Skip to main content

Heideggers Schema vom Gang der abendländischen Geschichte zur Vollendung und zum Ende im gegenwärtigen Zeitalter

  • Chapter
Politische Philosophie im Denken Heideggers
  • 56 Accesses

Zusammenfassung

Um den geschichtlichen Ort erkennen zu können, den das Zeitalter der Gegenwart und seine politischen Tendenzen in der Sicht Heideggers einnehmen, bedarf es einer Rückbesinnung auf das Schema, in das bei Heidegger der Gang der Geschichte eingefügt ist (vgl. das II. Kap.). Die seinsgeschichtlich qualifizierte Geschichte ist, so sahen wir, Geschichte des Ins-Werk-setzens der Wahrheit, das Ausdauernde und sich Durchhaltende eines unablässigen Wesenswandels des Seinsgeschicks, das sich jeweils jäh einem Menschentum, einem Volk, zuspielt und ihm in einem plötzlichen Aufbruch seine epochale Weile vergönnt, die sich in seinen großen Werken manifestiert und zugleich verfestigt, so daß die Jeweiligkeit einer Epoche mit ihrer Ausbildung bereits an ihr Ende gelangt und, sich wehrend gegen die Übergängigkeit, von der Übergängigkeit schon immer überholt und beendet ist. Das jähe Ereignis einer geschichtlichen έποχή führt dabei zwar einen Wesenswandel herauf, aber nicht ohne Ansehung des Vorangehenden und Bisherigen. Das »erdhaft« Vorgegebene und Mitgegebene wird vielmehr aufgenommen, allerdings in der Art einer Umprägung und Verwandlung in die neue Weltgestalt. Und diese verlangt ihrerseits von ihrem Wesen her auf der Höhe ihrer Vollendung, in der das Ende bereits angelegt ist, nach dem jähen, zerbrechenden, bannenden und umformenden Ereignis einer sie ablösenden neuen έποχή des Seinsgeschicks, so sehr sie sich auch faktisch-historisch immer dagegen wehrt und wendet, was ebenfalls ihrem (insistierenden) Wesen entspricht. Der jeweilige Wandel ist also zugleich Konsequenz, die damit geschaffene geschichtliche Kontinuität allerdings eine Folge von notwendigen Sprängen. Dies macht die »gebrochene Linearität« der Geschichte, wie wir das Heideggersche Schema in einer ersten Hinsicht zu kennzeichnen suchten, aus.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literature

  1. Vgl. zum folgenden EM bes. 1-39; WM 39f.; PW 31ff.; Hw 161ff., 335ff.; ID bes. 55ff.; N II passim.

    Google Scholar 

  2. Vgl. zu Leibniz bes. N II 434ff. und SG passim.

    Google Scholar 

  3. Vgl. über unsere Andeutungen hinaus die gesamte Abhandlung »Hegels Begriff der Erfahrung«, Hw 105-192 sowie den Heidelberger Akademie-Vortrag »Hegel und die Griechen« (HG, insbesondere 47f.); dazu N II 296ff.; GD 34ff.

    Google Scholar 

  4. »Nietzsches Stellungnahme gegen Descartes hat ihren metaphysischen Grund darin, daß Nietzsche erst und nur auf dem Boden der Descartesschen Grundstellung unbedingt mit deren Wesenserfüllung Ernst machen kann und so Descartes’ Grundstellung als bedingt und unvollendet, wenn nicht gar als unmöglich erfahren muß« (N II 150). Nietzsche setzt also gegen die bedingte Subjektivität und den unvollständigen Nihilismus die unbedingte Subjektivität und den vollständigen Nihilismus, damit aber nur dem geschichtlichen Wesensgesetz dessen, wogegen er sich richtet, gehorchend, es vollendend und ins Ende fügend (vgl. dazu 192, 174).

    Google Scholar 

  5. Die Lehre von der Umwertung der Werte verbindet sich dabei engstens mit Nietzsches Nihilismusdeutung, innerhalb deren schließlich noch eine weitere »Lehre«, nämlich die von der Grundlegung der Wahrheit als (Selbst-)»Gerechtigkeit« der Subjektivität des wertesetzenden Willens zur Macht, durch Heidegger aufgedeckt wird. Dadurch ergibt sich, daß bei Heidegger die Interpretation Nietzsches in den Aufweis und die Zusammenordnung bald von vier, bald von fünf Lehrstücken entfaltet wird. In der Sache ändert sich dadurch nichts. Die »Gerechtigkeits«-Problematik darf, da sie in Heideggers Sicht Nietzsches Wahrheitsverständnis betrifft, als grundlegend für alle vier anderen Lehrstücke angesehen werden. Als Frage nach dem Wesen der Wahrheit bei Nietzsche geht sie in der Behandlung der vier übrigen Lehren mit. Wir beschränken unsere eigene Erörterung auf diese vier, die kurz auseinanderzulegen sind.

    Google Scholar 

  6. Es versteht sich, daß auch Nietzsches Lehre vom Willen zur Macht von Heidegger eindringlich in den festgefügten Gang der abendländischen Metaphysik eingestellt wird — als Stufe der Vollendung und des Abfalls, in Unumgänglichkeit, Geschickhaftigkeit und seinsgeschichtlicher Treue: »Mit diesem Spruch: Das Leben ist Wille zur Macht, vollendet sich die abendländische Metaphysik, an deren Anfang das dunkle Wort steht: Das Seiende im Ganzen ist ϕύσις. Der Spruch Nietzsches: das Seiende im Ganzen ist Wille zur Macht, sagt dasjenige über das Seiende im Ganzen aus, was im Anfang des abendländischen Denkens als Möglichkeit vorbestimmt und durch einen unvermeidlichen Abfall von diesem Anfang unumgänglich geworden ist. Dieser Spruch vermeldet nicht eine Privatansicht der Person Nietzsche. Der Denker und Sager dieses Spruches ist ‚ein Schicksal‘. Dies will sagen: Das Denkersein dieses Denkers und jedes wesentlichen abendländischen Denkers besteht in der fast unmenschlichen Treue zur verborgensten Geschichte des Abendlandes. Diese Geschichte aber ist der... Kampf um das Wort für das Seiende im Ganzen« (N I 492).

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1989 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

About this chapter

Cite this chapter

Schwan, A. (1989). Heideggers Schema vom Gang der abendländischen Geschichte zur Vollendung und zum Ende im gegenwärtigen Zeitalter. In: Politische Philosophie im Denken Heideggers. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94167-1_6

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-94167-1_6

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-12036-2

  • Online ISBN: 978-3-322-94167-1

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics