Zusammenfassung
Ich möchte mit einem Lob der Mitte beginnen. Mitte wird, gerade in aufgeklärten Kreisen, meist mit Negativem in Verbindung gebracht. Schon sprachlich scheint es ein ganz kurzer Weg von „Mitte“ zu „Mittelmaß“ zu sein, und so gehen die fortschrittlich sich dünkenden Assoziationen dann weiter: Die Mitte ist nicht Fleisch und nicht Fisch, sie ist der Ort der Bequemen, der Lauen, all derer also, die die Anstrengung der Zivilcourage meiden und sich am liebsten dort aufhalten, wo die große Zahl der Vielen Sicherheit, Unerkanntheit und das warme Gefühl einer subjektlosen Geborgenheit verspricht. Dahinter verbirgt sich, denke ich, die gefährliche, zumindest aber höchst problematische Überzeugung, das eher Extreme habe ein Monopol auf Wahrheit, Aufrichtigkeit und Bürgersinn. Ich sage das gerade auch an die Adresse jener großen Zahl von Intellektuellen, die für Mitte und Normalität nur Verachtung übrig haben. Um ein Beispiel zu nehmen, das gerade eben wieder Aktualität bekommen hat: Es ist immer — der frühe Hans Magnus Enzensberger war ein Meister in diesem von Koketterie nicht freien Fach — billig und leicht gewesen, die mickrige und kleinkarierte Bonner Republik (samt der Stadt übrigens, der sie den Namen verdankt) dem Hohn und dem Spott auszusetzen.
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Schmid, T. (1992). Die prekäre Mitte. In: Guggenberger, B., Hansen, K. (eds) Die Mitte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94225-8_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-94225-8_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12390-5
Online ISBN: 978-3-322-94225-8
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