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Sexismus und die Kategorien ‘Sex’ und ‘Gender’

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Part of the book series: Forschung ((FS,volume 143))

Zusammenfassung

Der Begriff Sexismus wird vor allem in feministischen Diskursen häufig verwendet. Er findet sich dort selten definiert, weil scheinbar ein gemeinsamer Konsens darüber vorausgesetzt wird. Obschon das damit bezeichnete Phänomen alt ist, ist der Begriff Sexismus jung. Er wurde in den 60er und 70er Jahren durch die nordamerikanische und europäische Neue Frauenbewegung in Anlehnung an den Begriff des Rassismus geschaffen (vgl. bspw. Schneider 1994). Damals wurden ‘Sexismus’ und ‘Sexist’ folgendermassen definiert; eine Definition, die bis heute gültig ist.1

„Eine feministisch orientierte Ethnologie geht davon aus, dass es keineswegs klar ist, was genau <ein Mann> und <eine Frau> sind, dass es keine eindeutige Bestimmung gibt, die das festlegen könnte, denn selbst biologische Definitionen sind ideologische Konstrukte, abhängig von der jeweiligen Epoche und Kultur, in der sie gebraucht werden“ (Nadig 1986a: 197).

„Die noch in feministischen Analysen als selbstverständlich biologisch vorgegeben gedachte Zweigeschlechtlichkeit des Menschen erweist sich als un-durchschaute soziale Konstruktion, deren universalistische Implikationen nicht zuletzt ethnozentrischeVorurteile festschreiben“ (Gildemeister/Wetterer 1992: 210).

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Literatur

  1. Sexismus gilt als „Haltung, Grundeinstellung, die darin besteht, einen Menschen allein aufgrund seines Geschlechts zu benachteiligen und zu diskriminieren; insbesondere diskriminierendes Verhalten gegenüber Frauen“ (Duden Fremdwörterbuch 1997).

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  2. Dazu führt Janssen-Jurreit Beispiele aus Algerien, Indien, Lateinamerika an und betont, dass ‘Sexismus’ in den 70er Jahren keineswegs ein etablierter Begriff gewesen sei und als Problem des ‘Nordens’ oder ‘Westens’ betrachtet wurde: „Auf der UNO-Konferenz in Mexico City wurde im Juli 1975 (dem UNO-Jahr der Frau, MK) ein Weltaktionsplan verabschiedet, der innerhalb von zehn Jahren den Status der Frauen sowohl in den industrialisierten wie in der Ländern der Dritten Welt erheblich verbessern soll. Ein Antrag der australischen Delegation, in die Resolutionen der UNO neben der Verurteilung von Rassismus’ und ‘Neokolonialismus’ auch den Begriff ‘Sexismus’ aufzunehmen, wurde zwar von einer kleinen Zahl von Ländern unterstützt, scheiterte aber am Unverständnis der sozialistischen Staaten und der Länder der Dritten Welt, die darin ausschließlich ein Problem des dekadenten Kapitalismus sehen“ (a.a.O.: 707).

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  3. An feministischen Verwendungen des ‘Patriarchat’-Begriffes scheint mir problematisch, dass er eine spezifische historische und geographische Gesellschaftsform verallgemeinert, nämlich die Familienform mit dem Pater Familias als Oberhaupt, wie sie im alten Rom bestand. Gayle Rubin (1975: 168) zufolge passt die Bezeichnung ‘Patriarchat’ zum Typus der pastoralen Nomaden im Alten Testament, von denen der Term komme. Andere Feministinnen benutzen den Begriff ‘Patriarchat’ — trotz Vorbehalt, wie Maria Mies (1988: 55) betont — als Kampfbegriff der feministischen Bewegung, die einen verallgemeinernden Begriff braucht (vgl. das oben Zitierte von Mies).

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  4. Die feministischen ethnologischen Ansätze gaben v.a. in den 80er Jahren methodologische und theoretische Leitlinien für feministische Sozialwissenschaften vor. Vgl. dazu bspw. die Begründung für eine Frauenforschungsprofessur/-Dozentur im Studiengang Kulturwissenschaften der Universität Bremen 1989 verfasst von Mariis Krüger. Vgl. auch Haraway (1987: 34f.): „Viele feministische Versuche in den USA, die gesellschaftliche Verortung von Frauen zur Sprache zu bringen, waren zutiefst beeinflusst von den universellen und kraftvollen Theorien über ‘sex’ und ‘gender’, die in den frühen Aufsatzsammlungen Woman, Culture and Society (Rosaldo/Lamphere Hg. 1974, MK) sowie Toward an Anthropology of Women (Reiter Hg. 1975), beides strategisch wichtige Veröffentlichungen der mittsiebziger Jahre, entwickelt worden waren. In der Anthropologie als wissenschaftlicher Disziplin blühte der Kritizismus neben anderen Auswüchsen früher Veröffentlichungen, was insgesamt zu einer extensiven interkulturellen Beschäftigung mit der Geschlechtersymbolik führte und die universelle Anwendbarkeit des Natur/Kultur-Schemas grundsätzlich in Frage stellte.”

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  5. Auch im Deutschen gibt es eine — feine — sprachliche Differenz zwischen ‘Geschlechtsunterschieden’ und ‘Geschlechterunterschieden’. Laut Donna Haraway (1987: 22ff.) hat ‘Gender’ seine Wurzel im lateinischen Verb generare (zeugen) und im Stamm gener-(Rasse oder Art). Spätestens seit dem 14. Jahrhundert wird ihr zufolge im Englischen ‘Gender’ im ‘genetischen’ Sinne auf Art, Gattung, Klasse verweisend gebraucht. Das engl. Wort ‘Gender’ und das dt. ‘Geschlecht’ hängen beide eng mit den Begriffen ‘Sexualität’, ‘sexuelle Differenz’, ‘Generation’ u.a. zusammen, was im Französischen (sexe/genre) und Spanischen (sexo/género) nicht der Fall ist. In im Lateinischen wurzelnden Sprachen gibt es zwar die Aufteilung zwischen Sexus/Genus, aber das ‘Geschlecht’ einer Person wird mit dem Sexus angedeutet; genre und género beziehen sich auf grammatische Formen oder spezifische Klassifizierungen künstlerischer und literarischer Art (vgl. Lauretis 1996: 60f.). Das grammatische Geschlecht (Genus, der/die/das) verweist als Kategorie eines Sprachsystems nicht auf das Wesen von ‘Frau7Mann’. Género und genre werden jedoch von Feministinnen dem englischen ‘Gender’ angeglichen (vgl. bspw. Ostolaza Bay 1989). Den Kategorien ‘Rasse’ und ‘Ethnizität’ analog schreibe ich ‘Sex’ und ‘Gender’ groß und in Anführungszeichen.

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  6. Vgl. bspw. Rohrlich-Leavitt/Sykes/Weatherford (1989(1975): 83ff.); Ardener (1975: Iff.); Watson-Franke (1989: 76ff.).

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  7. ‘Male bias’ meint Befangenheit, einseitige Orientierung, ideologische Wertung durch ein Vorherrschen von androzentrischen Denkmodellen (vgl. Schaeffer-Hegel 1984: 36ff.; Vervey 1986; Lauth 1986; Nadig 1986a: 197): „Unser ganzes analytisches Instrumentarium ist in einer von Männern dirigierten Welt von Männern für die Untersuchung jener Modelle erstellt, die sich Männer von ihrer Kultur und Gesellschaft machen“ (Löffler 1979:18).

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  8. „Wo endet die Natur? Wo beginnt die Kultur?“ (Lévi-Strauss 1981a: 46) lautet eine zentrale ethnologische Frage; als wäre dies eindeutig bestimmbar. Lévi-Strauss’ Haltung ist diesbezüglich widersprüchlich. Zum einen bemüht er sich um die Abgrenzung von ‘Natur’ und ‘Kultur’, zum anderen verweist er den Gegensatz auf eine „künstliche Schöpfung der Kultur“, um ihre Existenz und Originalität zu behaupten, indem sie ihre Verbindung zu den „übrigen Manifestationen des Lebens“ abschnitt. Weiter betrachtet er die Gattung Mensch als als „wild darauf aus, (...) zweideutige Formen auszuschalten, die man an das Tierische grenzend wähnte; wahrscheinlich schon vor Tausenden von Jahren von demselben bornierten und zerstörerischen Geist beseelt, der sie heute dazu treibt, andere Lebensformen zu zerstören, nachdem sie schon so viele menschliche Gesellschaften vernichtet hat, die fälschlicherweise der Seite der Natur zugeordnet wurden, weil diese selbst die Natur nicht verwarfen (Naturvölker*)“ (1981a: 24; * deutsch im Original).

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  9. Eine Ausnahme unter den Klassikerinnen ist Margaret Mead, die ‘Natur’ aufzuwerten versucht-

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  10. Wie es Lévi-Strauss beschreibt: „Die Antike, zum Beispiel, subsumierte alles, was nicht zur griechischen (später griechisch-römischen) Kultur gehörte, unter dem Begriff ‘Barbar’; die westliche Zivilisation bediente sich dann des Ausdrucks ‘Wilder’ in der gleichen Weise. Hinter dieser Epitheta verbirgt sich das gleiche Urteil: wahrscheinlich bezieht sich das Wort ‘Barbar’ etymologisch auf das unartikulierte Geräusch des Vogelgezwitschers als Gegensatz zum bedeutungstragenden Wert der menschlichen Sprache, und das französische Wort ‘sauvage’ (Wilder), das ‘aus dem Wald’ bedeutet (vom lateinischen ‘silvati-cus’ abgeleitet), erinnert ebenfalls an eine tierische Lebensweise im Gegensatz zur menschlichen Kultur. In beiden Fällen wird die Tatsache einer kulturellen Verschiedenheit einfach geleugnet. Alles, was nicht der Norm entspricht, nach der man selber lebt, wird aus der Kultur in den Bereich der Natur verwiesen“ (1975:369; vgl. auch Adorno/Horkheimer 1968(1944)).

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  11. Vgl. z.B. die Tagebücher der Hamburger Südsee-Expedition (Fischer 1981). Vgl. auch Memmis (1987:188ff) Beschreibung der „Entmenschlichung“ der Kolonisierten.

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  12. Vgl. als jüngeren Vertreter dieser These Müller 1984: 391.

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  13. Vgl. Bachofen 1975(1861), Morgan 1987(1877) und Engels 1972(1884).

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  14. ”Die gängigste Erklärung für die Entstehung der patriarchalischen Ordnung lautet, dass die Väter mit der Entdeckung ihres Anteils am Zeugungsakt auch verstärkte Ansprüche auf ihre Nachkommenschaft gestellt haben und daher Monotheismus, Monogamie, die patriarchalische Familie und das Eigentum (als Erweiterung und Bestätigung der väterlichen Macht über die Nachkommenschaft) entstanden seien“ (Braun 1985: 85).

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  15. Es braucht zumindest Samen, oder aus Samen und Ei extrauterin gezeugte Embryonen, die in die Vagina einer Frau gelangen.

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  16. Entsprechend, zur „Lösung vom biologischen Zwang“, befürwortet Beauvoir die Freiheit bezüglich Verhütung und Abtreibung (a.a.O.: 469ff., 675) und erwägt selbst die Idee einer „freien Mutterschaft“ durch künstliche Befruchtung (a.a.O.: 652). Zu Beginn der Neuen Frauenbewegung hat Shulamith Firestone (1981(1970): 180ff.) diese Position deutlich vertreten. Sie betrachtet neue Reproduktionstechnologien als Möglichkeiten zur Frauenbefreiung.

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  17. Vgl. bspw. Quinn 1977: 181ff.; Löffler 1979: 15ff.; 1990: 78ff.. Zur Kritik am Statusbegriff und an damit zusammenhängenden Generalisierungen von Frausein in anderen Gesellschaften, „unter unserer Perspektive“ (Löffler 1979: 18) mit entsprechenden Wertmaßstäben (vgl. Higgins/Mukhopadhyay 1988: 461ff.; Lamphere 1987: 1 Iff.). Grundfragen, die mit jener nach dem jeweiligen Status zusammenhängen, sind n. Strat-hern (1987: 278): Wo ist der Platz der Ideologie bei kollektiven Repräsentationen? Wie entstehen Systeme der Ungleichheit? Sind unsere analytischen Kategorien für die Beschreibung von Fremdkulturen brauchbar? Wie sind die jeweiligen Konzepte von ‘Persönlichkeit’?

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  18. Michelle Z. Rosaldo (1974: 17ff.) bspw. folgert daraus eine universelle Aufteilung weiblicher und männlicher Lebenssphären in einen häuslichen und einen öffentlichen Bereich, aus dem Frauen ausgeschlossen sind, Nancy Chodorow (1974: 43ff.; 1985(1978)) eine über die Mutter-Tochter-Beziehung tradierte universelle Reproduktion des sozialen, psychischen und physischen „Mutterns“ (mothering), Sherry B. Ortner (1974: 67ff.) eine universelle Abwertung von Frauen durch die ihnen zugeschriebene Naturnähe und die Abwertung von Natur (bezogen auf Lévi-Strauss).

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  19. Von marxistischen Ethnologinnen, z.B. Leacock 1989(1978): 29ff. und Sacks 1975: 21 Iff., und nichtmarxistischen, z.B. Schlegel 1989(1977): 279ff.; 1990 (1979): 201ff.

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  20. Vgl. auch Lauser 1994: 119ff.. Allerdings sind die diesbezüglich untersuchten Gesellschaften heute durch transnationale Politik und Ökonomie schnellen Veränderungen ausgesetzt. Vgl. z.B. Gesellschaften im Bumthangtal in Zentral-Bhutan (Kaufmann 1992) oder die Minangkabau in Indonesien (Metje 1995).

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  21. Für weiße, bürgerliche Frauen bspw. gilt die Familie als Ort der Frauenunterdrückung. Für sie beinhaltet Familie einen Gegensatz zu feministischen Autonomieidealen (wie bereits bei Ipsens Nora). Für Schwarze Frauen kann Familie ein Ort des Widerstandes sein, denn ihnen wurde Familie in der Sklaverei oder wird Familie in der Migration (als sog. Familiennachzug) oftmals verweigert (vgl. 4.3).

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  22. Vgl. bspw. MacCormack 1980: Iff.; Pomata 1983: 113ff.; Ortner/Whitehead Hg 1981. Nach MacCormack (a.a.O.: 21 mit Bezug auf Ardener) haben die Forscherinnen den dominant code der europäischen Kultur übernommen.

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  23. Vgl. bspw. die bekannte frühe Definition der Beziehung zwischen ‘Sex’ und ‘Gender’ des Psychoanalytikers Stoller (1968. Sex and Gender, zit. n. Oakley 1972: 158f.): „ (...) with a few exeptions, there are two sexes, male and female. To determine sex one must assay the following physical conditions: chromosomes, external genitalia, internal genitalia, gonads, hormonal states, and secondary sex characteristics... One’s sex, then, is determined by an algebraic sum of all these qualities, and, as is obvious, most people fall under one of the two separate bell curves, the one of which is called ‘male’, the other ‘female’... Gender is a term that has psychological and cultural rather than biological connotations: if the proper terms for sex are ‘male’ and ‘female’, the corresponding terms for gender are ‘masculine’ and ‘feminine’; these latter may be quite independent of (biological) sex. Gender is the amount of masculinity or femininity found in a person, and, obviously, while there are mixtures of both in many humans, the normal male has a preponderance of masculinity and the normal female a preponderance of femininity“.

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  24. Im Sinne von Lévi-Strauss’ Auffassung einer ‘Natur’-’Kultur’-Transformation. Vgl. dazu auch MacCormack (1980: 7f.).

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  25. Z.B. die These des Sexismus als Beiprodukt des Kapitalismus. — Frauenunterdrückung gibt es, wie Rubin (a.a.O.: 163) betont, auch in nichtkapitalistischen Gesellschaften. Sie verweist auf Ethnographien vom Amazonastal und vom Hochland von Neuguinea, wo die Frauen durch Gruppenvergewaltigungen auf „ihrem Platz gehalten werden“, wenn die männlichen Einschüchterungen nicht genügen. Zahlreiche ethnographischen Studien beschreiben Praktiken, „to keep women ‘in their place’“: Männerkulte, geheime Initiationen, Männerwissen etc..

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  26. Am Begriff der ‘Reproduktion’ bemängelt sie, dass er zwischen ‘ökonomischen’ und ‘sexuellen Systemen’ trenne, am Begriff des Patriarchates, dass er notwendige sexuelle und unterdrückerische Organisationsformen dem selben Begriff zuweise, wohingegen ‘Sex’/’Gender’-System neutral sei (vgl. a.a.O.: 167f.).

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  27. Rubin spricht verschiedene Gesellschansbeispiele mit „institutionalisierten Formen von Homosexualität“ an (a.a.O.: 181): Gesellschaften in Neuguinea, die Frauen und Männer als so feindselig gegeneinander erleben, dass angenommen wird, die Periode, die ein männliches Kind im Uterus verbringe, negiere seine Männlichkeit. Da männliche Lebenskraft als im Samen enthalten gilt, kann der Junge seine fötale Entmännlichung durch die Aufnahme männlichen Samens überwinden. Dies geschieht in der homosexuellen Partnerschaft mit einem älteren Verwandten (vgl. dazu auch die Leseweise von Godelier 1987). Weil bei den Azande die älteren Männer die Frauen monopolisieren, kann ein Mann einen jüngeren Mann durch Bezahlung des Brautpreises zu seiner ‘Frau’ machen. Der institutionalisierte Transvestismus’ der Mohave erlaubt den zeremoniellen Geschlechterwechsel.

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  28. Der deutsche Begriff ‘Geschlechterverhältnisse’ wird ähnlich verwendet (vgl. Haug/ Hauser Hg 1984). Zum ‘Gender’-Begriff und zum feministischen Gebrauch von ‘Sex’-’Gender’-System vgl. Haraway (1987: 22ff.).

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  29. Neben diesem Ansatz vertreten Feministinnen weiterhin die These einer essentiellen Geschlechterdifferenz, wobei sie — verkürzt gesagt — wie Mead die alten Vorzeichen umkehren und Weiblichkeit und Mütterlichkeit gegenüber der gesellschaftlichen Abwertung aufweiten, wie z.B. die französischen Differenz-Philosophinnen (v.a. Irigaray (vgl. bspw. 1989)) oder die sog. Bielfelderinnen (Mies, Bennholdt-Thomsen, Werlhof (vgl. bspw. 1983)). Zu den französischen Differenz-Philosophinnen möchte ich noch anmerken, dass sie ein Konzept der ‘Alterität’ — als grundlegende Andersartigkeit der ‘Geschlechter’ — vertreten. Dieses Konzept geht davon aus, dass bisher nur ein einziges ‘Geschlecht’ als solches existiert: das männliche als menschliche Gattung (vgl. Irigaray 1987, 1989). Auf Differenz-Theorien gehe ich allerdings nicht weiter ein.

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  30. Einen weiteren wichtigen anti-essentialistischen Anstoß zu einer von der ‘Biologie’ abgewandten und dem Symbolischen zugewandten feministischen ‘Gender’-Theorie formuliert die italienische Historikerin Gianna Pomata (1983: 113ff.). Über die Kritik an Universalismen der britischen und US-amerikanischen feministischen Ethnologie lehnt sie den Begriff ‘Frau’ als biologische Klassifikation ab, entfernt sich von einem Verständnis von ‘Frau’, das an einen Kern wesentlicher Bedeutung gebunden ist, und schlägt vor, ‘Frau’ als polithetischen Begriff aufzufassen (a.a.O.: 123f., n. Wittgenstein und Needham): , , ’Poli-thetisch’ ist ein Begriff, der eine Klasse von Gegenständen zusammenfasst, die nicht durch den gemeinsamen Besitz einer Eigenschaft definierbar sind. In einer polythetischen Klasse ist keine Charakteristik universell vertreten“. Im Gegensatz zu monothetischen Klassifikationen, die von einem wesentlichen Bedeutungskern ausgehen, seien politheti-sche offen für jede neue Erkenntnis und geeigneter, den vielfaltigen Charakter der Phänomene wahrzunehmen, denn der ‘wesentliche Bedeutungskern’ sei oftmals eine willkürliche Verallgemeinerung unserer kulturspezifischen Bedeutungszuschreibungen. In unserer Kultur werde die ‘biologische’ Geschlechtsdifferenz zum Symbol, das als Grenze und Schicksal der Frau gedeutet den niedrigeren Status der Frauen erklären, rechtfertigen und als unhinterfragbar erscheinen lassen soll (a.a.O.: 126).

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  31. Dabei gibt es den Herausgeberinnen zufolge (a.a.O.: 2ff.) zwei unterschiedliche Vorgehensweisen: Kulturalistische Ansätze behandeln ‘Gender’-Symbole im Kontext der weiteren Symbolsysteme der untersuchten Gesellschaften (vgl. Strathern, Whitehead, Brandes) oder im Zusammenhang mit der sozialen Organisation von Verwandtschaft und Heirat (vgl. Poole, Shore, Nadelson). Soziologisch orientierte Ansätze sind implizit oder explizit durch Marx beeinflußt, weil das Studium von ‘Gender’ die Untersuchung von asymmetrischen und gegensätzlichen Beziehungen impliziert (vgl. Collier/Rosaldo, Llevelyn-Davis, Ortner). Hier werden ‘Gender’-Konzeptionen und die Bedeutung von ‘Sexualität’ und ‘Reproduktion’ als abhängig von variierenden Aktions- und Praxisformen untersucht.

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  32. Dies auch von Ethnologen (z.B. Godelier 1987).

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  33. Die ‘Berdache’ gelten als eine Art ‘drittes Geschlecht’, eine weitere Kategorie die über ‘Mann’, ‘Frau’ und TranssexuelleR’ hinausgeht (vgl. Sabine Langs Forschung über den möglichen Geschlechtsrollenwechsel bei nordamerikanischen Indianerinnen). In manchen Forschungen werden männliche Berdache als dritter Gender-Status, weibliche als vierter interpretiert (vgl. Lang 1990: 45).

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  34. Als ‘Mustergils’ werden im Süd-Irak ‘Frauen’ bezeichnet, die sich als ‘Männer’ kleiden und ein ‘männliches Leben’ führen (vgl. Sigrid Westphal-Hellbusch 1991(1956): 176ff.).

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  35. Hijra in Indien sind Männer, die sich wie Frauen verkleiden und verhalten (vgl. Serena Nanda 1997: 129ff.).

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  36. Muxe in Juchitán (Mexiko) sind afeminados, Männer, die sich ‘weiblich’ geben (vgl. Veronika Bennholdt-Thomsen 1992: 192ff.).

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  37. Einsichten in die Vielfalt an Geschlechterkategorien im Kulturvergleich gibt die französische Ethnologin Nicole-Claude Mathieu (1995: 149ff.). Sie spürt hier Abwandlungen von geschlechtlicher Unterdrückung unter dem Anschein eines ‘dritten Geschlechts1 auf. Ethnographische Beispiele geben auch Ifi Amadiume (1996); Hildegard Diemberger (1993: 88ff.); Elisabeth Tietmeyer (1994: 109ff.; 1998:161ff.); Gisela Beibtreu-Ehrenberg (1997: 121ff.).

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  38. ‘Queer’ — ‘verquer’, ‘seltsam’, ‘gefälscht’, Palschgeld’, ‘schwul’ — ist ein Schimpfwort für Homosexuelle, das vom Bild eines heterosexuellen ‘Originals’ und dessen homosexueller ‘Fälschung’ ausgeht. Die ‘Queer’-Theorie und -Politik sträubt sich gegen die sog. „natürliche Ordnung der Dinge“, gegen das Einpassen in eine bestimmte (geschlechtliche) Identität (vgl. Queer Interventionen von Sabine Hark 1993: 103ff.). Rubin ist eine Vordenke -rin der Queer-Theorien, Judith Butler ist eine exemplarische Queer-Theoretikerin.

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  39. Vgl. dazu auch Elisabeth Grosz (1994: 3), die den Körper als blinden Heck im ‘westlichen’ philosophischen Denken und in feministischen Theorien bezeichnet.

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  40. Das Ausklammern von Körper und Leib in Gender-Theorien haben schon früh feministische Biologinnen kritisiert. Janet Sayers z.B. hat schon 1982 Zwischenpositionen zwischen biologischem Essentialismus und sozialem Konstruktivismus gefordert. Letzteren bezeichnet Lynda Birke (1986: 45) als Trugschluss eines der ‘Biologie’ Entkommens; denn auch die angenommene”biologische’ Grundlage sei nicht unabhängig erfahrbar. ‘Natur’, wie sie die Wissenschaft definiert, ist ihr zufolge ein sozial-historisch-biologisches Kon-strukt. Birke fordert entsprechend eine feministische Analyse der Bedeutung der ‘Biologie’ (a.a.O.: 47). Es gelte, den Körper einzubeziehen, ohne die Befürchtung, dadurch auf ‘natürliche’ Zuschreibungen fixiert zu werden. An zwei typischen Zitaten aus der feministischen, kulturalistischen Sozialforschung will ich dies verdeutlichen: „Die Beziehungen zwischen angeborenen biologischen Unterschieden und einer von der Gesellschan propagierten Geschlechterunterscheidung stellen wir im Moment zurück“ (Elisabeth Fox-Genovese 1983: 33ff). — „Soll die soziale Kategorie von ‘Geschlecht’ ausgearbeitet werden, muss die soziale Kategorie ‘Biologie’, als Denkfigur wie als Lebensbereich begraben werden“ (Gisela Bock 1983: 46).

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  41. ‘Gender’ wird m.E. heute in der deutschen Sprache vielfach verwendet, um — so die Meinung — dem Anteil ‘Sex’, den die Kategorie ‘Geschlecht’ enthält, zu entkommen. Vgl. Begriffe wie ‘Gender’-Studien, ‘Gender’-Training, ‘Gender’-Politik usw..

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  42. Ausnahmen sind bspw. Weisskopf (1980: 766ff.); Leifer (1980: 754ff.); MacCormack Hg (1982); Jordan (1983: 13ff.); Nadig (1987: 81ff.). MacCormack (ebd.) will bspw. im Sinne der ‘Gender’-Forschungen auch die ‘Biologie’ hinsichtlich ‘Fruchtbarkeit’ und ‘Gebären’ als variabel darstellen.

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  43. Vgl. Malinowski 1983(1928).

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  44. Vgl. bspw. Ifi Amadiume 1996.

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  45. Emeut möchte ich auf Übersetzungsschwierigkeiten hinweisen: Die Übersetzer merken an, dass das umgangssprachliche deutsche Wort ‘Sex’, das Lusthafte betonend, das Bedeutungsfeld von franz. ‘sexe’ und engl, ‘sex’ nicht abdecke. Das Missverständliche würde sich mit ‘Sexus’ umgehen lassen, doch falle durch das fremdwortmäßige das Selbstverständliche von ‘sexe’ unter den Tisch. Sie benutzen also ‘Sex’, meinen damit aber das „Reelle und Seriöse“, „das durch Wissenschaft und Gesellschaft garantiert wird“ (Anm. a.a.O.: 14). Vgl. dazu auch die Anmerkung der Herausgeber von Dispositive der Macht : „Das frz. Wort ‘le sexe’ bedeutet im Deutschen ‘das Geschlecht’, kann aber auch mit ‘der Sex’ wiedergegeben werden — eine Möglichkeit, für die sich die Übersetzer des ersten Bandes von ‘Sexualität und Wahrheit’, ‘Der Wille zum Wissen’ Ffm. 1977 entschieden haben (...). Die Übersetzer der in diesem Band versammelten Aufsätze und Gespräche verzichten bewusst auf eine vereinheitlichende Übersetzung von ‘le sexe’“ (1978: 6). Ich übernehme in meiner Darstellung diese uneinheitliche Übersetzung.

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  46. Vertreten von Reich, Marcuse u.a. (vgl. Caplan a.a.O.: 6).

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  47. Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass Foucaults Ansatz auch für ethnologische Beschreibungen von Fremdkulturen von großer Bedeutung ist. Der neomarxistische Ethnologe Godelier (1987: 303) bspw. stützt sich mit seiner Monographie der Baruya in Neuguinea auf Foucault, wenn er beschreiben will, wie das Denken Gesellschaft nicht nur repräsentiert, sondern selbst produziert. Das Denken widerspiegelt nicht gesellschaftliche Realität, sondern es verleiht Situationen einen Sinn, indem es Interpretationssysteme errichtet, die symbolische Praktiken erzeugen, die bspw. die Herrschaft der Männer über Frauen, wie Godelier sie bei den Baruya beschreibt, organisieren, legitimieren, also auch produzieren. Die Reden und die symbolischen Gesten verwandeln die Ideen in eine unmittelbar sichtbare materielle und soziale Realität (vgl. a.a.O.: 299). Bei den Baruya in Neugiunea erscheinen laut Godelier die Reden und die Theorien über Körper und Sexualität als eine Art kosmische Begründung für die Frauenunterdrückung. In den Augen der Baruya erklären sich alle Aspekte der männlichen Herrschaft durch die Sexualität und den unterschiedlichen Ort, den die Geschlechter bei der „Reproduktion des Lebens“ einnehmen (a.a.O.: 12).

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  48. Vgl. dazu auch Ivan Illich (1983), der einen Wandel vom „vernakulären Genus“ („gemeinen Genus“) zum „ökonomischen Sexus“ beschreibt.

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  49. In Die Geburt der Klinik (1996(1963)) beschreibt Foucault die Entstehung des modernen Körpers im 18. Jahrhundert. Der durch die Medizin bemächtigte Körper wird auf neue Weisen kontrollierbar. Damit geht auch die Kluft zwischen erlebtem, sprechbarem Körper und diagnostiziertem Körper auseinander (vgl. auch Barbara Duden Geblüt und Flüsse. Zur Geschichte des Geschlechts unter der Haut, Vortrag vom 10.6.1998 an der Universität Bremen).

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  50. Auf diesen Aspekt gehe ich in 4.4 genauer ein.

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  51. „Das sich vormals einzigartig verkörpernde Selbst verkümmert zum Körperbesitzer“ (Duden 1991a: 15 bezogen auf di Figlio).

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  52. Ein bekanntes Buch eines Historikers zum Frauenkörper ist Edward Shorters Der weibliche Körper als Schicksal. Zur Sozialgeschichte der Frau (1984). Während Historikerinnen wie Fischer-Homberger die Gemachtheit der ‘Krankheit Frau’ aufzeigen, versucht Shorter eine tatsächliche ‘Krankheit Frau’ zu belegen, gibt sich dabei aber frauen-freundlich. Er vertritt die These, dass der gesellschaftliche und medizinische Fortschritt für Frauen eine körperliche Befreiung bedeute; denn früher seien die Frauen nur „Opfer“ gewesen, Opfer des Mannes, der Kinder, des Haushaltes und der Natur — v.a. wegen des Gebärens (vgl. a.a.O.: 10, 320).

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  53. In diesem Zusammenhang steht auch die Erfindung der ‘Mutterliebe’ und die Zuordnung von Frauen zu entweder asexuellen ‘Müttern’ oder sexuell aktiven ‘Hysterikerinnen’. Denn die schwer bekämpfte ‘Hysterie’ ist nach Fischer-Homberger (a.a.O.: 113) das Gegenstück zur ‘Mutterschaft’ und”Kernstück der ‘Krankheit weibliches Geschlecht“ ‘.

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  54. Solche Auffassungen von den anatomischen Geschlechtsdifferenzen als Versionen vom Gleichen treten sowohl in Mythen, im Bereich des Unbewussten, wie auch in der Wissenschaft, immer wieder auf. Laqueurs Chronologie scheint mir hier zu eindimensional. Eine moderne feministische Version des Ein-Geschlechts-Modells gibt Josephine Lowndes Se-vely (1988). Lowndes beschreibt in ihrer Anatomiestudie eine männliche und weibliche Eichel, die sie als ‘Lowndes-Krone’ benennt. Weiter findet sie auch beim Mann eine Klitoris, die Prostata, und setzt Vagina und Penis als homolog.

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  55. Den Wandel der Bedeutungen körperlicher Phänomene widerspiegelt auch die Sprache: Über zwei Jahrtausende gab es keinen speziellen Begriff für ‘Eierstöcke’. Galen nannte sie wie die Hoden ‘orcheis’ (vgl. a.a.O.: 17).

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  56. Z.B. bei Galen, der im 2. Jahrhundert „ (...) das einflußreichste und anpassungsfähigste Modell von der strukturellen, wenngleich nicht räumlichen Identität der männlichen und weiblichen Reproduktionsorgane entwickelte (...)” (a.a.O.: 16), gelten Frauen wegen den nach innen gekehrten Organen als weniger mit vitaler Hitze ausgestattet als der Mann, folglich weniger perfekt.

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  57. Auf Laqueurs zentrale Frage nach der Bedeutungslosigkeit des weiblichen Orgasmus für die Erzeugung von Kindern gehe ich hier nicht weiter ein. Für ihn ist der vaginale Orgasmus eine Erfindung gegen die Homologie der Geschlechter im Dienste der Reproduktionssicherung (vgl. a.a.O: 266f.; vgl. auch die sog. Klitorisbeschneidung).

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  58. Laqueur bezieht sich auf Fischer-Homberger (a.a.O.). Der weibliche ‘Schoß’ bspw. wurde zum ‘Uterus’, durch den die ‘Frau’ nun qua pars pro toto determiniert galt; er diente der Rechtfertigung des sozialen Status der Trau’ (vgl. a.a.O.: 175). Im 19. Jahrhundert wurden Unterschiede nicht nur am sichtbaren Körper demonstriert, sondern an neu wahrgenommenen mikroskopischen Einheiten. Nach der Entdeckung des Eierstockfolli-kels durch Graaf wurde das Ei zum pars pro toto für ‘Frau’; Ei und Spermium wurden als „Ehe en miniature” (a.a.O.: 199) betrachtet und beschrieben. Sogar Pflanzen wurden mit Fortpflanzungsorganen und dadurch mit ‘Geschlecht’ versehen.

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  59. Was Fischer-Homberger mit Krankheit Frau bezeichnet und beschreibt, wird v.a. natur-wissenschaftlicherseits durch die ‘Entdeckung’ immer neuer körperlicher und sexueller Unterschiede hervorgebracht: Zwei inkommensurable Geschlechter sind das Resultat. Die Wissenschaftssprache ersetzt alte Metaphern durch neue. ‘Generation’ (generatio, wie ‘Erschaffung’) etwa, das an die alltägliche Wiederholung von Gottes Schöpfungsakt gemahnt, tritt hinter den mechanistischen, ökonomiebezogenen Begriff ‘Reproduction’ zurück (vgl. a.a.O.: 178). — Zum Übergang von organizistischen zu mechanizistischen Körperbildern vgl. Merchant 1987 und Griffin 1987.

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  60. Diese Neu-Ordnung, die v.a. Frauenkörper betrifft und durch männliche Wissenschaftler begründet wird, beschreibt die Soziologin Claudia Honegger (1991) ausführlich. Sie zeigt, wie die neue Wissenschaft Anthropologie im 18. Jahrhundert darum bemüht ist, ‘Andere’ — wie Kranke, Irre, Mohren, Fremde, Wilde und auch Frauen — ins Blickfeld ihrer Interessen zu stellen und dabei eine „weibliche Sonderanthropologie“ zu gründen (a.a.O.:8). Das gespannte Zugleich von allgemein Menschlichem und Differenzen unter Menschen entspricht einem Problem der sog. Moderne, dem sich die Anthropologie mit ihrer vergleichenden Methode annimmt (vgl. a.a.O.: 2, 107ff.). Geistes- und Naturwissenschaften ergänzen sich gegenseitig in ihren kulturellen Deutungsmustern von geschlechtlichen und anderen Differenzen. Durch die Anatomie werden Geschlechtsunterschiede „ (...) auch unter der Haut gesucht und gefunden (...), sind die Geschlechtsunterschiede nicht länger nur an den Geschlechtsorganen auszumachen und beschränkt auf die Oberfläche des Körpers, sondern sie bestimmen die Tiefenstruktur des Leibes“ (a.a.O.: 180f.). In Abwandlung eines Zitates von Foucault folgert sie: „Jetzt erst fügt sich das Geschlecht ganz in den Körper ein und seine ‘logische’ Verteilung folgt unmittelbar den anatomischen Maßen. Der Blick und das Auge brauchten dann nur noch ihr angestammtes Recht auf Wahrheit durchzusetzen“ (a.a.O.: 8).

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  61. Illich (1983: 216) veranschaulicht die Differenz zwischen ‘Körper’ und ‘Leib’, wie sie Duden verwendet, folgendermassen: „Der Körper als klinisch verstandener Organismus ist etwas anderes als der Leib. Noch Ende des 18. Jahrhunderts machen zeitgenössische Wörterbücher einen deutlichen Unterschied: ‘Körper’, das ist etwas Totes, Dingliches, Tierisches (Leichname, Hölzer, Hunde haben ‘Körper’), Leib ist, was Mensch ist. Leib und Leben gehören sinnmäßig zusammen, aber was ‘Leib’ im Laufe der Wortgeschichte jemals meinte, wird oft erst verständlich, wenn er dem Blut oder der Seele oder dem Herzen gegenübergestellt wird, , .

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  62. Duden zufolge ersetzen die Medizin und die Bevölkerungs- und Staats Wissenschaft „ (...) die Begriffe — seien sie lateinisch oder vernakular — der generatio durch ‘Reproduktion’“ (a.a.O.: 43). Vor dieser Neudefinition in Verbindung mit der Produktion gab es nach Duden „(...) keinen Begriff, in dem Besamung, Konzeption, Schwangerschaft, Geburt und Laktation zusammengefasst werden konnten“ (ebd.). 63 Vgl. dazu Martin 1989; 1994; Haraway 1995a; s. auch 6.2.2.

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  63. Im Orig.: Gender Trouble. Die Übersetzerin merkt an, dass der Begriff trouble viele Bedeutungsvarianten umfasst: „von ‘Ärger’, ‘Schwierigkeiten’ bis ‘Beruhigung’, ‘Verstö-rung’, ‘Unbehagen’“ (a.a.O.: 7). Gender Trouble ist nach dem Titel eines Films von John Waters benannt, worin Geschlechtsidentität als ständige Nachahmung dargestellt wird, die als das Reale gilt (vgl. a.a.O.: 8). ‘Sex’ wird in der Übersetzung mit ‘Geschlecht’, ‘Gender’ mit ‘Geschlechtsidentität’ gleichgesetzt, was ich teilweise übernehme, doch auch fragwürdig finde, da ‘Gender’ nicht nur die Selbstdefinitionen umfasst, sondern ebenfalls Fremddefinitionen (vgl. dazu Kessler/McKenna 1978).

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  64. Vgl. dazu die neueren Diskussionen um die sog. Intersexualität. — Auch dieser Begriff bleibt im binären Rahmen befangen. Die Begriffe Vielgeschlechtlichkeit, Mehrge-schlechtlichkeit, Multigeschlechtlichkeit sind offener, werden jedoch kaum benutzt. — Zur Thematisierung der Intersexualität im Kontext ‘westlicher’ Medizin und im Kontext des feministischen ‘Sex’/’Gender’-Dualismus vgl. Anja Heldmann 1998: 54ff. (vgl. dazu auch Tolmein 28.1.99). Zur Thematisierung der Intersexualität im Kulturvergleich s. Birgit Röttger-Rössler (1997: 101ff.). Sie zeigt dabei, dass gerade die heutige Biologie die Komplexität an Faktoren, die zur Herausbildung von ‘Geschlecht’ mitwirken, berücksichtigt. Es wäre also auch seitens der Biologie naheliegend, ‘Geschlecht’ nicht als eindeutig binär zu denken.

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  65. Butler plädiert für ein Unterlaufen der Zweigeschlechtlichkeit im Sinne der querness. Hierzu führt sie den Begriff der gender parody ein, wobei es ihr „(...) um die Parodie des Begriffes des Originals als solchem“ (a.a.O.: 203) geht. Sie bezieht sich dabei auf kulturelle Praktiken, wie Kleidertausch und sexuelle Stilisierungen lesbischer butch-femme Identitäten, die häufig Vorstellungen einer primär über ‘Sex’ bestimmten Identität parodie-ren. Hier fügt sie dem sex und der gender-identity den Begriff der gender performance hinzu (vgl. a.a.O: 202). Auch ‘Gender’ und die Darstellung von ‘Gender’ können uner-schiedlich sein.

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  66. Vgl. bspw. Feministische Studien 2/1993 mit dem Titel Kritik der Kategorie ‘Geschlecht (mit Aufsätzen von Duden, Lindemann u.a.) und die Serie Sex & Gender in der FR 1993.

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  67. Wie bspw. Donna Haraway 1995; Barbara Vinken 1993; Marie-Luise Angerer 1995. Bedeutende feministische Dekonstruktivistinnen in der Literaturwissenschaft sind Joan Scott und Jane Flax. — Eine Verständigungsschwierigkeit zwischen Dekonstruktivistinnen und ihren Kritikerinnen besteht in unterschiedlichen Diskursbegriffen. Die Kritikerinnen betrachten Diskurse oftmals als rein sprachliche Angelegenheit.

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  68. Der Originaltitel lautet: Bodies that Matter (matter bedeutet: Stoff, Substanz, Materie). To matter — „Gewicht verleihen“ — meint: „zu materialisieren“ und „zu bedeuten“ (1995: 56).

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  69. Vgl. dazu Haraway (1995b: 165ff; 1995a: 33ff.), die ebenfalls nach positiven feministischen Körperbildern sucht und bisherigen Bildern einer einschränkenden ‘weiblichen’ Körperlichkeit die Erweiterung des menschlichen Körpers durch die Verbindung mit Maschinen — Cyborgs, kybernetische Organismen — entgegenhält.

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  70. Die Ethnomethodologie beschäftigt sich als „analytische Mentalität“ (Sack/Scheinkein/ Weingarten 1979: 9) mit den sozialen Strukturen der Alltagshandlungen. Sie untersucht Methoden der Sinnerzeugung, die allen Gesellschansmitgliedern zur Verfügung stehen. Ethno- bezieht sich (n. Garfinkel) auf das Alltagswissen einer Gesellschaft, -methodologie bezieht sich auf die individuelle methodische Verwendung dieses Wissens. Ein zentraler Begriff der Ethnomethodologie ist die Reflexivität als Position, „ (...) die darauf besteht, dass jede Untersuchung der Prozesse des Verstehens und Hersteilens von Sinn selbst wieder ein zu analysierender Vorgang eines solchen Prozesses ist“ (a.a.O.:8).

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  71. Die Autorinnen stützen sich auf ethnomethodologische, sozial interaktionistische, phänomenologische und ethnologische Ansätze — auf Garfinkeis Fallstudie über die Transsexuelle Agnes (in Studies in Ethnomethodology 1967), auf Das Arrangement der Geschlechter (1994) von Goffman, auf Gender. An Ethnomethodological Approach (1978) von Mc Kenna/Kessler — sowie auf Hagemann-White und Butler.

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  72. Candace West und Don Zimmermann haben 1987 einen einflußreichen Aufsatz über die Herstellung von ‘Geschlecht’ verfasst und dabei den Begriff doing gender eingeführt (vgl. bspw. Hagemann-White 1993: 71).

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  73. Das Buch enthält viele Begriffsklärungen zu kulturellen, sozialen Formen von ‘Geschlecht’.

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  74. Diese Unterscheidung erinnert an jene zwischen etischen und emischen Kulturbetrachtungen in der Ethnologie. ‘Etisch’ wird im Sinne einer Sicht von ‘außen’, einer Beschreibung kultureller Phänomene durch Beobachterinnen, verwendet, ‘emisch’ im Sinne einer Sicht von ‘innen’, wie sie für die Beschriebenen selbst bedeutungsvoll und wirklich ist.

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  75. Z.B. bei den Hua im Hochland von Neuguinea (vgl. Meigs n. Moore 1994b: 90) oder tendenziell bei den Tugen in Ostafrika (vgl. Behrend 1985). Beispiele für kulturell andere Möglichkeiten für Individuen, das Geschlecht zu wechseln, die anthropologischen Berichten über nordamerikanisch-indianische Gesellschaften vor etwa hundert Jahren entstammen, nennen Kessler/Mc Kenna (a.a.O.: 21):

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  76. Geschlechterwechsel aufgrund ökonomisch-ökologischer Notwendigkeit: Eine Familie hat mehrere Töchter und keinen Sohn. Zum Jagen braucht der Vater Hilfe. Weil sie wieder eine Tochter kriegen, entschließen sich die Eltern, sie zum Sohn zu machen. Sie kleiden das Kind wie einen Jungen an und als es fünf Jahre alt ist, stecken sie ihm die getrockneten Geschlechtsteile eines Bären in den inneren Gürtel, damit niemand auf andere Gedanken kommt. Eventuell entwickelt das Kind eine große Stärke und wird ein exzellenter Jäger.

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  77. Geschlechterwechsel durch individuelle Präferenz: Eine andere Familie hat einen Sohn. Das Kind zeigt Interesse an weiblichen Aufgaben und scheut männliche. Die Eltern beschließen, ihn zu testen: Sie stecken ihren Sohn mit Pfeil und Bogen und Material zum Körbeflechten in eine Einzäunung, entfachen darin ein Feuer und beobachten, was das Kind beim herausrennen mitnimmt. Es ergreift das Korbmaterial. Von diesem Zeitpunkt an behandeln es die Eltern als Tochter.

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  78. „Wenn ‘Sex’ der Frauen so gründlich retheoretisiert und revisualisiert wird, dass es von ‘Geist’ praktisch nicht mehr unterschieden werden kann, muss mit den Kategorien der Biologie etwas Grundsätzliches passiert sein. Die biologische Konzeption des Weiblichen, die die gegenwärtigen biologischen Arbeiten über Verhalten bevölkert, hat fast keine passiven Eigenschaften mehr. Sie ist strukturierend und in jeder Hinsicht aktiv, der ‘Körper’ist ein Agent und keine Ressource“ (1995a: 95). ‘Körper’ sind Haraway zufolge im sozialen Konstruktionsprozess aktiv beteiligt. „Sex, Sexualität und Reproduktion“ sind bspw. „zentrale Akteure im Mythensystem der Hochtechnologie“ (a.a.O.:58). -Haraways Subjektivierung des ‘Körpers’ finde ich fragwürdig. Ich versuche unten, ‘Körper’ genauer zu fassen.

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  79. Zu ‘Frauen’ als ‘Sex’-Klasse zu gehören, beinhaltet keine Gleichheit oder identische Situation bezüglich Interessen und Lebensführung, sondern zu einer zueigengemachten Kategorie zu gehören (vgl. Juteau-Lee a.a.O.: 12). Zu ‘Frauen’ als ‘Klasse’ vgl. auch die Bewusstseinshistorikerin Theresa de Lauretis (1996: 61f.), der zufolge ‘Gender’ einer En-tität, einem Individuum, eine Position innerhalb einer Klasse, abgegrenzt von anderen Klassen, zuweist. ‘Gender’ repräsentiert ihr zufolge eine ‘Klasse’. Damit will sie Marx’ Verständnis von Klasse beibehalten als eine Gruppe von Individuen, die durch bestimmende gesellschaftliche Faktoren und Interessen, besonders durch Ideologien, verbunden sind. Entsprechend behandelt Lauretis ‘Gender’ als gesellschaftliches Verhältnis.

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  80. Der Begriff corpor(e)ality zur Hervorhebung der Materialität des Körpers wurde von Adrienne Rieh geprägt (vgl. Moore 1994a: 18). Mit dem Begriff embodiment soll das materielle und das symbolische Verhältnis der Frauen zur Welt gleichzeitig behandelt werden (vgl. Braidotti 1994; Grosz 1994). Das embodied subject wird nicht als Essenz oder ‘biologische Bestimmung’ gedacht, sondern als primäre Verortung in der Welt (vgl. Spivak n. Braidotti 1994: 238). Der Begriff embodiment bezieht sich insbesondere auf Maurice Merleau-Pontys Phänomenologie der Wahrnehmung. Hier hat Merleau-Ponty einen neuen Rahmen für eine Phänomenologie des embodiments entwickelt, die das menschliche, alltägliche beeing-in-body thematisiert und eine radikale Kritik an der Trennung zwischen Geist und Körper enthält (vgl. Turner 1997: 16).

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  81. Lindemann bezieht sich auf die Leibphilosophie von Hermann Schmitz und auf die philosophische Anthropologie von Helmuth Plessner. Zu weiteren feministischen Thematisierungen des Leibes vgl. Elisabeth List 1993 und Farideh Akashe-Böhme Hg 1995.

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  82. Lindemann betrachtet den Leib einerseits von der Struktur her als „total natürlich“, andererseits als „total relativ“ bezüglich der jeweiligen Kultur (a.a.O.: 175). Dennoch geht sie aber von einer unmittelbaren leiblichen Erfahrung aus, die ich als fragwürdig erachte, da wir nicht ohne Denken und Sinne existieren. Sie schreibt (1994: 137): „Der eigene Leib bezeichnet (...) ausschließlich einen ohne die Vermittlung der Sinne erfahrenen Raum, der mir unmittelbar zugänglich ist und den ich als das erfahre, was ich bin“.

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  83. „Lacan beschreibt damit die Identifikation des Subjektes mit den Bildern, die die Personen seiner Umgebung über es entwickeln, und die dadurch veranlaßte subjektive Veränderung seines Ichs. Indem die ‘Anderen’ ebenfalls diese Identifikation mit den Bildern, die ihre Umgebung über sie bildet, vornehmen, entsteht eine gegenseitige Wahrnehmung. Diese Gegenseitigkeit in der Identifikation mit den Bildern des Anderen über einen selber beschreibt den Prozess der Annäherung und gegenseitigen Veränderung bei der Begegnung von Fremden“ (a.a.O.: 197).

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  84. Mit dem Konzept des intermediären oder Übergangsraumes bezeichnet Winnicott „ (...) eine besondere Art von Beziehung zwischen zwei oder mehreren Menschen, in der Nichtsprachliches und Sprachliches, emotionales und körperliches Empfinden, Verschmelzung und Trennung gleichzeitig erlebt werden können. Er eröffnete damit in der psychoanalytischen Behandlung einen Raum für jene unstrukturierten, chaotischen Emotionen und Handlungsäußerungen, die der Analytiker als Nichtwissender auszuhalten hat” (a.a.O.: 198).

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  85. Anschauliche historisch-ethnologische Beispiele kultureller Interpretationen der Leiblichkeit von Frauen geben Yvonne Verdier (1982) und Françoise Loux (1991).

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  86. Bspw. Maschinenmetaphern, heute v.a. Modelle kybernetischer Systeme.

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  87. Dieses Bild hat eine Reihe von Entsprechungen, z.B. ‘meine Persönlichkeit’ muss ‘meinen Körper’ kontrollieren oder ‘mein Körper’ sendet ‘Signale’, ‘ich’ ‘kriege’ ‘meine Menstruati-onVmeine Menopause’/’meine Wehen’ etc.. Zerrissenheit taucht als durchgehendes Bild der Frauen von sich selbst auf.

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  88. Landweer wirft neueren Dikussionen um die Kategorie ‘Geschlecht’ die Vernachlässigung des Problems der Generativität vor. Sie betrachtet Generativität sowohl als leiblichen Prozess als auch als Bestandteil von Gestaltwahrnehmungen und symbolischen Prozessen und stellt die These auf, dass die Generativität in jeder Kultur zu bestimmten Ka-tegorisierungen von ‘Geschlecht’ führe. „Wie die Geschlechtsbegriffe kulturell im einzelnen verfasst sind, ist prinzipiell offen, nicht aber, dass es immer zwei Kern-Kategorien gibt, die Individuen nach ihrem als möglich unterstellten Anteil an der Entstehung neuer Menschen klassifizieren“ (a.a.O.: 152).

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  89. Ein Beispiel solcher Vermittlung gibt die Philosophin Elisabeth Grosz in Volatile Bodies. Toward a Corporeal Feminism (1994). Sie betrachtet hier Körper als Terrain und Effekt der Differenz zugleich. Grosz thematisiert auch das Verhältnis zwischen Innerem und Äußerem des Subjektes. Dieses Verhältnis, vorgestellt als psychisches Inneres und corpo-reales Äußeres ist wechselseitig: Psychisches schreibt sich in den Körper ein und Körperliches schreibt sich in die Psyche ein.

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  90. Diese Topologie dreier miteinander verwobener struktureller Ebenen, die ich hier notwendigerweise nur verkürzt darstellen kann, entwickelt Lacan seit 1953 (vgl. dazu Plon/ Roudinesco 1997: 482f., 880ff., 1041ff. und Laplanche/Pontalis 1989: 228f., 487f.). Den Begriff des Symbolischen hat er von der Anthropologie übernommen und substantivisch verwendet. Das Symbolische bezeichnet ein Repräsentationssystem, das auf der Sprache gründet. Es ist der Ort des (unbewussten) Signifikanten. — Das Imaginäre bezeichnet das, was den Zug der Imagination trägt, d.h. die Möglichkeit, sich Dinge in Gedanken und unabhängig von der Realität zu vergegenwärtigen. Es bezeichnet den Ort der Illusionen des moi(Selbst), der alienation(Veranderung, Entfremdung) und der Fusion mit dem Körper der Mutter (vgl. Plon/Roudinesco a.a.O.: 483). Lacan hat diesen Begriff zunächst im Zusammenhang mit dem Konzept des Spiegelstadiums entwickelt (1986 (1966): 61ff.). Hierin zeigt er, dass das Kleinkind bei der Identifikation mit dem Spiegelbild (als Ähnliches) eine täuschende imaginäre körperliche Ganzheit vorwegnimmt. — Mit dem Realen bezeichnet Lacan das, was sich einer phänomenalen Realität immer schon entzogen hat und doch einer Repräsentation immanent ist, jedoch unmöglich symbolisiert werden kann. Das Reale bleibt der nichtsymbolisierbare Rest. — Zur feministischen Anwendung von Lacans Topologie vgl. z.B. Butler (1995) und Angerer (1995:17ff.).

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Kaufmann, M.E. (2002). Sexismus und die Kategorien ‘Sex’ und ‘Gender’. In: KulturPolitik — KörperPolitik — Gebären. Forschung Soziologie, vol 143. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94956-1_4

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