Zusammenfassung
Über die erste Komödie von Jakob Michael Reinhold Lenz handelt die folgende Untersuchung, den Verwundeten Bräutigam. Es ist sein erstes uns erhaltenes Drama überhaupt; Lenz schrieb es 1766 als 15jähriger Lateinschüler. Das Interesse an dem Stück kann mehrere Gründe anführen: Wir fragen etwa, ob es wesentlich Lenzische Motive oder Strukturen zeigt, die später, vielleicht entwickelt und verändert, wiederkehren. Dabei bliebe noch zu entscheiden, ob das Stück nur einen vorläufigen Charakter hat oder ob es in sich selbst achtenswert ist. Wir könnten ferner fragen — die Frage bleibt hier aus dem Spiel -, wie Lenzens Komödienkunst, wie vor allem seine Komödiensprache vor der Einwirkung der Plautusübersetzungen beschaffen war. Vor allem haben wir Grund, uns zu wundern, daß ein 15jähriger solch ein Stück zuwege bringt. Das frühe Gelingen erstaunt; wenn es nur Nachahmung von Vorbildern wäre, ließe es sich leichter erklären. Nun zeigt aber die Auslegung, daß der Anfang, der zunächst nur durch das Datum ausgewiesen ist, auch ein innerer Anfang ist und wesentliche spätere Themen vorwegnimmt. Dies ist nicht zu erwarten: die Erweiterung und gründliche Veränderung der kindlichen Denkweise in der Jugend wäre eher wahrscheinlich.1 Und eine Gelegenheitsdichtung — denn das ist das Stück — bringt gewöhnlich nicht die tiefsten Gedanken zum Vorschein.
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Anmerkungen
K. L. Blum druckt im Anhang seines Büchleins, worin er 1845 das Manuskript des Verwundeten Bräutigams zum erstenmal veröffentlichte, ein Gedicht von dreizehn Strophen ab, offenbar ein Hochzeitsgedicht, worin derselbe Vorfall, der Stoff des Dramas wurde, behandelt und theologisch gedeutet wird. An einzelnen Stellen gibt es auffällige Übereinstimmungen, etwa dort, wo Gott am Ende des Unglücks ein „Genug versucht“ spricht. Der Verfasser des Gedichts ist nicht genannt: es dürfte sich um einen poetisch versierten, aufgeklärten Theologen wie etwa August Wilhelm Hupel gehandelt haben. Auf solche Deutungen konnte Lenz also bauen. Vgl. Der verwundete Bräutigam. Von J. M. R. Lenz, hg. von K. L. Blum (Berlin, 1845 ), S. 70–72.
Sangrado. Eine Schutzschrift wider Irrtümer und Augenschwächen,in J. M. R. Lenz, Gesammelte Schriften,hg. von Franz Blei (München 1910), IV, 303.
Etwa von Garlieb Merkel in seinem Buch Die Letten vorzüglich in Liefland am Ende des philosophischen Jahrhunderts,das 1797 in Leipzig erschien, oder von Seume in seinem Reisebericht Mein Sommer 1805. Daß dies keine unparteilichen Zeugen sind, versteht sich.
Vgl. Hubertus Neuschäffer, „Der livländische Pastor und Kameralist Johann Georg Eisen von Schwarzenberg. Ein deutscher Vertreter der Aufklärung in Rußland zu Beginn der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts,“ in Rußland und Deutschland,hg. von Uwe Liszkowski, Kieler Historische Studien, 22 (Stuttgart, 1974). Ferner: Julius Eckardt, Livland im achtzehnten Jahrhundert (Leipzig, 1876) und die einschlägigen Darstellungen der russischen Geschichte im 18. Jahrhundert.
Die „Schauervolle und süß tönende Abschiedsode“ (III, 176–181), die Lenz 1776 zum Abschied von Straßburg dichtet, besteht, wie der Titel ankündigt, wirklich aus drei Teilen, die wie die drei Sätze eines Musikstücks aus verschiedenen Tempi und verschiedenen Stimmungen komponiert sind: „bestehend aus einem Allegro, einer Andante und einem Presto” (III, 176).
Vgl. etwa Konrad Gaiser, „Zur Eigenart der römischen Komödie. Plautus und Terenz gegenüber ihren griechischen Vorbildern,“ in Aufstieg und Niedergang der römischen Welt,hg. von H. Temporini, Bd. I, 2 (Berlin, 1972), 1027ff.; Verf., „Kontur der Neuen Komödie,” Abhandlungen aus der Pädagogischen Hochschule Berlin,7 (Berlin, 1980), 233ff.
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Menz, E. (1994). Der verwundete Bräutigam. Über den Anfang von Lenzens Komödienkunst. In: Hill, D. (eds) Jakob Michael Reinhold Lenz. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94235-7_8
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