Zusammenfassung
Die Wissenschaften oder − falls eine Einheit oder Einheitlichkeit ihrer einmal angenommen werden darf − die Wissenschaft ist zweifellos ein überaus komplexer Forschungsgegenstand. Daher scheint man nicht übel beraten zu sein, wenn man die Wissenschaftsforschung als ein interdisziplinäres Unternehmen konzipiert. Es liegt in der Natur interdisziplinärer Arbeit, daß keine der zur Kooperation antretenden Disziplinen ohne weiteres den gemeinsamen Arbeitsplan von sich aus für alle anderen mit entwerfen oder gar diktieren kann. Eine allgemeine Umschau und Reflexion über das geplante Unternehmen wird daher schon zu Beginn nötig, so vorläufig sie auch ausfallen mag. Dergleichen jedoch hat seit jeher als eine philosophische Aufgabe gegolten, deren Erledigung heute in der Zeit der fachwissenschaftlichen Spezialisierung mehr noch als früher auch institutionell von den Vertretern der Philosophie erwartet wird. So mag es nützlich sein, sich einige philosophische Aspekte der Wissenschaftsforschung zurechtzulegen.
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Anmerkungen
Siehe z.B. u.a. Gerald Eberlein, Wissenschaftstheorie oder Wissenschaftsforschung? Wider eine Dogmatisierung wissenschaftlichen Handelns. Vortrag, Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Kassel, November 1974.
Diesen Terminus entleihe ich aus der Arbeit von W. van den Daele und P. Weingart, Resistenz und Rezeptivität der Wissenschaft — zu den Entstehungsbedingungen neuer Disziplinen durch wissenschaftspolitische Steuerung, in: Zeitschrift für Soziologie 1975, Nr. 2.
Zu diesem Beispiel vergleiche man: Frances A. Yates, The Hermetic Tradition in Renaissance Science, in: Art, Science, and History in the Renaissance (Hrsg.) C. S. Singleton, und: ders., Giordano Bruno and the Hermetic Tradition, Chicago 1964; samt der kritischen Reaktion, z.B. bei: Mary Hesse, Hermeticism and Historiography — An Apology for the Internal History of Science, Minnesota-Studies in the Philosophy of Science, vol. V (Hrsg.) R. Stuewer, Minneapolis 1970, SS. 134–160.
Robert K. Merton, The Matthew Effect in Science, in: Science 159 (1968), S. 56–63. Auf die Einzelheiten und die weitere Entwicklung des ursprünglichen Ansatzes kann ich hier nicht eingehen; etwa auf S. Cole, Professional Standing and the Reception of Scientific Discoveries, in: American J. of Sociology 76 (1970), S. 286–306, dt. in P. Weingart (Hrsg.), Wissenschaftssoziologie Bd. I, Frankfurt 1972. Worauf es mir ankommt, ist der Umstand, daß jede sozial bedingte Beeinflussung der Anerkennung wissenschaftlicher Arbeiten gegen eine rein wissenschaftlich gebotene Anerkennung als Norm abgehoben werden muß. So sieht sich Cole z.B. genötigt, zwischen „Spitzenarbeiten“ und „weniger guten” Arbeiten zu differenzieren.
Thomas S. Kuhn, The Structure of Scientific Revolutions, 2. Aufl. mit Postscript 1969, Chicago 1970; dt. Frankfurt 1968, Postscript in: P. Weingart (Hrsg.), s. Anm. 7. Man vgl. für den hier betonten Aspekt auch, Alan Musgrave, Kuhn’s Second Thoughts, in: British J. for the Philosophy of Science 22 (1971), S. 287–297.
G. Böhme, W. van den Daele, W. Krohn, Alternativen in der Wissenschaft, in: Zeitschrift für Soziologie, 1 (1972), S. 302–316.
Imre Lakatos, Falsification and the Methodology of Scientific Research Programmes, in: Criticism and the Growth of Knowledge, (Hrsg.) I. Lakatos und A. Musgrave, Cambridge Univ. Press 1970, dt. Braunschweig 1974.
Clark N. Glymour: Philosophy of Science 37 (1970), S. 340–353; Erhard Scheibe. Die Erklärung der Keplerschen Gesetze durch Newtons Gravitationsgesetz, in: Einheit und Vielheit, Festschrift für Carl Friedrich von Weizsäcker, hrsg. von E. Scheibe und G. Süssmann, Göttingen 1973, S. 98–118; den., The Approximative Explanation and the Development of Physics, in: Logic, Methodology and Philosophy of Science IV (Hrsg.) P. Suppes et al., Amsterdam 1973, SS. 931–942.
Als ausgewählte Beispiele seien zur Illustration für den näher Interessierten außer den in Anmerkung 13 genannten Arbeiten erwähnt: J. G. Kemeny and P. Oppenheim, On Reduction, in: Philosophical Studies 1 (1956), S. 6–19; E. Nagel, The Structure of Science, New York 1961, Kap. 11; M. Bunge, Problems Concerning Intertheory Relations, in: Induction Physics and Ethics (Hrsg.) P. Weingartner und G. Zecha, Dordrecht/Holland 1970. Den erkenntnistheoretischen Hintergrund und die Bedeutung intertheoretischer Relationen für eine rationale Analyse der Wissenschaftsgeschichte habe ich zu skizzieren versucht in: Wissenschaftliche Revolutionen und Kontinuität der Erfahrung, in: Neue Hefte für Philosophie, hrg. R. Bubner, K. Cramer, R. Wiehl, Heft 6/7: Tendenzen der Wissenschaftstheorie, Göttingen 1974, S. 1–26.
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Krüger, L. (1975). Philosophische Aspekte der Wissenschaftsforschung. In: Stehr, N., König, R. (eds) Wissenschaftssoziologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94332-3_24
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