Zusammenfassung
In der Einführung zu einem jüngst erschienenen Sammelwerk, das gleichermaßen “Bilanz und Perspektiven” zu vermitteln beansprucht, wird von Berg-Schlosser/Schissler der “Wahlforschung als einem Kernbereich Politischer Kultur demokratisch verfaßter Systeme”1 ein hoher Stellenwert beigemessen. Allerdings entspricht diesem übergreifenden Urteil lediglich im Bereich aktueller Wahlanalysen, die auf Umfragedaten gegründet sind, eine beträchtliche Anzahl von durchgeführten Studien. Wenngleich davon auszugehen ist, daß auch mit dem Instrumentarium der “historisch-politischen Wahlforschung” eine “Untersuchung politischer Wertvorstellungen in ihrer Genese, Wirksamkeit und Bedingtheit im Rahmen weiterer kontextueller Faktoren”2 möglich ist, sind Wahlkämpfe der Weimarer Republik bislang kaum Gegenstand einer qualitativen Interpretation geworden, während für das Kaiserreichs bereits einige Ergebnisse vorliegen.3
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Literatur
D. Berg-Schlosser/J. Schissler (Hrsg.), Politische Kultur in Deutschland. Bilanz und Perspektiven der Forschung, Opladen 1987, S. 18.
Stefan Immerfall/Peter Steinbach: Politisierung und Nationalisierung deutscher Regionen im Kaiserreich. In: Berg-Schlosser/Schissler (Hrsg.), Politische Kultur, S. 68.
Vgl. den Überblick von P. Steinbach: Stand und Methode der historischen Wahlforschung. Bemerkungen zur interdisziplinären Kooperation von moderner Sozialgeschichte und den politisch-historischen Sozialwissenschaften am Beispiel der Reichs-tagswahlen im deutschen Kaiserreich. In: H. Kaelble u.a.: Probleme der Modernisierung in Deutschland. Sozialhistorische Studien zum 19. und 20. Jahrhundert, Opladen 1978, S. 171–234;
ferner O. Busch u.a. (Hrsg.): Wählerbewegungen in der deutschen Geschiente. Analysen und Berichte zu den Reichstagswahlen 1871–1933, Berlin 1978.
D. Lehnert/K. Megerle: Identitäts- und Konsensprobleme in einer fragmentierten Gesellschaft. Zur Politischen Kultur in der Weimarer Republik. In: Berg-Schlosser/Schissler (Hrsg.), Politische Kultur, S. 90.
Die Auswahl der Tageszeitungen erfolgte unter dem Gesichtspunkt der größten richtungspolitischen Repräsentativität für die einzelnen Teilkulturen. Der “Vorwärts” als Zentralorgan der SPD, ferner “Die Rote Fahne” (RF) als jenes der KPD bedürfen in dieser Hinsicht wohl keiner näheren Begründung. Für die DDP-Publizistik wurde die “Vossische Zeitung” (VZ) ausgewählt, da einerseits das “Berliner Tage” vielfach mehr den Unken Flügel der Demokraten mit Übergangsbereichen zu linksintellektuellen Autoren verkörperte, während andererseits der “Frankfurter Zeitung” die wechselseitige Bezugnahme der Hauptstadtpresse teilweise fehlte. Als traditionsreiches Organ des agrar-konservativen Flügels der DNVP darf die “Neue Preußische Zeitung” (NPZ) gelten, während “Der Tag” 1924 noch die “modernere” Rechte im städtischen Bürgertum ansprach. Angesichts der Verbotszeit des “Völkischen Beobachters” und der damals sehr ausgeprägten regionalen Schwerpunkte der NSDAP in Bayern wurde das in Nürnberg erscheinende Kampfblatt “Der Stürmer” herangezogen. Für die Zentrumspartei ist die “Germania” das einflußreichste Blatt, gefolgt von der “Kölnischen Volkszeitung” (KVZ). Da zudem die “Kölnische Zeitung” (KZt), das bedeutendste Organ des Stresemann-Flü-gels der DVP war, wurde zur Kontrolle möglicher Regionaleffekte auch noch die “Rheinische Zeitung” (RZ) der SPD in Köln durchgesehen, was jedoch keine erwähnenswerten Nuancierungen dieser politischen Teilkulturen zutage förderte. Indem die Abgrenzung zwischen der antirepublikanischen Rechten und dem “Vernunftsrepublika-nismus” der rechten Mitte eine wesentliche Fragestellung der Studie im Hinblick auf sich abzeichnende Mehrheitskonstellationen ist, kann die Heranziehung der in den Besitz des Stinnes-Konzerns überführten “Deutschen Allgemeinen Zeitung” (DAZ) sowie der “Rheinisch-Westfälischen Zeitung” (RWZ) — als mindestens ebenso stark der alldeutschen Tradition des rechten Nationalliberalismus wie der Großindustrie verbundenes Blatt — den Übergangsbereich von DVP und DNVP in beiden regionalen Einzugsgebieten beleuchten. Wenn im Text nach Zitaten lediglich ein Datum ausgeführt ist, so bezieht sich dieses stets auf die zuletzt genannte Zeitung. Aufgrund der thematisch bedingten Vielzahl von Textauszügen der verwendeten Zeitungen hätte ein landläufiges Belegsystem mit Einzelauswertungen zu einer unübersichtlichen Trennung von Aussage und Herkunft der Quellen geführt.
Vgl. die Daten bei J. Falter u.a.: Wahlen und Abstimmungen in der Weimarer Republik. Materialien zum Wahlverhalten 1919–1933, München 1986, S. 44 und 51.
Vgl. das Urteil von E. Kolb: Die Weimarer Republik, München 1984, S. 48ff.
Vgl. dazu G. D. Feldmann/H. Homburg: Industrie und Inflation. Studien und Dokumente zur Politik der deutschen Unternehmer 1916–1923, S. 126.
Dies zeigt R. Morsey: Die Deutsche Zentrumspartei 1917–1923, Düsseldorf 1966, S. 533f.
Zu dieser Entwicklungsphase vgl. R. Thimme: Stresemann und die Deutsche Volkspartei 1923–1925, Lübeck 1961.
Vgl. die Hinweise bei W. T. Angress: Die Kampfzeit der KPD 1921–1923, Düsseldorf 1973, S. 363.
Ebd., S. 373.
Vgl. ebd., S. 375f.
Vgl. die Darstellung von H. A. Winkler: Von der Revolution zur Stabilisierung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 bis 1924, Berlin/Bonn 1984, S. 622ff.
Vgl. dazu W. Maser: Der Sturm auf die Republik. Frühgeschichte der NSDAP, Stuttgart 1973, S. 423f.
Zum Ereignisverlauf vgl. ebd., S. 444ff.
Darauf verweist mit publizistischen Belegen z.B. A. Kruck: Geschichte des Alldeutschen Verbandes 1890–1939, Wiesbaden 1954, S. 167.
Zu diesem Problemkreis vgl. F. L. Carsten: Reichswehr und Politik 1918–1933, Köln 1964.
Vgl. A. Kastning: Die Deutsche Sozialdemokratie zwischen Koalition und Opposition 1919–1923, Pderborn 1970, S. 122.
Vgl. die Analyse von Winkler, Revolution, S. 628ff.
B. Weisbrod: Schwerindustrie in der Weimarer Republik. Interessenpolitik zwischen Stabilisierung und Krise, Wuppertal 1978, S. 145.
Vgl. die Studie von H. Timm: Die deutsche Sozialpolitik und der Bruch der großen Koalition im März 1930, Düsseldorf 1952.
A. Rosenberg: Geschichte der Weimarer Republik, Frankfurt 1973, S. 136.
Vgl. dazu Kastning, Sozialdemokratie, S. 135f.
Vgl. den Hinweis bei M. Stürmer: Koalition und Opposition in der Weimarer Republik 1924–1928, Düsseldorf 1967, S. 34.
Ebd.. 30.
Rosenberg, Geschichte, S. 154f.
Vgl. O. Büsch/G. D. Feldman (Hrsg.), Historische Prozesse der deutschen Inflation 1914–1924, Berlin 1978;
Carl-Ludwig Holtfrerich, Die deutsche Inflation 1914–1923. Ursachen und Wirkungen in internationaler Perspektive, Berlin 1980;
G. D. Feldman u.a. (Hrsg): Die deutsche Inflation. Eine Zwischenbilanz, Berlin 1982.
Vgl. die Analyse von H. Winkler: Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus. Die politische Entwicklung von Handwerk und Kleinhandel in der Weimarer Republik, Köln 1972, S. 76ff.
Vgl. ebd., S. 129.
Vgl. die statistischen Angaben von L. Döhn: Politik und Interesse. Die Interessenstruktur der Deutschen Volkspartei, Meisenheim 1970, S. 127.
Vgl. ebd., S. 79.
Vgl. ebd., S. 116.
Vgl. die Hinweise bei H.-J. Puhle: Politische Agrarbewegungen in kapitalistischen Industriegesellschaften. Deutschland, USA und Frankreich im 20. Jahrhundert, Göttingen 1975, S. 83.
Darauf verweist D. Gessner: Agrarverbände in der Weimarer Republik. Wirtschaftliche und soziale Voraussetzungen agrarkonservativer Politik vor 1933, Düsseldorf 1976, S. 21.
Vgl. die Darstellung von M. Schumacher: Land und Politik. Eine Untersuchung über politische Parteien und agrarische Interessen 1914–1923, Düsseldorf 1978, S. 271ff.
Vgl. ebd., S. 452.
Vgl. ebd., S. 492: ferner J. Flemming: Landwirtschaftliche Interessen und Demokratie. Ländliche Gesellschaft, Agrarverbände und Staat 1890–1925, Bonn 1978.
Zu diesem Verband vgl. die Studie von V. R. Berghahn: Der Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten 1918–1935, Düsseldorf 1966.
Vgl. zu diesen finanzpolitischen Beschlüssen die Hinweise von K.-D. Krohn: Stabilisierung und ökonomische Interessen. Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches 1923–1927, Düsseldorf 1974, S. 36ff.;
A. Kunz: Stand versus Klasse: Beamtenschaft und Gewerkschaften im Konflikt um den Personalabbau 1923/24. In: Geschichte und Gesellschaft, 8 (1982), S. 55–82.
Vgl. Krohn, Stabilisierung, S. 53.
Diese bemerkenswerte Zahl nennt W. Liebe: Die Deutschnationale Volkspartei 1918–1924, Düsseldorf 1956, S. 33.
Gemania Nr. 85 v. 15. März 1924; KVZ Nr. 201 v. 15. März 1924.
Vorwärts Nr. 141 v. 23. März 1924; Rheinische Volkszeitung Nr. 69 v. 21.März 1924.
NPZ Nr. 141 v. 23. März 1924.
VZ Nr. 153 v. 29.März 1924.
KZt Nr. 231a v. 31.März 1924.
Zitiert nach: Der Tag Nr. 83 v. 5 April 1924.
Zur Situation der Partei vgl. H. Weber: Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik, Frankfurt 1969, S. 53ff.
RF Nr. 39 v. 29. April 1924.
In dieser Kategorie vgl. die Interpretation von M. R. Lepsius: Parteiensystem und Sozialstruktur. Zum Problem der Demokratisierung der deutschen Gesellschaft. In: W. Abel u.a. (Hrsg.): Wirtschaft, Gesellschaft und Wirtschaftsgeschichte. Festschrift zum 65. Geburtstag von Friedrich Lütge, Stuttgart 1966, S. 371–393.
Zu dieser These vgl. K. Megerle/P. Steinbach: Politische Kultur in der Krise. Neuere Beiträge zur Bestimmung der politischen Kultur in der Weimarer Republik. In: PVS-Li-teratur 22 (1981), S. 123–157 sowie 23 (1982), S. 6–26.
Vgl. Falter u.a., Wahlen, S. 146.
Vgl. H. Schulze: Weimar. Deutschland 1917–1933, Berlin 1982, S. 297.
Vgl. zu diesem Problemkreis die Studie von M. Schneider: Die Christlichen Gewerkschaften 1894–1933, Bonn 1982.
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Bendikat, E., Lehnert, D. (1990). „Schwarzweißrot gegen Schwarzrotgold“. In: Lehnert, D., Megerle, K. (eds) Politische Teilkulturen zwischen Integration und Polarisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94187-9_6
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