Zusammenfassung
Das Gesundheitswesen der Bundesrepublik gehört zu jenen Politikfeldern, die sowohl den Regierungswechsel von 1969 wie auch den von 1982 ohne tiefgreifende Kontinuitätsbrüche überstanden hat. Institutionell orientierte Untersuchungen haben vielfältige Belege dafür geliefert, daß die ausgeprägte Strukturkonstanz in engem Zusammenhang steht mit den etablierten Regeln des gesundheitspolitischen EntScheidungsprozesses, den sektoralen Verflechtungen organisierter Interessen und Parteien mit dem Gesundheitswesen sowie den begrenzten staatlichen Autoritätsreserven (Webber 1988; Döhler 1990). Das Interesse dieser Analysen galt jeweils der Frage, warum Reformvorhaben und Steuerungsabsichten nichtdurchgesetzt werden konnten. Da sich der Nachweis gescheiterter Reformversuche auf strategisch durchaus unterschiedlich gelagerte Fälle bezieht, liegt der Schluß einer generellen „Reformblockade“ nahe (Rosewitz/Webber 1990; Mayntz 1990). Bei einem Vergleich zwischen der sozialliberalen und der christlich-liberalen Koalition fällt aber nicht nur das Ausbleiben von Strukturreformen auf, sondern gravierender noch erscheint, daß hier zwei Regierungen mit anfänglich konträrer Reformprogrammatik zu einer in wesentlichen Zügen deckungsgleichen gesundheitspolitischen Steuerungstechnik fanden. Diese Beobachtung rechtfertigt eine Umkehrung der sonst üblichen Problemsicht.
Für Kritik und Verbesserungsvorschläge danke ich meinen Kollegen Jens Alber, Philip Manow-Borgwardt und Raymund Werle.
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Döhler, M. (1991). Strukturpolitik versus Ordnungspolitik. In: Blanke, B., Wollmann, H. (eds) Die alte Bundesrepublik. Leviathan. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94192-3_26
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