Zusammenfassung
Viel halten wir nicht von uns. Unbescheiden sind wir allenfalls im Singular. Der Plural der Majestät liegt uns fern. Den der Geringschätzigkeit haben wir uns angewöhnt: pluralis vilitatis. Als Gemeinwesen sind wir zur Eigenliebe nicht aufgelegt. Nur die Werbung patscht sich noch auf die Brust. Da kann die Propaganda der Parteien kaum mithalten; sie traut ihren eigenen Ohren nicht, wenn sie sich reden hört. Das Selbstlob der Politiker wirkt nur noch unfreiwillig: als Peinlichkeit.
Das Mittelmaß, -es, Me. -e. Dasjenige Verhältniß, da weder auf der einen Seite zu viel irgend einer Art noch auf der andern zu wenig ist oder geschiehet, das rechte Maß, welches von einem zu hohen oder geringen Grade gleich weit entfernt ist. „Dadurch wird das selige Mittelmaß der Glücksgüter erhalten.“ Ebeling. Dann wohl auch für Mittelmäßigkeit.
Campe (1809)
„Was ist denn aber an Genies gelegen?“ Desto mehr liegt uns an brauchbaren Männern. Zu diesen wird eine glückliche Temperatur von Gaben und Geschicklichkeiten erfordert: eine gewisse Mittelmäßigkeit, die sich nicht zu Genies und Geistschöpfern hebet und nicht zu dummen Dorf teufein herabsinket: eine mittlere Größe, die eben den Punkt der Nutzbarkeit trifft.
Herder (1767)
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© 1992 Springer Fachmedien Wiesbaden
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Enzensberger, H.M. (1992). Mittelmaß und Wahn. In: Guggenberger, B., Hansen, K. (eds) Die Mitte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94225-8_12
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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