, „...stürmt die Festung Wissenschaft!“ Die Sowjeti-sierung der mitteldeutschen Universitäten seit 1945, Berlin 1953.
Vgl. die Beiträge von Karl Wilhelm Fricke, Der Wahrheit verpflichtet. Texte aus fünf Jahrzehnten zur Geschichte der DDR. Hrsg. von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und vom Deutschlandfunk. Wiss. Bearbeiter: Ilko-Sascha Kowalczuk. Einführung von Rainer Eppelmann und Bernd Faulenbach, Berlin 2000 sowie die darin enthaltene Personalbibliographie.
Zum Forschungsstand vgl. H. Weber (Anm. 1), S. 117ff.
Vgl. dazu Hermann Weber/Ulrich Mählert: „Quellenlage zur DDR-Geschichte“, in: GESIS (Hrsg.), DDR-Sozialforschung. Quellen, Daten, Dokumente, Opladen 1998, S. 165ff.
Vgl. dazu auch Lutz Rathenow in: europäische ideen, hrsg. von A. W. Mytze, H. 118, London 2000, S. 5ff.
Vgl. dazu: Internationale Wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (IWK) 2/1997, S. 232ff.
Vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.), Materialien der Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit“. Acht Bände in 14 Teilbänden, Baden-Baden/Frankfurt a.M. 1999, insbes. die Expertisen von Eckhard Jesse, Bd. IV/2, S. 1191ff, Gero Neugebauer, ebd., S. 1463, und Klaus Schroeder, ebd., S. 1522ff., vgl. auch Hermann Weber: „,Asymmetrie‘ bei der Erforschung des Kommunismus und der DDR-Geschichte?“, Aus Politik und Zeitgeschichte B 26/1997, S. 37ff.
Nach 1990 erschienen etwa 30 Untersuchungen zur Ideologie und Wissenschaft in der DDR, vgl. H. Weber (Anm. 1), S. 279 ff. Die erste Enquete-Kommission hat mehr als zehn Expertisen vorgelegt: Deutscher Bundestag (Hrsg.), Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“, Baden-Baden/Frankfurt a.M. 1995, Bd. III/1–3.
Die Literatur zum Alltag in der DDR ist immer noch dürftig. Vgl. dazu jetzt die Materialien der 2. Enquete-Kommission (Anm. 11), Band V: Alltagsleben in der DDR und in den neuen Ländern (Drei Sitzungen mit Vorträgen, Diskussion usw. und acht Expertisen).
Die Rolle des MfS und die Geschichte der Opposition war bis 1990 unterbelichtet; seitdem sind darüber unzählige Titel erschienen, vgl. H. Weber (Anm. 1) S. 296. Auch hier haben die beiden Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages (Anm. 11 und 12) in den Bänden IV, VII/1 und VII/2 bzw. II/l und II/2 (erste Kommission) umfangreiche Materialien vorgelegt.
Vgl. dazu den Beitrag von Rainer Eppelmann in diesem Band.
Vgl. auch G. Neugebauer (Anm. 11), S. 1502ff.
Vgl. Hermann Weber/Ulrich Mählert (Hrsg.), Terror. Stalinistische Parteisäuberungen 1936–1953, Paderborn 1998.
Vgl. z.B. Johannes Klotz (Hrsg.), Schlimmer als die Nazis?, Köln 1999.
Vgl. Jörg Roesler, Annotation in Deutschland Archiv 1/1999, S. 163f.
Günter Benser, DDR — gedenkt ihrer mit Nachsicht, Berlin 2000.
Rolf Badstübner, Vom „Reich“ zum doppelten Deutschland, Berlin 1999.
G. Fischer u.a., Wider den Zeitgeist. Zwei deutsche Staaten in der Geschichte, Schkeu-ditz 1999.
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Weber, H., Mählert, U. (2000). Die Erforschung der DDR-Geschichte in Vergangenheit und Gegenwart. In: Thierse, W., Spittmann-Rühle, I., Kuppe, J.L. (eds) Zehn Jahre Deutsche Einheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94958-5_17
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