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Parteien, Verbände und Bewegungen als Systeme politischer Interessenvermittlung

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Stand und Perspektiven der Parteienforschung in Deutschland

Zusammenfassung

Politische Parteien, Interessenverbände und soziale Bewegungen haben einen gemeinsamen Nenner: Sie lassen sich als Systeme politischer Interessenvermittlung begreifen. Inwieweit sie freilich in einen übergreifenden konzeptionellen Rahmen integriert werden können, wo im einzelnen ihre Gemeinsamkeiten und ihre Unterschiede liegen und wie sich diese Systeme zueinander verhalten2, ist weitgehend ungeklärt.

Diese Überlegungen gehen zurück auf einen Vortrag im Rahmen der Tagung „Parteienforschung in der Bundesrepublik Deutschland: Stand und Perspektiven“, 4. und 5. Oktober 1990, Universität Mannheim. Für kritische Kommentare zu einer früheren Fassung dieses Beitrags danke ich vor allem Dieter Fuchs, Jürgen Gerhards, Friedhelm Neidhardt, Rainer Paris, Joachim Raschke, Roland Roth und Richard Stöss.

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Literatur

  1. Mit Blick auf Parteien und soziale Bewegungen konstatiert z.B. Raschke ein ungeklärtes Spannungsverhältnis. Siehe Joachim Raschke, Bewegung und Partei, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, 1 Jg. (1988), H. 4., S. 6.

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  2. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. rev. Aufl., Tübingen: Mohr 1976, S. 886.

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  3. Vgl. Robert E. Park/Ernest W. Burgess, Introduction to the Science of Sociology, Chicago: University of Chicago Press 1921, S. 193.

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  4. Faktisch analysierte die von Soziologen dominierte collective-behavior-Forschung primär relativ unstrukturierte Phänomene von der Panik bis hin zu sozialen Bewegungen, während sich die Politikwissenschaft vornehmlich der Interessengruppen und Parteien annahm. Insbesondere die strukturfunktionalistisch orientierten Autoren im Umkreis des Committee on Comparative Politics widmeten sich der Frage politischer Interessenvermittlung in Form von Verbänden und Parteien, obgleich ihre Klassifikation von Interessengruppen neben institutionellen Formen auch „non-associational groups (informal factional and clientelist groups), and anomic groups (mobs, riots, etc.)“ einschloß. Vgl. Gabriel A. Almond, Corporatism, Pluralism, and Professional Memory, in: World Politics, 35. Jg. (1983), H. 2, S. 254.

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  5. Vgl. William Kornhauser, The Politics of Mass Society, New York: The Free Press 1959.

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  6. Vgl. Sander Halebsky, Mass Society and Political Conflict: Toward a Reconstruction of Theory,Cambridge: Cambridge University Press 1976; Birgitta Nedelmann, New Political Movements and Changes in Process of Intermediation, in: Social Science Information,23. Jg. (1984), H. 6, S. 1029 ff.

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  7. Dies gilt selbst für die Arbeiten, die sich vom Konzept des Korporatismus mehr oder weniger lösten und grundsätzlichere Fragen der Interessenorganisation aufgriffen. Vgl. dazu verschiedene Beiträge in Suzanne D. Berger, Organizing Interests in Western Europe,Cambridge: Cambridge University Press 1981. Auch neuere Arbeiten, die unter der wenig präzise gefaßten Kategorie „Politikvermittlung“ versammelt wurden (vgl. Ulrich Sarcinelli [Hrsg.], Politikvermittlung. Beiträge zur politischen Kommunikationskultur,Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 1987), vernachlässigen soziale Bewegungen.

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  8. Blickverengungen der genannten Art entfallen, sobald das am politischen Prozeß partizipierende Individuum zum zentralen Untersuchungsgegenstand wird. Vor allem die auf Survey-Daten beruhenden Arbeiten zur politischen Beteiligung können auf empirischer Basis ermitteln, mit welchen Erwartungen und in welchem Umfang sich Bürger und Bürgerinnen in verschiedenen Interessenformationen engagieren bzw. wie sie deren Aktivitäten einschätzen. In diesen Zusammenhang gehören die Political Action-Studien (Samuel H. Barnes/Max Kaase et al, Political Action. Mass Participation in Five Nations,Beverly Hills/London: Sage 1979; Kent M. Jennings/Jan W. van Deth et al., Continuities in Political Action,Berlin: de Gruyter 1990), die regelmäßigen Eurobarometer-Umfragen (Nicholas S. J. Watts, Mobilisierungspotential und gesellschaftliche Bedeutung der neuen sozialen Bewegungen, in: Roland Roth/Dieter Rucht [Hrsg.], Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland,Frankfurt a.M./New York: Campus 1987, S. 47 ff.; Dieter Fuchs/Dieter Rucht, Support for New Social Movements in five Western European Countries,Paper, ESF/ESCR-Conference on Political Participation in Europe, Manchester, 5.-8. Januar 1990; Jürgen Hofrichter/Hermann Schmitt, Eher mit-als gegeneinander!, in: Roland Roth/Dieter Rucht [Hrsg.], Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland,2. aktual. u. erw. Aufl., Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 1991, S. 469 ff.) sowie die Analysen, die auf der sog. Gewaltumfrage (Max Kaase/Friedhelm Neidhardt, Politische Gewalt und Repression,Berlin: Duncker and Humblot 1990) beruhen. Auch wurde erstmals mit der Wahlstudie 1987 die Anhängerschaft neuer sozialer Bewegungen einbezogen (Franz Urban Pappi, Die Anhänger der neuen sozialen Bewegungen im Parteiensystem der Bundesrepublik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,1989, B 26, S. 17 ff.).

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  9. Rudolf Heberle beispielsweise rückt in Hauptprobleme der Politischen Soziologie (Stuttgart: Enke 1967) die sozialen Bewegungen in den Mittelpunkt. Diese Gewichtung signalisiert noch der englische Originaltitel (Social Movements. An Introduction to Political Sociology,1951). Allerdings werden auch die Parteien ausführlich behandelt, während die Verbände ein randständiger Aspekt bleiben. Stammer und Weingart verfahren umgekehrt. Sie widmen immerhin ein längeres Kapitel ihrer Politischen Soziologie (München: Juventa 1972) den Parteien und Verbänden, aber ignorieren die sozialen Bewegungen. Die unter dem Haupttitel Politische Soziologie firmierende Aufsatzsammlung von Otwin Massing (Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1974) enthält zwar einen Beitrag „Parteien und Verbände als Faktoren des politischen Prozesses“, aber keine Abhandlung zu sozialen Bewegungen. Die sehr knapp gefaßte Politische Soziologie von Tom Bottomore (Stuttgart: Kohlhammer 1981) wiederum bietet ein Kapitel zum Thema „soziale Bewegungen, Parteien und politisches Handeln“, aber keine Ausführungen zu Verbänden. Das Büchlein Politische Soziologie von Wilfried Róhrich (Stuttgart: Kohlhammer 1977) thematisiert Fragen der innerparteilichen Demokratie und der gewerkschaftlichen Strategie, aber enthält keine systematische Abhandlung zu Parteien, Verbänden und Bewegungen. Letzteres gilt auch für die stärker theoriegeschichtlich angelegte Politische Soziologie von Rolf Ebbighausen (Opladen: Westdeutscher Verlag 1981).

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  10. So „überläuft“ die zwar theoretisch stringent gefaßte, aber empirisch allenfalls durch Illustrationen angereicherte funktionalistische Systemtheorie eines Niklas Luhmann die Thematik der Organisation und Vermittlung politischer Interessen. Komponenten des politischen Systems wie die „parteimäßige Politik“ oder das „politische Publikum“ werden lediglich auf abstrakt-formale Weise in Beziehung zueinander gebracht und hinsichtlich ihrer speziellen Funktionen und Strukturen nicht näher analysiert. Vgl. Niklas Luhmann, Soziologie des politischen Systems, in: ders. Soziologische Aufklärung,Opladen: Leske and Budrich 1972, S. 154 ff.; ders., Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat,München/Wien: Olzog 1981. Ein ganz anderer Diskussionsstrang, der vor allem durch die Studie von Mancur Olson (The Logic of Collective Action,Cambridge: Harvard University Press 1965) beeinflußt wurde, erreicht nicht die Konkretionsebene der Analyse spezifischer Formen und Funktionen organisierter Interessenvertretung und bleibt deshalb für die Fragestellung dieses Beitrags peripher.

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  11. So haben sich in den letzten Jahren verschiedentlich thematisch breiter orientierte Politikwissenschaftler wie auch speziell Parteienforscher dem Forschungsbereich (neuer) sozialer Bewegungen zugewandt (Heidrun Abromeit, Parteiverdrossenheit und Alternativbewegung, in: Politische Viertelsjahresschril,23. Jg. [1982], H. 2, S. 178 ff.; Jürgen Fijalkowski, Alternativbewegungen und Politik: Negation oder Innovation?, in: Hans-Hermann Hartwich [Hrsg.], Gesellschaftliche Probleme als Anstoß und Folge von Politik,Opladen: Westdeutscher Verlag 1983, S. 27 ff.; Klaus von Beyme, Neue soziale Bewegungen und politische Parteien, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,1986, B 4, S. 30 ff.; Manfred G. Schmidt, Demokratie, Wohlfahrtsstaat und neue soziale Bewegungen, in:ebd., 1986, B 11, S. 3 ff.; Michael Th. Greven, Zur Kritik der Bewegungswissenschaft, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen,1. Jg. [1988], H. 4, S. 51 ff.; Max Kaase, Social Movements and Political Innovation, in: Russell J. Dalton/Manfred Kuchler [Hrsg.], Challenging the Political Order: New Social and Political Movements in Western Democracies,Cambridge: Polity Press 1990, S. 84 ff.). Von einigen unter ihnen wurde ausdrücklich das Verhältnis von Parteien und sozialen Bewegungen thematisiert (Hanspeter Kriesi, Perspektiven neuer Politik: Parteien und neue soziale Bewegungen, in: Schweizerisches Jahrbuch für Politische Wissenschaft 1986; Bern: Haupt, S. 333 ff.; Richard Stóss, Parteien und soziale Bewegungen. Begriffliche Abgrenzung - Volksparteien - neue soziale Bewegungen - DIE GRUNEN, in: Roth/Rucht, Bewegungen [Anm. 9], S. 277 ff.; Elmar Wiesendahl, Neue soziale Bewegungen und moderne Demokratietheorie, in: ebd., S. 364 ff.; dem., Etablierte Parteien im Abseits?, in:Ulrike C. Wasmuht [Hrsg.], Alternativen zur alten Politik? Neue soziale Bewegungen in der Diskussion,Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1989, S. 82 ff.). Auch im Rahmen der Umfrageforschung wurden verschiedentlich Parteien bzw. Parteiensysteme und soziale Bewegungen aufeinander bezogen (Ferdinand Muller-Rommel, Social Movements and the Greens: New Internal Politics in Germany, in: European Journal of Political Research,13. Jg. [1985], H. 1, S. 53 ff.; Pappi, Anhänger [Anm. 9]; Hofrichter/Schmitt, Eher mit-als gegeneinander [Anm. 9]) oder Einstellungen zu Bewegungen bzw. Bewegungsaktivitäten untersucht (Dieter Fuchs, Die Aktionsformen der neuen sozialen Bewegungen, in:Jürgen W. Falter/Christian Fenner/Michael Th. Greven [Hrsg.], Politische Willensbildung und Interessenvermittlung,Opladen: Westdeutscher Verlag 1984, S. 621 ff.; dens., The Normalization of the Unconventional. Forms of Political Partizipation and New Social Movements,Discussion Paper FS III 90–204, Wissenschaftszentrum Berlin 1990; Kaase/Neidhardt, Politische Gewalt [Anm. 9]). Schließlich gibt es einige wenige Wissenschaftler wie Joachim Raschke (Jenseits der Volkspartei, in: Das Argument,25. Jg. [1983], H. 1., S. 54 ff.; dem., Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Grundriß,Frankfurt a.M./New York: Campus 1985; dem., Bewegung [Anm. 2]) und Herbert Kitschelt (New Social Movements in West Germany and the United States, in: Political Power and Social Theory, 5. Jg. [1985], S. 273 ff.; dem., New Social Movements and the Decline of Party Organization, in:Dalton/Kuchler, Political Order [Anm. 12], S. 179 ff.; ders., New Social Movements and Established Political Parties,Paper, 86th Annual Meeting of the American Political Science Association, 30.8.-2.9.1990, San Francisco), die sich gleichermaßen in der Parteien-und der Bewegungsforschung etabliert haben.

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  12. Auch von hier ausgehend gibt es Bemühungen, die Querbeziehungen zu Parteien und sozialen Bewegungen nicht außer acht zu lassen (z.B. Theo Schiller, Interaktionsmuster zwischen Parteien, Verbänden und Bewegungen, in:Falter/Fenner/Greven [Hrsg.], Willensbildung [Anm. 12], S. 496 ff.; Theo Pirker, Stabilität und Funktion des Parteien-und Verbändesystems und der sozialen Bewegungen, in: Soziale Bewegungen und politisches System,vvf. Ms., Berlin: Freie Universität Berlin/Zentralinstitut fur sozialwissenschaftliche Forschung 1982, S. 2 ff.). Und auch hier lassen sich Wissenschaftler nennen, die sich gleichermaßen mit Parteien und Interessengruppen befassen oder gar ihr Wechselverhältnis zum Thema machen (Klaus von Beyme, Das Gespräch mit der Lobby. Parteien und Verbände, in: Christian Graf von Krockow/Peter Lösche [Hrsg.], Parteien in der Krise. Das Parteiensystem der Bundesrepublik und der Aufstand des Bargerwillens,München: Beck 1986, S. 94 ff.).

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  13. Vgl. beispielsweise Karl-Werner Brand/Harro Honolka, Ökologische Betroffenheit, Lebenswelt und Wahlentscheidung,Opladen: Westdeutscher Verlag 1987; Kriesi, Perspektiven (Anm. 12); Dieter Rucht, Zum Verhältnis von politischen Parteien und sozialen Bewegungen, in: Journal für Sozialforschung,27. Jg. (1987), H. 3/4, S. 297 ff.; ders., Environmental Movement Organizations in West Germany and France: Structure and Interorganizational Relations, in: Bert Klandermans (Hrsg.), Organizing for Change: Social Movement Organizations Across Cultures,Greenwich: JAI Press 1989, S. 61 ff. Ein weiterer Impuls fur einen Blick fiber den Tellerrand der Bewegungsforschung ergibt sich aus den neueren Arbeiten zur „political opportunity structure“ (Friedhelm Neidhardt/Dieter Rucht, The State of the Art and Some Perspectives for Further Research, in: Dieter Rucht [Hrsg.], Research on Social Movements. The State of the Art in Western Europe and the USA,Frankfurt a.M./Boulder: Campus und Westview 1991, S. 443 ff.), die Faktoren wie Zugänge zum politischen System, politische cleavages im Parteienspektrum und Wahlverhalten oder mögliche Bündnispartner von sozialen Bewegungen einbeziehen (Hanspeter Kriesi, The Political Opportunity Structure of the Dutch Peace Movement, in: West European Politics,12. Jg. [1889], H. 3, S. 295 ff.; ders., The Political Opportunity Structure of New Social Movements: Its impact on Their Mobilization,Discussion Paper FS III 91–103, Wissenschaftszentrum Berlin 1991; Donatella della Porta/Dieter Rucht, Left-Libertarian Movements in Context: A Comparison of Italy and West-Germany 1965–1990,Discussion Paper FS III 91–102, Wissenschaftszentrum Berlin 1991).

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  14. Vgl. Ulrich von Alemann (unter Mitarbeit von Reiner Fonteyn und Hans-Jürgen Lange), Organisierte Interessen in der Bundesrepublik,Opladen: Leske and Budrich 1987, S. 26 ff.

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  15. Damit erweitere ich die nachstehende Definition von Carola Schulz in doppelter Hinsicht: „Interessen (sind) handlungsrelevant gewordene Verfestigungen von Bedürfnissen, die ihrerseits aus dem subjektiven Empfinden von Mangellagen erwachsen.“ (Zit. nach v. Alemann, Organisierte Interessen [Anm. 15], S. 29.) Zum einen geht der Impuls zur Artikulation politischer Interessenlagen nicht notwendig von Mangellagen aus, wie das Interesse an der Sicherung von Privilegien zeigt. Zum anderen handelt es sich im Falle politischer Interessenvermittlung in der Regel um Gruppeninteressen, die einem kollektiven Organisations-und DeutungsprozeB entspringen.

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  16. So Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse,Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1968, S. 245, im Anschluß an Kant.

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  17. Der Systembegriff wird hier in einem nur losen Sinne zur Bezeichnung eines strukturierten Zusammenhangs verschiedener Teilelemente gebraucht. Parteien, Verbände und Bewegungen können unter anderem Blickwinkel auch handlungstheoretisch betrachtet werden. Sie haben ein kollektives Gedächtnis, betreiben Selbstreflexion, postulieren Ziele und entwickeln Strategien.

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  18. Kay Lawson (When Linkage Fails, in: ders./Peter H. Merkl [Hrsg.], When Parties Fail. Emerging Alternative Organizations,Princeton: Princeton University Press 1988, S. 33) unterscheidet drei Arten von Verbindungen in der politischen Vermittlungskette: die Beziehung zwischen dem Individuum und einer politischen Organisation der Interessenvermittlung, die zwischen der politischen Organisation und dem Staat und die zwischen Individuum und Staat.

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  19. Faktisch bestehen natürlich keine scharfen Trennlinien zwischen diesen Sphären. So gibt es Übergangszonen zwischen Privatsphären und mikrosozialen „Halböffentlichkeiten“ einerseits und zwischen dem öffentlichen Raum und einem sich entgrenzenden Staat andererseits; vgl. Wolfgang Streeck, Vielfalt und Interdependenz. Überlegungen zur Rolle von intermediären Organisationen in sich ändernden Umwelten, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,39. Jg. (1987), H. 3, S. 488 ff.

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  20. Claus Offe, Berufsbildungsreform. Eine Fallstudie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1975, S. 13.

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  21. In ähnlicher Weise spricht Offe (The Attribution of Public Status to Interest Groups: Observations an the German Case, in: Berger, Organizing Interests [Anm. 8], S. 125 ff.) von zwei Typen politischer Rationalität. Im ersten Fall werden gesellschaftliche inputs als gegeben behandelt und die Leistungen des politisch-administrativen Systems zu optimieren versucht. Im zweiten Fall versucht das politisch-administrative System die input-Seite durch aktive Eingriffe in das System der Interessenrepräsentation und die Modi der Konfliktlösung zu beeinflussen. Auch Habermas (Volkssouveränität als Verfahren, in: Merkur,43. Jg. [1989], Nr. 6, S. 479) betont, daß sich „die politische Willensbildung in ein politisches System (verlagere), das sich immer mehr selbst programmiert“.

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  22. Diese gegenläufige Richtung der Interessenwahrnehmung sollte nicht vermischt werden mit dem Aspekt der „Responsivität“ des politischen Entscheidungssystems hinsichtlich der tatsächlich vorhandenen Bedürfnisse der Bürgerschaft (in Differenz zu den organisatorisch repräsentierten Interessen) oder der Frage einer responsiven Implementation von Politiken.

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  23. Schmitter betont die Notwendigkeit, eine Entscheidung einzuführen „between voluntaristic societally induced and compulsury state-produced configurations into the typology of modes of intermediation“. Vgl. Philippe C. Schmitter, Modes of interest mediation and models of societal change in Western Europe, in: Comparative Political Studies,10. Jg. (1977), H. 1, S. 7 ff.

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  24. Von dieser vorerst nur durch die Metapher des Raumes umschriebenen öffentlichen Sphäre, die eine Art Terrain oder Arena darstellt, wäre „Öffentlichkeit“ als eine kommentierende und legitimierende, aber zugleich vielstimmige und in sich differenzierte Appellations-, Artikulations-und Interventionsinstanz zu unterscheiden. Öffentlichkeit reicht von der Kneipe bis zu den Fernsehanstalten. Heberle, Hauptprobleme (Anm. 10), S. 300, zählt soziale Bewegungen und freiwillige politische Vereinigungen zu den Schöpfern und Trägern der öffentlichen Meinung. Nur ein Teil dieser wohl nur im Plural anzusprechenden Öffentlichkeiten manifestiert sich als „veröffentlichte Meinung“. Hiervon zu trennen sind die durch Meinungsumfragen er-faßbaren Einstellungen der Bürgerschaft zu bestimmten Themen und Objekten, die mißverständlich - weil zumeist nicht aktiv und öffentlich geäußert - als öffentliche Meinung bezeichnet werden (ebd., S. 302). Hierbei handelt es sich, genau besehen, um aggregierte Privatmeinungen.

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  25. Dies war nicht immer so. Noch in der Weimarer Republik waren parteinahe oder parteieigene Zeitungen von großer Bedeutung. Auch bestehen heute in einigen westlichen Ländern Fernsehanstalten mit einem mehr oder weniger großen Staatseinfluß.

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  26. Vgl. Jürgen Gerhards/Friedhelm Neidhardt, Strukturen und Funktionen moderner Öffentlichkeit. Fragestellungen und Ansätze, Discussion Paper FS III 90–101, Wissenschaftszentrum Berlin 1990.

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  27. Offe behauptet allerdings die Ausdehnung eines dritten, intermediären Bereichs nicht institutioneller Politik jenseits der Sphäre des Privaten und des Öffentlichen. Ich vermag jedoch nicht zu sehen, warum die von ihm in den Blick genommenen Politikformen aus dem Bereich der Öffentlichkeit herausfallen. Vgl. Claus Offe, New Social Movements: Challenging the Boundaries of Institutional Politics, in: Social Research, 52. Jg. (1985), H. 4, S. 826.

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  28. Vgl. hierzu Karl-Werner Brand, „Institutionalisierung“ und „Bewegung“ - ein falscher Gegensatz, in: Hartwich, Probleme (Anm. 12), S. 188 ff.; Roland Roth, Neue soziale Bewegungen als politische Institution - Anregungen für einen theoretischen Perspektivenwechsel, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen,Sonderheft 1989, S. 33 ff.; Heinrich W. Ahlemeier, Was ist eine soziale Bewegung?, in: Zeitschrift fli r Soziologie,18. Jg. (1989), H. 3, S. 175 ff.

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  29. Es gibt zwar in jeder wichtigeren, entfalteten sozialen Bewegung organisierte Gruppen, aber Bewegung als Ganzes ist typischerweise nicht organisiert.„ (Heberle, Hauptprobleme [Anm. 10],S. 10.) Ahnlich formuliert auch Craig J. Jenkins, Sociopolitical Movements, in: Samuel L. Long (Hrsg.), Handbook of Political Behavior,Bd. 4, London: Plenum Press 1981, S. 83: “In the modern era…social movements have almost uniformly entailed a formally structured movement organization that is semidistinct from the rest of the social movement…But the movement organization should not be viewed as coterminous with the social movement as a whole.„

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  30. Friedhelm Neidhardt, Einige Ideen zu einer allgemeinen Theorie sozialer Bewegungen, in: Stefan Hradil (Hrsg.), Sozialstruktur im Umbruch, Opladen: Leske and Bud-rich 1985, S. S. 197.

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  31. Erhellend ist die fortwährende, kontrafaktische Ausklammerung von Hierarchie und Macht, die eine Fallstudie zur alltäglichen Arbeitsorganisation in einem Alternativbetrieb enthüllt. Vgl. Wolfgang Sofsky/Rainer Paris, Figurationen sozialer Macht. Autorität, Stellvertretung, Koalition,Opladen: Leske and Budrich 1991, S. 54 ff.

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  32. Derartige Strategien scheinen allerdings zunehmend auf Grenzen zu stoßen, so daß subtilere Mittel der Mitgliederbindung gefragt sind. Streeck, Vielfalt (Anm. 20, S. 477) vermutet, daß der Aufwand gesellschaftlicher Großorganisationen für „internes Marketing“ in den letzten Jahren rapide gestiegen ist.

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  33. Vgl. Alberto Melucci, An End to Social Movements? Introductory Paper to the Sessions an „New Social Movements and Change in Organizational Forms“, in: Social Science Information,24. Jg. (1984), H. 4/5, S. 829.

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  34. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (Anm. 3), S. 837.

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  35. Jürgen Weber, Politikvermittlung als Interessenvermittlung durch Verbände, in: Sarcinelli, Politikvermittlung (Anm. 8), S. 213, betont, daß auf vielen Politikfeldern diese Einflußnahme eher durch ein Modell des Tausches als durch das Pressure-Modell zu erfassen ist.

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  36. Vgl. Claus Offe, Politische Herrschaft und Klassenstrukturen, in:Gisela Kress/Dieter Senghaas (Hrsg.), Politikwissenschaft. Eine Einfihrung in ihre Probleme,Frankfurt a.M.: Fischer 1972, S. 145 ff.

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  37. Vgl. Yves Mény, Government and Politics in Western Europe,Oxford: Oxford University Press 1990, S. 121 f.

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  38. Zur Unterscheidung von stärker politischen und starker kulturell orientierten Bewegungen vgl. Raschke, Soziale Bewegungen (Anm 12), und Dieter Rucht, Themes, Logics and Arenas of Social Movements: A Structural Approach, in: Bert Klandermans/Hanspeter Kriesi/Sidney Tarrow (Hrsg.), Organizing for Change: Social Movement Organizations Across Cultures, Greenwich: JAI Press 1988, S. 305 ff. Speziell zu soziopolitischen Bewegungen vgl. Jenkins, Movements (Anm. 33 ).

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  39. Vgl. Otthein Rammstedt, Soziale Bewegung,Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1978, S. 132 f.

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  40. Vgl. Theodor Lowi, The Politics of Disorder, New York: Basic Books 1971.

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  41. Interessant wire allerdings zu prüfen, inwieweit Bewegungen wie der Faschismus oder der Peronismus dem Interessentransfer in Richtung Bürgerschaft gedient haben.

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  42. Vgl. Rüdiger Schmitt-Beck, Über die Bedeutung der Massenmedien für soziale Bewegungen, in: Kölner Zeitschrift filr Soziologie und Sozialpsychologie,42. Jg. (1990), H. 4, S. 642 ff.

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  43. Vgl. Charles Tilly, European Violence and Collective Action since 1700, in: Social Research, 53. Jg. (1986), H. 1, S. 159 ff.; Hans-Peter Ullmann, Interessenverbände in Deutschland, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1988; Maurice Duverger, Political Parties, London: Methuen 1954.

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  44. Giovanni Sartori (Parties and Party Systems,Cambridge: Cambridge University Press 1976, S. 319) zufolge waren Parteien anfangs auch keineswegs staatstragende Einrichtungen, sondern entstanden aus ihrer oppositionellen Haltung zum dominierenden Normensystem ihrer Zeit. Von Beyme (Parteien [Anm 41], S. 25) nimmt hiervon lediglich einige konservative und statuserhaltende Gruppen aus. Vgl. auch Otto Kirchheimer, Politik und Verfassung,Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1964; Gordon Smith, Social Movements and Party Systems in Western Europe, in: Martin Kolinsky/William E. Paterson, Social and Political Movements in Western Europe,London: Croom Helm 1976, S. 346

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  45. Diese Formenvielfalt gilt nicht nur für Verbände und Bewegungen. Alf Mintzel (Großparteien im Parteienstaat der Bundesrepublik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,1989, B 11, S. 12 f.) zufolge ist mit einer anhaltenden Koexistenz mannigfaltiger Strukturtypen und Organisationsformen bei Parteien zu rechnen.

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  46. Vgl. Wolf-Dieter Narr, Zum Politikum der Form, in: Leviathan,B. Jg. (1980), H. 2, S. 143 ff.

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  47. Für diese generelle These vgl. Rainer M. Lepsius, Parteiensystem und Sozialstruktur, in: Wilhelm Abel et al. (Hrsg.), Wirtscha f t, Geschichte und Wirtschaftsgeschichte,Stuttgart: G. Fischer 1966, S. 371 ff. Speziell für die Arbeiterschaft zeigt dies Josef Mooser, Arbeiterleben in Deutschland 1900–1970,Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1984. Zur Erosion traditioneller Parteimilieus vgl. Michael Th. Greven, Parteimitglieder,Opladen: Leske and Budrich 1987, S. 124 ff. Diese Entwicklung fmdet ihre Entsprechung auf seiten der Parteien: „Die Organisationsmittel der Parteiendemokratie tendieren zur immer vollkommeneren Gleichgültigkeit nicht gegenüber den Willenskundgebungen des Wählers (um die die Parteien ja geradezu konkurrieren), sondern gegenüber den kollektiven Lebenslagen und Identitätsvorstellungen, aus denen diese Willenskundgebungen hervorgehen. Nicht warum und von wem,sondern daß so und nicht anders votiert werde, ist far sie maßgeblich.“ Claus Offe, Konkurrenzpartei und kollektive politische Identität, in: Roland Roth (Hrsg.), Parlamentarisches Ritual und politische Alternativen,Frankfurt a.M./New York: Campus 1980, S. 34.

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  48. Vgl. Heiko Geiling/Michael Vester, Die Spitze eines gesellschaftlichen Eisbergs: Sozialstrukturwandel und neue soziale Milieus, in: Roth/Rucht, Neue soziale Bewegungen (Anm. 9), S. 237 ff.

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  49. Vgl. Hans-Dieter Klingemann/Martin P. Wattenberg, Zerfall und Entwicklung von Parteiensystemen, in: Max Kaase/Hans-Dieter Klingemann (Hrsg.), Wahlen und Wähler,Opladen: Westdeutscher Verlag 1990, S. 325 ff.; Russell J. Dalton, Citizen Politics in Western Democracies,Chatham: Chatham 1988, S. 192 ff.

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  50. Vgl. dazu v. Beyme, Parteien,(Anm. 41), S. 435 f.

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  51. Vgl. Rainer Paris, Situative Bewegung. Moderne Protestmentalität und politisches Engagement, in: Leviathan,17. Jg. (1989), H. 3, S. 322 ff.

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  52. Siehe für die USA Frank R. Baumgartner/Jack L. Walter, Survey Research and Membership in Voluntary Associations, in: American Journal of Political Science, 32 Jg. (1988), H. 4, S. 908 ff.

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  53. Ullmann (Interessenverbände [Anm. 51], S. 269) vermutet eine Abnahme der ideologischen und wirtschaftlichen sowie personellen Verflechtungen zwischen Parteien und Verbänden. Dagegen betont Bernhard Weßels (Vielfalt oder strukturierte Komplexität,Discussion Paper FS III 90–204, Wissenschaftszentrum Berlin 1990) die starke Abstützung der im Parteiensystem repräsentierten cleavages durch das Verbändesystem.

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  54. In Anlehung an Amitai Etzioni (Elemente einer Makrosoziologie, in: Wolfgang Zapf [Hrsg.], Theorien des sozialen Wandels,Köln/Berlin: Kiepenheuer and Witsch 1969, S. 153), der Zwang, Utilitarismus und Norm als die grundlegenden Typen sozialer Beziehungen ausweist, ließen sich die Beziehungsmuster zwischen Parteien, Interessengruppen und sozialen Bewegungen als solche der Dominanz, der Konkurrenz und der Solidarität (bzw. Wahlverwandtschaft) beschreiben. Empirisch fmden wir für alle diese Muster und ihre Kombinationen eine Fülle von Anschauungsmaterial, das jedoch kaum unter systematischen Gesichtspunkten analysiert worden ist. Zu einer Typologie der Beziehungen zwischen „wahlverwandten“ Parteien und Bewegungen vgl. Rucht, Parteien (Anm. 14). Zu einer empirischen Illustration dieses Verhältnisses in Frankreich vgl. Robert Ladrech, Social Movements and Party Systems: The French Socialist Party and New Social Movements, in: West European Politics,12. Jg. (1989), H. 3, S. 262 ff. Eine Typologie von Beziehungsmustern zwischen Parteien und Gewerkschaften bietet Clemens A. Wurm (Die Gewerkschaften in der französischen Politik, in: Politische Vierteljahresschrift,25. Jg. [19841, H. 2, S. 193 ff.) in Anlehnung an andere Autoren.

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Rucht, D. (1993). Parteien, Verbände und Bewegungen als Systeme politischer Interessenvermittlung. In: Niedermayer, O., Stöss, R. (eds) Stand und Perspektiven der Parteienforschung in Deutschland. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-94160-2_10

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  • Print ISBN: 978-3-531-12354-7

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