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Das Titelblatt des Leviathan und Goyas El Gigante

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Zusammenfassung

Kein Titelblatt eines philosophischen Werks ist so einprägsam gestaltet wie das des Hobbesschen Leviathan, das, entworfen in der Spätblüte der Emblemkunst1, Hobbes’ Staatsphilosophie bildlich darzustellen sucht. Nach neueren Erkenntnissen ist das Blatt in Frankreich, vermutlich unter Mitwirkung von Hobbes selbst, der vor der Publikation des Leviathan (1651) in Paris lebte, von Wenceslaus Hollar angefertigt worden2.

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Anmerkungen

  1. Das Titelblatt stellt kein Emblem im strikten Sinn der Emblembücher dar, arbeitet jedoch mit der gleichen Technik der figürlichen Darstellung von Bedeutungen und wird in gleicher Weise als „emblematisch“ bezeichnet wie z.B. das Titelblatt der Eikon Basilike von Karl I. Vgl. dazu Rosemary Freeman, English Emblem Books, London 1948, 38. — In Klammern gesetzte römische Ziffern geben im folgenden die Kapitel der englischen Fassung des Leviathan an. Es wird benutzt die Ausgabe von A.D. Lindsay, London 1914 u.ö. — Zu den verschiedenen frühen Editionen des Leviathan vgl. Hugh Macdonald and Mary Hargreaves, Thomas Hobbes. A Bibliography, London 1952, 27-37.

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  2. Margery Corbett and Ronald Lightbown, The Comely Frontispiece, The Emblematic Title-Page in England 1550–1660, London-Hentley-Boston 1979, 219-230. Daß Wenceslaus Hollar (1607–1667) das Titelblatt anfertigte, ist jetzt gesichert durch die Arbeit von Keith Brown, The Artist of the Leviathan Title-Page, in: The British Library Journal 4, 1978, 24–36. Zu Hollar vgl. außer der von Brown angegebenen Literatur Johannes Urzidil, Wenceslaus Hollar. Der Kupferstecher des Barock. Unter Mitarbeit von Franz Sprinzels, Wien-Leipzig 1936. Hollar war wie Hobbes Tutor des späteren Königs Karls II. in Paris; später — 1665 — bestellte Peter Stent bei ihm ein Porträt des Philosophen (Urzidil a.a.O. 102).

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  3. Corbett-Lightbown a.a.O. 225: „The spire indicates that the church of the city, placed for greater conspicuousness in the immediate foreground, belongs to northern Europe... It resembles the large church in the representation of the city of Erfurth in Merian the Elder’s publication of 1650“. Die Darstellung der Erfurther Domkirche in Merians Topographia Superioris Saxoniae, 74–75 (reprint 1964) weicht jedoch in vielen Details von der Ansicht auf dem Hobbesschen Titelblatt ab.

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  4. Diese Devise des französischen Königs wird in dem für die Emblematik wichtigen Buch von Emanuele Tesauro, II Cannocchiale Aristotelico, Turin 1670, Kap. XV besprochen; vgl. August Buck, Die Emblematik, in: Neues Handwörterbuch der Literaturwissenschaft, Band 10, Frankfurt 1972, 328–345 (333).

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  5. Zum politischen und staatstheoretischen Gehalt der Arcimboldi-Allegorien vgl. Thomas DaCosta Kaufmann, Arcimboldi’s Imperial Allegories, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 39, 1976, 275–296, bes. 286ff. Francesco Porzi, L’Universo Illusorio di Arcimboldi, Milano 1979, 26ff. Wenceslaus Hollar wuchs in Prag auf, dem Ort des Wirkens von Giuseppe Arcimboldi (1527–1593). Zu einem möglichen Einfluß vgl. K. Brown, a.a.O.34 — Porzi weist in seiner Einleitung auf eine Arcimboldi-Rezeption im 18. Jahrhundert hin; zu ergänzen wäre aus dem Bereich der politischen Karikatur eine „Wahre Abbildung des Eroberers“ (Napoleon) aus dem Jahre 1814 (Abb. 1) „Das Gesicht bilden einige Leichen von den Hunderttausenden welche seine Ruhmsucht opferte“, wie es im Begleittext heißt. Abgebildet bei Eduard Fuchs, Die Karikatur der europäischen Völker vom Altertum bis zur Neuzeit, Berlin 19043, Beilage I, 172-173. (Für den Hinweis danke ich Karin Stempel, Marburg). Ein ähnlicher Wandel der Herrscherfigur zum Peiorativen scheint bei Goya in dem unten besprochenen Fall vorzuliegen.

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  6. Auf der Reproduktion des Titelblattes in der niederländischen Leviathan-Ausgabe von 1667 (verlegt bei Jacobus Wagenaar, Amsterdam) blickt der Monarch nach unten auf das beherrschte Land. Die Kolumnen der unteren Bildhälfte sind auf der linken Seite breiter als auf der rechten. Die Proportionen im ganzen stimmen entsprechend nicht mehr genau mit dem Original überein. Das gleiche gilt für den (größeren, daher häufig reproduzierten) Stich der englischen Ausgabe von 1750. Auf ihm ist z.B. das Motto über die Spitzen der Insignien hinausgerückt und wird nicht mehr von ihnen durchbrochen.

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  7. Vgl. Freeman a.a.O., bes. 24ff. Freeman zitiert aus der Blountschen Übersetzung von Henri Estienne, L’Art de faire les Devises, Paris 1645: „As if you consider a hat, as it is an instrument invented to keep off the sunne and raine, you consider it purely according to its nature; but if you take it for a figure of liberty, you suppose then that either God or man have already imposed this signification upon it“. Zur Leistung des „consider“ vgl. Anmerkung 9 meines Beitrags in diesem Band. (Estiennes Doppelbestimmung des Hutes erinnert stark an Aristoteles Bestimmung von Gebrauchs-und Tauschwert beim Schuh (Politik 1257a6-19)).

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  8. Vgl. dazu Vf. Rechtsverzicht und Herrschaft in Hobbes’ Staatsverträgen, in: Philosophisches Jahrbuch 1980.-Da einige Personen im corpus politicum knien, muß das Emblem den status civilis als status wiedergeben, nicht im Augenblick des Vertragsabschlusses, wie Corbett-Lightbown a.a.O. 224 annehmen: „The men who make up the body of Leviathan are portrayed in the person of the sovereign; those on either arm are moving forward...“. Diese Interpretation ist auch deswegen unhaltbar, weil die Kulturlandschaft den vollendeten status civilis zeigt und keine Spuren mehr auf den gerade zu überwindenden status naturalis schließen lassen. Die Figuren im Vordergrund sind wesentlich größer als die im Hintergrund; die Menge scheint auf einem Platz versammelt. In einer früheren Fassung des Blattes blicken gleich große Gesichter wie gotische Fratzen dem Betrachter entgegen (vgl. K. Brown a.a.O. 27). Die Druckfassung dagegen erinnert an Architektur-Konzeptionen des Barock, gemäß denen der Platz einer Menschenmenge das Teilstück eines Christus-Kosmos-Menschen bildete; vgl. dazu unten Anm. 32a.

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  9. Zur Tradition des Zwei-Körper-Motivs des Königs vgl. Ernst H. Kantorwicz, The King’s two Bodies, A Study in Medieval Political Theology, Princeton 1957, bes. 207-233 („Corpus Reipublicae mysticum“).

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  10. Vgl. dazu Michel Foucault, Überwachen und Strafen, Frankfurt 1976.

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  11. Corbett-Lightbown a.a.O. 222

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  12. Arthur Henkel, Albrecht Schöne, Emblemata. Handbuch zur Sinnbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Stuttgart 19782), Spalte 14 („Sonne und thronender Fürst“, „Sonne über der Erdkugel“). S.a. Kantorowicz a.a.O. 32ff; 415 Anm. 335.

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  13. Corbett-Lightbown a.a.O. 229: „A comparison with the portrait by J.B. Jaspers given to the Royal Society by John Aubrey and with the engraving after it by Hollar shows unmistakably that the face of Leviathan is that of Hobbes himself“. Zur Selbstdarstellung des Autors auf dem emblematischen Titelblatt einer staatspolitischen Schrift vgl. Hans Jakob Christoph Grimmelshausen, Simplicianischer Zweyköpffiger Ratio Status (1670) und die Interpretation von Manfred Koschlig, „Edler Herr von Grimmelshausen“. Neue Freunde zur Selbsdeutung des Dichters, in: Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft 4, 1960, 198–224. „Der Ratio-Status-Kupfer enthüllt bei eingehender Betrachtung eine Selbstdarstellung Grimmelshausens in Form einer ‚effigies ‘monstrosa“ (210). (Für den Hinweis danke ich Conrad Wiedemann, Gießen). Die auseinanderstrebenden Insignien auf dem Titelblatt Grimmeishausens stehen in einem signifikanten Gegensatz zur Konvergenz von Schwert und Bischofsstab bei Hobbes. — Während Corbett-Lightbown finden, daß der Spielkartenkönigskopf des Leviathan „shows unmistakably that the face of Leviathan is that of Hobbes himself“, immunisiert sich Keith Brown mit der gleichen Wendung gegen Kritik für einen andern Vorschlag: „None the less, the fact remains that it seems always to have been accepted that the face of Leviathan in the two genuine editions of 1651, though too hairy to be a precise photographic likeness, is unmistakably suggestive of the features of Oliver Cromwell“ (a.a.O. 32).

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  14. Nur auf zwei oder drei Straßen trifft dies zu. Mit der vermutlichen Anlehnung an Merian-stiche sucht das Titelblatt die historische Wirklichkeit und meidet alle Anklänge an eine Utopie. Die Radialanlage einer ganzen Stadt begegnet zuerst in den Entwürfen von Antonio Averlino, genannt Filarete; vgl. dazu Hermann Bauer, Kunst und Utopie. Studien über das Kunst-und Staatsdenken in der Renaissance, Berlin 1965, bes. 70-83, 98-99. (Hier muß, wie auch bei den meisten andern Literaturverweisen, ein exemplarischer Beleg genügen). In der Literatur zu Hobbes oder Hollar ist auf die Notwendigkeit, das Titelblatt des Leviathan nach außen hin zu überschreiten und mit unsichtbar-impliziten Linien zu dechiffrieren, nicht hingewiesen worden. Vielleicht hat William Hogarth die Verlängerbarkeit der Linien von Schwert und Bischofstab nach oben entdeckt, vgl. seine beiden wohl an Hobbes’ Emblem orientierten Blätter Crowns, Mitres, Maces, etc. von 1754, abgebildet bei Ronald Pauson, Hogarth’s Graphical Works, New Haven and London 1965, I, 224-226 und II, Abbildung 213 und 214. (Den Hinweis verdanke ich Herrn Andreas Haus, Marburg).

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  15. Zu dem durch Vitruv (De architectura III, 1) jedem Künstler bekannten Kanon des Polyklet vgl. Erwin Panofsky, Sinn und Deutung in der bildenden Kunst, Köln 1975, „Die Entwicklung der Proportionslehre als Abbild der Stilentwicklung“, 68-124, bes. 77-78 und 107-108. Der Aufsatz erschien zuerst in: Monatshefte für Kunstwissenschaft 14, 1921, 188-219. — Durch die Verbindung der Figur mit dem Namen „Thomas Hobbes“ wird die Auffassung von Corbett-Lightbown gestützt, das Fürstenbild stelle den Autor dar, vgl. Anmerkung 13. Ob die behauptete Portraitähnlichkeit vorliegt, kann ich nicht entscheiden.

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  16. Hiermit ist nicht gesagt, daß der Mensch im status naturalis notwendig Atheist ist, Hobbes spricht explizit von einer Gewissenspflicht vor Gott im Naturzustand. „The true God may be personated“ (XVI, Abs. 12), er muß es nicht — außerhalb des Staats.

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  17. Die Verwendung der Christus-Figur in der Ikonographie und Systematik von Hobbes ist vergleichbar mit der Rolle des Christus-Herakles-Motivs für das regnum hominis bei Francis Bacon; vgl. Reinhard Brandt, Francis Bacon: Die Idolenlehre, in: Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie der Neuzeit I, Göttingen 1979, 9-34 (12-13).

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  18. In der Figur des Vitruv (vgl. Anm. 15) bildet der Nabel das Zentrum; zu den Modifikationen vgl. bes. Leonardo da Vinci in der Ausgabe von Erwin Panofsky, The Codex Huygens and Leonardo da Vinci’s art theory, London 1940. Zur Tradition vor Leonardo s. das bei Otto von Simson, Die gotische Kathedrale. Beiträge zu ihrer Entstehung und Bedeutung, Darmstadt 1968, im Anhang (Abb. 2) abgebildete Federzeichnung der Luft als eines Elements in der kosmischen Harmonie (ca. 1200). Auch auf dem Titelemblem von Robert Fludds Utriusque Cosmi Maioris scilicet et Minoris Metaphysica, Physica atque Technica Historia..., Oppenheim 1617 (Abb. 3), wird der Kosmos-Mensch genital-zentrisch dargestellt. Das Werk ist zuerst Gott, dann in graphisch gleicher Form Jacobo Imperatoris Coelorum et Terrarum Ter Maximi... Ministro gewidmet; es folgt dann eine Emblematis in huius Tomi Primordio Luculentissima Explicatio.

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  19. Wer nach dem Leviathan-Motiv auf dem Titelblatt sucht, kann nicht umhin, auf folgenden Einfall zu kommen: Der Souverän ist der Herr über Leben und Tod. Das Wort „Leviathan“ im Titel wird durch die Mittelachse des Bildes in zwei Hälften getrennt: Levia / than. Than ist eindeutig thanatos, das griechische Wort für Tod. Auf der Gegenseite ergibt sich für Hollar und Hobbes, die in Paris leben, La vie, also: La vie / than = Leviathan, in der Fach-sprache ein Anagramma impurum. In Zedlers Universallexikon Band II, Halle und Leipzig 1732, Sp. 28 findet sich jedoch ein schön formulierter heilsamer Hinweis: „Wir halten davor, daß ein verwirrter Kopf, welcher sich durch höheres Nachdenken von seinem Fleisse bey der Nichtswürdigkeit der Sache nicht abhalten läßt, der beste Anagrammatist werden könne. Wer ein merkwürdiges Exempel eines solchen Kopffs sehen will...“.

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  20. Vgl. Herman L. Strack, Paul Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, München 1928, Bd. II, 780, IV, 884, 929, 1156. Die materialreichen Untersuchungen von Carl Schmitt, Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Sinn und Fehlschlag eines politischen Symbols, Hamburg 1938, stellen zwar die Gewichtigkeit der Leviathan-Tradition zur Schau, führen jedoch nach dem Zugeständnis von Schmitt selbst zu keinem konkreten Ergebnis bei Hobbes.

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  21. Vgl. Manfred Görg, Das Zelt der Begegnung. Untersuchungen zur Gestalt der sakralen Zelttradition Altisraels, Bonn 1967 (Bonner Biblische Beiträge 27); Gerhard von Rad, Zelt und Lade, in: Neue Kirchliche Zeitschrift 42, 1931, 476-498 (abgedruckt in: Gesammelte Schriften zum Alten Testament, München3 1965, 109-129. Eine ikonographisch verwandte Anlage findet sich auf einem englischen Holzschnitt des 15. Jhdts. (Abb. 4), der den Saturn darstellt (vfl. Erwin Panofsky, Studies in Iconology. Humanistic Themes in the Art of Renaissance, 1939 u.ö., in der Icon Edition Plate XXVII). Ein Langschwert stößt rechts in den Vordergrund vor (das Parallelstück also zu dem Bischofsstab auf dem Hobbesschen Emblem), links markiert eine Gerade die gleiche Linie im Hintergrund, die bei Hobbes durch das Schwert des homo magnus gebildet wird; die Anlage erzeugt eine stark perspektivische Wirkung. Es ergeben sich weitere Parallelen: der Oberkörper ist geschuppt bzw. gefiedert, er endet in der horizontalen Bildmitte; die Strebepfeiler des gotischen Gewölbes (darauf verweist Andreas Haus, mündlich) konvergieren außerhalb des Dargestellten wie die Linien von Schwert und Bischofsstab auf dem Titelemblem.

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  22. Zitiert nach der Ausgabe Rotterdam 1648.

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  23. Vgl. Christopher Hill, William Harvey and the Idea of Monarchy, in: Past and Present 27, 1964, 54–72. „The sovereignty of the heart was a medieval commonplace, deriving ultimately from Aristotle...“ (55); Aristoteles spricht zwar vom Herzen als der arche tes zoes (z.B. Perizoon morion 665a 12), aber er spielt weder mit kosmologischen noch poli-tisch-staats-rechtlichen Analogien. Vgl. weiter die sorgfältige Arbeit von Harry Schmidtgall, Zur Rezeption von Harveys Blutkreislaufmodell in der englischen Wirtschaftstheorie des 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zum Einfluß der Naturwissenschaften auf die Ökonomie, in: Sudhoffs Archiv 57, 1973, 416-430.

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  24. Vgl. Max Pohlenz, Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, Göttingen 19704, 87, 223 u.ö.

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  25. Vgl. Geoffrey Keynes, The Life of William Harvey, Oxford 1966, 387-390. Hobbes verweist auf die „Entdeckung“ des Blutkreislaufs durch Harvey („solus, quod sciam, qui doctrinam novam superata invidia vivens stabilivit“) im Widmungsschreiben von De corpore und IV, 25, 12 (ed. Molesworth, Opera Latina I, ohne Seitenangabe und 331).

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  26. Vgl. die Ausführungen Harveys im vorletzten Absatz des 15. Kapitels von De motu cordis. — Hobbes schreibt im zweiten Absatz von Kapitel XXIV im Leviathan: „As for the Plenty of Matter, it is a thing limited by Nature, to those commodities, which... God usually either freely giveth, or for labour selleth to mankind“. Nun ist diese letztere Formulierung zwar wiederum kein novum — in Xenophons Memorabilien II, 1, 20 wird das Diktum von Epicharm zitiert, die Götter verkauften uns alle Güter gegen Arbeit (vgl. Fragmente der Vorsokratiker, ed Diels-Kranz, Berlin 19568, I, 203) —, aber es ist vielleicht kein Zufall, daß Harvey 1641 in ein Album schrieb: „Dii laboribus omnia vendunt“ (nach Kenneth J. Franklin in der Einleitung von: William Harvey, The Circulation of Blood, London-New York 1963, V). Hobbes’ Antwort wäre dann: non omnia. — „In 1649, the year in which Charles I had been executed, Harvey explicitly and precisely renounced his earlier opinion: he dethroned the heart.’ I do not think, he wrote, that the heart is the framer of the blood; nor that the latter has force, virtue, motion or heat, as the gift of the heart... The blood delivers that heat which it has received to the heart, as likewise to all the rest of the parts of the body, as being the hottest of all (In the De Motu cordis Harvey had written. All things do depend upon the motional pulsation of the heart)... Harvey spoke no longer of the sovereignty of the heart, but of the prerogative and antiquity of the blood“ (Christopher Hill a.a.O.55). Ob Hobbes diese Entwicklung verfolgt hat und ob es eine seiner Absichten ist, den frühen Harvey gegen den späten zu verteidigen, wird kaum auszumachen sein.

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  27. Vgl. auch die mit Illustrationen versehene Übersetzung der Zehn Bücher über Architektur von J. Prestel, Straßburg 1912.

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  28. Marcus Vitruvius Pollio, Zehen Bücher von der Achitectur und künstlichem Bauen. Erstmals verteutscht durch Gualther Hermenius Rivius, Nürnberg 1548 (reprint Hildesheim-New York 1973), Doppelseite CLIII. Hans Kayser, Ein Harmonikaler Teilungs-Kanon, Zürich 1946, 25, bringt die „Augenscheinlich bezeichnus der rechten Stellung der Anconen des Ionischen Thürgestels“ in einen Zusammenhang mit dem Villardschen Bauhüttenbuch und dessen Proportionslehre. Vgl. auch vom gleichen Autor das Lehrbuch der Harmonik, Zürich 1950, bes. 100-112, 176-181, 213-214. Rudolf Wittkower, Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus, München 1969, bespricht die „Kirchentür“ im Zusammenhang mit Sebastian Serlio und bezeichnet sie als desssen Entwurf (102–103).

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  29. Vgl. Kritik der Urteilskraft (1790) § 59.

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  30. Es wird kaum möglich sein, die Verknüpfung von Nominalismus und Emblematik, wie sie sich im Fall von Hobbes nahelegt, zu verallgemeinern und eine Verbindung zwischen den beiden Bewegungen des Nominalismus und der Emblemkunst allgemein herzustellen. Die picta poesis der italienischen Renaissance entspringt einem platonisierenden Humanismus, vgl. A. Buck a.a.O. 328 ff.

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  31. S. dazu meinen Vergleich zwischen Hobbes und Kant, oben S. 154 ff. Ob die subjektivistische Raumtheorie von Hobbes für die Imagination des Gesamtentwurfs eine Rolle spielt, wird noch zu klären sein.

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  32. Sir Henry Wotton, The Elements of Architecture, collected... from the best Authors and Examples, London 1624, Nachdruck 1968 (nach dieser Angabe wird zitiert). Zu Wotton vgl. Logan Pearshall Smith in der Einleitung seiner Ausgabe von The Life and Letters of Sir Henry Wotton, Oxford 19072, 1966, I, 1-225, bes. 194-198; Johannes Dobai, Die Kunstliteratur des Klassizismus und der Romantik in England, Bern 1974-1977, I, 367-376. Hinweise auch bei R. Wittkower a.a.O. 115. Zum Phänomen der Synästhesie vgl. Ludwig Schrader, Sinne und Sinnesverknüpfungen (Studien und Materialien zur Vorgeschichte der Synästhesie...), Heidelberg 1969.

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  33. Vgl. die Skizzen, die Timothy K. Kitao, Circle and Oval in the Square of Saint Peter’s. Bernini’s Art of Planning, New York 1974 Fig. 40 als „counterproject of 1659“ abbildet (Abb. 5). Ich folge einem Hinweis von Andreas Haus, Marburg; vgl. dessen Arbeit Piazza S. Pietro — Concetto e Forma, die demnächst in den Akten des Bernini-Kongresses, Rom 1981, erscheint. Es ist für die Analogie von Petersplatz und Leviathan-Emblem nicht unwichtig, daß die Größe der Figuren, die das Hobbessche corpus civile et ecclesiasticum bilden, keine symbolische Bedeutung hat, sondern den Gesetzen der Perspektive des Versammlungs-Platzes folgt (vgl. Anm. 8). Im rechten Arm (vom Beschauer links) knien Personen, damit wird akzentuiert, daß der Leviathan der Leib Christi ist, der Körper der Kirche; die im Kult vereinten Bürger sind ausgerichtet in Körperhaltung und Aufmerksamkeit auf den Kopf, den sie selbst nicht mehr bilden (wie die Menge auf dem Petersplatz zum Petersdom gewendet ist, der auf den Entwürfen den Kopf des homo magnus bildet). Die Tatsache, daß die Versammelten Hüte tragen, dürfte nicht den Brauch von Sekten indizieren — die Quäker trugen im Gotteshaus Hüte —, sondern darauf verweisen, daß die Menge sich unter freiem Himmel vereint hat.

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  34. Der Text ist zugänglich in der Ausgabe der Critical Essays of the XVII Century von J.E. Spingarn, Bloomington und London 31968, II, 54-67. Die Seitenangaben bei den folgenden Zitaten beziehen sich auf diese Ausgabe.

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  35. Zur Tradition der drei Dichtungsmodi und ihren Variationen und Anwendungen in den verschiedenen Künsten vgl. Jan Bialostocki, Das Modusproblem in den bildenden Künsten. Zur Vorgeschichte und zum Nachleben des „Modusbriefes“ von Nicolas Poussin, u.a. in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 24, 1961.

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  36. Zu diesem Komplex vgl. das umfassende Material in der Arbeit von Alexander Perrig, Leonardo: Die Anatomie der Erde (erscheint im Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 1980).

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  37. Samuel Mintz, The Hunting of Leviathan, Cambridge 1969, VII.

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  38. John Locke, Two Treatises of Government (1690), II, § 172, ed. Peter Laslett, Cambridge 19702, 401, vgl. 95. Vgl. auch die Interpretation von Hanna Hohl im Ausstellungskatalog Goya. Das Zeitalter der Revolutionen 1789–1830 (Hamburger Kunsthalle), München 1980, 264: „Er (sc. der sitzende Koloß) ist eine dämonische Urkraft zwischen Erde und Gottheit, ein Rebell gegen alle Ordnung und somit Symbol der Bedrohung für den Menschen“.

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  39. Jean-Jacques Rousseau, Du contrat social (1762) I, 2; Oeuvres complètes de Jean-Jacques Rousseau III, Paris 1964, 353.

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  40. Du contrat social I, 4 (a.a.O. 355).

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  41. Aristoteles, Politik I, 1253a 1–6. Das Homerzitat stammt aus der Ilias 9, 63.

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  42. „When Goya had it in his own house it appears to have been called El Gigante or, a least, it was listed with this title in the inventory made of the artist’s property in 1812. Sometimes nowadays it is known as El Pánico as well as El Coloso“, Nigel Glendinning, Goya and Arriaza’s Profecia del Pirineo, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 26, 1963, 363-366 (363). — Martin Warnke (Hamburg) ermutigte mich, der Idee einer Verbindung des Bildes von Goya mit dem Hobbesschen Emblem näher nachzugehen.

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  43. Das Motiv der Lichtfeindlichkeit verbindet das hier besprochene Bild mit der Goyaschen Radierung eines sitzenden Kolosses. Wilhelm Fränger beschreibt diese Radierung in folgender Weise: „Ein Nachtriese hat sich über einem weiten Hügel, zu dessen Füßen Dörfer und Gehöfte da und dort verstreut liegen, im Dunkel niedergelassen. Da überrascht ihn der Tag, dessen erste Sonne ‚das Gebirge seines Rückens ‘trifft. Er dreht das schwarze Haupt und blinzelt dem Frühlichte zu, dem er nicht zeitig genug entkam“ (in: Carl Neumann, Drei merkwürdige künstlerische Anregungen bei Runge, Manet, Goya. Mit einem Beitrag von Wilhelm Fränger, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philos-hist. Klasse, Jahrgang 1916, Heidelberg 1916, 14) 22a.

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  44. Daß Goya emblematische Vorlagen benutzte, zeigt die Arbeit von George Levitine, Some Emblematic Sources of Goya, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 22, 1959, 106–131

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  45. jetzt auch in deutscher Übersetzung in: Emblem und Emblematikrezeption. Vergleichende Studien zur Wirkungsgeschichte vom 16. bis 20. Jahrhundert, hrg. von S. Penkert, Darmstadt 1978, 286-333. Vgl. auch Folke Nordström, Goya, Saturn and Melancholy. Studies in the Art of Goya, Stockholm etc., 1962, passim.

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  46. S. Anm. 41.

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  47. Zitiert nach: Biblioteca de Autores Españoles, Bd. 67, Madrid 1875, 69. — Zur literarischen Tradition des Giganten vgl. auch Leonardo da Vinci, Il Gigante: „Caro Benedetto Dei, per darti nuove dele cose qua di Levante, sappi come del mese di giugno è apparito un gigante che vien die la diserta Libia... La nera faccia sul primo oggetto è molto orriblile e spaventosa a riguardare, e massime ringrottati e rossi occhi. Posti sotto le paurose e scure ciglia, da fare rannuolare il tempo e tremare la terra. E credimi che non è si fiero omo che dove voltava li infocati occi, che volontieri non mettessi alie per fuggire...“ (zitiert nach: Leonardo da Vinci, Scritti Letterari, Milano 1952, 187-188).

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  48. In der französischen Übersetzung des Werkes von José Gudiol, Goya 1746–1828. Biographie, Analyse Critique et Catalogue des Peintures. Traduit de l’Espagnol par Lionel Mirisch, Paris 1970, heißt es zu „Le Colosse“: „Cette peinture, principalement á cause de son sujet, est une des plus connues de Goya... Sa valeur mythologique, sa signification incompréhensible, et l’atmosphère dramatique qui l’imprègne... produisent un choc profond dans l’esprit des spectateurs... Son sujet, selon M. Nigel Glendinning, a pu être inspiré par un poème de Juan Bautista Arriaza... Un fait peut nous amener à admettre cette hypothèse: dans le tableau de Goya, les longues caravanes d’hommes qui fuient, affolés, au premier plan en bas, ne sont pas pourchassés par le colosse qui, presque de dos, semble plutôt faire face à des poursuivants“ (I, 318). Aber Glendinning spricht von keiner Flucht, sondern von einer schon geschehenen Verwüstung, wie sie im Gedicht von Arriaza beschrieben wird. Und wie paßt „Sa valeur mythologique, sa signification incompréhensible“ zu der in ihrer Intention eindeutigen und zeitgeschichtlichen Interpretation von Glendinning? Tatsächlich ist hier in den ursprünglichen Text von Gudiol die Interpretation von Glendinning eingeschoben worden. In der spanischen Fassung Goya 1746–1828. Biografia, Estudio Analitico y Catálogo de sus Pinturas por José Gudiol, Barcelona 1970, I, 162-163, heißt es nur: „De impronta mitolôgica, impresiona (sc. das Bild) por sus calidades pictôricas y tambien por la sombria grandiosidad del tema. Représenta a una multitud, compuesta por multiples caravanas de gentes, carros y ganado, que huye aterrorizada ante la presencia de un gigante desnudo que surge en el horizonte envuelto en brumas“ (162). Die Tendenz der Interpretation von Glendinning wird — auch ohne Rekurs auf Arriaza — vorweggenommen von F.D. Klingender, Goya in the Democratic Tradition, London 1948; er schreibt: „The giant makes a gesture of defiance; confidence and power are the dominant moods of this picture“ und kurz darauf: „Lastly, we must note a variant of this theme (sc. des Gianten) in which the people are no longer represented by a gigantic human form but by a beast“ (208). Der Gigant repräsentiert also den guten Volksgeist.

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  49. Besonders bekannt wurde die noch heute blind bewunderte Publikation von Carl Schmitt über den Leviathan in der Staatslehre von Hobbes (s. Anm. 19). Schmitt verweist auf Helmut Schelsky, Die Totalität des Staates bei Hobbes, in: Archiv für Rechts-und Sozialphilosophie 31, 1938, 176-201, der nach Schmitt „von deutscher Seite“ dem „jüdischen Gelehrten Leo Strauß“ antwortete (a.a.O. 20-22). — Das Blatt von Hans Liska (Abb. 7) erschien in der Berliner Illustrierten Zeitung vom 20. April 1939. Zum Kontext vgl. in Kürze Klaus Wolbert, Die Nackten und die Toten des deutschen Faschismus. Gehalt und Funktion der nackten Gestalt in der Plastik des Dritten Reiches, Dissertation Marburg 1980.

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Brandt, R. (1982). Das Titelblatt des Leviathan und Goyas El Gigante . In: Bermbach, U., Kodalle, KM. (eds) Furcht und Freiheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94334-7_15

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