Zusammenfassung
Das Dennis Kavanagh als Ausgangspunkt für seinen Überblick über die internen Machtveränderungen der britischen Parteien seit den fünfziger Jahren dienende Buch von R.T. McKenzie galt damals in Deutschland als Standardwerk über die englischen Parteien1. Nur: Die Diskussion über Probleme der innerparteilichen Willensbildung hat es in der Bundesrepublik so gut wie überhaupt nicht tangiert. Die England-bezogene Reformdiskussion erfaßte die inneren Parteistrukturen nur selten2; sie war wesentlich auf Bundestag und Bundesregierung zentriert3.
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Anmerkungen
W. Hennis, Parlamentarische Opposition und Industriegesellschaft, in: GSE 1 (1956) S. 209: “Eine heute schon klassische Schilderung der Machtverhältnisse innerhalb der beiden großen englischen Parteien…” (jetzt in: W. Hennis, Politik als praktische Wissenschaft. Aufsätze zur politischen Theorie und Regierungslehre, München 1968, S. 253 ).
Z.B. W. Hennis, Meinungsforschung und repräsentative Demokratie, in: ders., Politik als praktische Wissenschaft (Anm. 1 ), S. 151.
Siehe hierzu vor allem die diversen Arbeiten von W. Hennis, M. Hereth, A. Morkel, F. Schneider und H.-J. Veen; kritisch zu verschiedenen Aspekten dieser England-Rezeption: E. Hübner, Die Beziehungen zwischen Bundestag und Bundesregierung im Selbstverständnis der Abgeordneten des V. Deutschen Bundestags, München 1980, S. 35ff.
Für CDU und FDP zum damaligen Zeitpunkt vor allem U. Müller, Die demokratische Willensbildung in den politischen Parteien, Mainz 21967, S. 27ff., S. 70ff; für die CSU: A. Mintzel, Geschichte der CSU. Ein Überblick, Opladen 1977, S 113ff
Entscheidende Differenzen zwischen beiden Konzeptionen bestehen vor allem in zwei Punkten: Michels argumentiert im wesentlichen parteiintern, McKenzie hingegen stellt eine direkte Verantwortung der Parteiführung gegenüber der Wählerschaft her. Und: McKenzie beurteilt - im Gegensatz zu Michels - die Oligarchisierungstendenzen positiv. Zu McKenzies Michels Kritik siehe: ders., Politische Parteien in England Die Machtverteilung in der Konservativen und in der Labourpartei, Köln/Opladen 1961, S. 384f
A. Schifrin, Parteiapparat und innerparteiliche Demokratie Eine sozialistische Michels-Kritik (1930), jetzt in: K. Lenk, F. Neumann (Hrsg), Theorie und Soziologie der Parteien, Darmstadt/Neuwied 21974, Bd. 2, S. 27ff (_ Soziologische Texte 89)
McKenzie z.B. bietet hierfür - zumindest für die Zeit nach 1900 - anschauliche Beispiele (a.a.O., S. 25ff. u. S. 201ff.)
BVerfGE 2, S. 73; weitere Nachweise zum Parteienverständnis des BVerfG z.B. bei G. Leibholz, H.J. Rinck, D. Hesselberger, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Kommentar an Hand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Köln 61979ff., Art. 21, Anm. 4 u. 5; mit dem Parteienfinanzierungsurteil von 1966 rückte das BVerfG allerdings von wichtigen Grundsätzen seiner früheren Rechtsprechung ab.
BVerfGE 2, S. 40; weitere juristische Beiträge zum Problem der inner parteilichen Willensbildung z.B H Trautmann, Innerparteiliche Demo kratie im Parteienstaat, Berlin 1975 (= Schriften zum Öffentlichen Recht 282); R Wolfrum, Die innerparteiliche demokratische Ordnung nach dem Parteiengesetz, Berlin 1974 (= Schriften zum Öffentlichen Recht 246).
Das gilt vor allem für zwei wichtige amerikanische Arbeiten: S.M Lipset, M Trow, J Coleman, Union Democracy The Internal Politics of the Inter national Typographical Union. What Makes Democracy Work in Labor Unions and Other Organizations, New York 1956, und S. J. Eldersveld, Political Parties. An Empirical Analysis, Chicago 1964
Z.B H. See (Volkspartei im Klassenkampf oder Das Dilemma der innerparteilichen Demokratie, Reinbek 1972, rororo aktuell 1576 ) führt die Werke von Lipset u.a. und Eldersveld sowie die von D Kavanagh zitierten Michels-Kritiker G. Hands, J.D. May und P Medding noch nicht einmal ir• seinem Literaturverzeichnis an.
Bei den Vorstandswahlen auf den Bundespart t tgen w Lade z B. or a i lt m die eingeschränkte Anzahl der Kandidater bt klagt Daß den W tb n
Absprachen der verschiedenen Parteigruppierungen vorangehen, die eine relativ begrenzte Kandidatenzahl notwendig machen, wird hingegen nicht ausreichend gewürdigt. Die höhere Verwirklichungschance von Anträgen des Parteivorstandes gegenüber denjenigen der einfachen Parteigliederungen wurde als Beweis für die Oligarchisierung gewertet. Daß sich der Parteivorstand gegenüber der Öffentlichkeit keine Niederlagen leisten kann und demnach die Haltung der Parteitagsmehrheit weitgehend antizipieren muß, interessierte nicht (typisch hierfür W. Steiner, SPD-Parteitage 1964–1966. Analyse und Vergleich, Meisenheim/Glan 1970, S. 57ff. (= Marburger Abhandlungen zur Politischen Wissenschaft 15); ähnlich J. Dittberner, Die Bundesparteitage der Christlich Demokratischen Union und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands von 1946 bis 1968 - Eine Untersuchung zur Funktion von Bundesparteitagen, Diss. rer. pol FU Berlin 1969, S. 213ff.)
Z.B. das in Anm. 12 angesprochene “Regionalprinzip” bei Vorstandswahlen.
Der Wandel Brandts vom Mann des rechten Parteiflügels zum fast unbestrittenen Integrator der Partei bildet hierfür ein beredtes Beispiel.
H. See, a.a.O., z.B. S. 92
Ebd., S. 115, S. 118, S. 123 u.ö.
Erinnert sei hier nur an die Arbeiten von R. Mayntz, vor allem: dies., Parteigruppen in der Großstadt. Untersuchungen in einem Berliner Kreisverband der CDU, Köln/Opladen 1958 (= Schriften des Instituts für politische Wissenschaft 16).
Z.B. Die Michels-Kritik von R. Ebbighausen, Die Krise der Parteiendemokratie und die Parteiensoziologie. Eine Studie über Mosei Ostrogorski, Robert Michels und die neuere Entwicklung der Parteienforschung, Berlin 1969 oder die Arbeit von H.-O. Mühleisen, Theoriebildung und politische Parteien. Bestandsaufnahme und Entwicklungsmöglichkeiten, Diss. phil. Freiburg 1970
Z.B. die Arbeit von J Raschke, Innerparteiliche Opposition. Die Linke in der Berliner SPD, Hamburg 1974 (= Kritische Wissenschaft), auch wenn sie sich nicht gänzlich aus der Tradition des oben kritisierten Forschungstrends befreien konnte
Z.B. N. Lammert, Lokale Organisationsstrukturen innerparteilicher Willensbildung Fallstudie am Beispiel eines CDU-Kreisverbandes im Ruhrgebiet, Bonn 1976 (= Studien zur Kommunalpolitik 5), R. Meyenberg, SPD in der Provinz. Empirische Untersuchung über die soziale Struktur, die politische Aktivität und das gesellschaftliche Bewußtsein von SPD-Mitgliedern am Beispiel des Unterbezirks Oldenburg (Oldb), Frankfurt 1978; F. Müller-Rommel; Innerparteiliche Gruppierungen in der SPD. Eine empirische Studie über informell-organisierte Gruppen von 1966–1980, Opladen 1982 (= Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung 23); D. Preusse, Gruppenbildung und innerparteiliche Demokratie Am Beispiel der Hamburger CDU, Meisenheim/Glan 1981 (= Studien zum politischen System der Bundesrepublik 26), H. Pütz, Innerparteiliche Willensbildung. Empirische Untersuchung zum bildungspolitischen Willensbildungsprozeß in der CDU, Mainz 1974 (= Beiträge zur Wissenschaft und Politik 8), G. Pumm, Kandidatenauswahl und innerparteiliche Demokratie in der He mburger SPD. Eine empirische Untersuchung der Kandidatennominierungen für die Bundestagswahl 1969, die Bürgerschaftswahl 1970, der, Senat und die Deputationen, Frankfurt 1977 (= Beiträge zur i-senschaft 10 ); K Schmidt-Urban, Beteiligung und Führung in lob teieinheiten Eine Studie zur organisationsbezogenen “Apathie”
von Parteimitgliedern, durchgeführt in zwei Ortsvereinen der SPD, Frankfurt 1981.
Nicht untypisch für diesen Trend ist auch der Gesinnungswandel A. Mintzels: Während er in seiner wichtigen CSU-Studie (Die CSU. Anatomie einer konservativen Partei 1945–1972, Opladen 1975 (= Schriften des Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung der FU Berlin 26)) noch relativ rüde mit dem Michels-Antipoden Eldersveld umgeht -empirisch-theoretische Befunde ließen “Eldersvelds Kontrastmodell, das er offenbar selbst gegen alle Wissenschaftslogik mit der Realität verwechselt, nicht ganz so nützlich erscheinen..., wie das... für konservative Theoretiker wünschenswert sein könnte” (S. 495)-, lobt er ihn in seinem neuesten Buch (Die Volkspartei. Typus und Wirklichkeit. Ein Lehrbuch, Opladen 1984, S. 332ff.) in den höchsten Tönen. Siehe zum gesamten Problemkomplex auch die wichtige Studie von E. Wiesendahl, Parteien und Demokratie. Eine soziologische Analyse paradigmatischer Ansätze der Parteienforschung, Opladen 1980, S 261ff. (= Sozialwissenschaftliche Studien 18).
G. Leibholz, Der Strukturwandel der modernen Demokratie (1952), jetzt in: ders., Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe31967, S. 112ff.; BVerfGE 2, S. 72f
G. Leibholz, a.a O., S. 117
H. Nowka, Das Machtverhältnis zwischen Partei und Fraktion in der SPD. Eine historisch-empirische Untersuchung, Köln 1973; W.F. Dexheimer, Koalitionsverhandlungen in Bonn 1961, 1965, 1969. Zur Willensbildung in Parteien und Fraktionen, Bonn 1973 (= Untersuchungen und Beiträge zu Politik und Zeitgeschehen 14); H. Soell, Fraktion und Parteiorganisation. Zur Willensbildung der SPD in den 60er Jahren, in: PVS 10 (1969) S. 604 ff.: H.Ullrich,Die Rolle von Bundestagsfraktion und außerparlamentarischen Parteigremien in der politischen Willensbildung der FDP, in•PVS 8 (1967) S. 103 ff.; sowie die ältere Arbeit von R. Wildenmann, Partei und Fraktion Ein Beitrag zur Analyse der politischen Willensbildung und des Parteiensystems in der BRD, Meisenheim/Glan 1954 (= Parteien - Fraktionen -Regierungen 2).
Hierzu z.B. die Beiträge zum Rätesystem in: PVS 11 (1970) Sonderheft 2; K. v. Beyme, Parlamentarismus und Rätesystem - eine Scheinalternative, in: ZfP 17 (1970) S. 27ff.; oder B. Guggenberger u.a. (Hrsg.), Parteienstaat und Abgeordnetenfreiheit, München 1976 (= Politik und politische Bildung)
Hierzu vor allem: B. Guggenberger, C. Offe (Hrsg.), An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie. Politik und Soziologie der Mehrheitsregel, Opladen 1984. Die Gegenposition z.B. bei H. Oberreuter, Abgesang auf einen Verfassungstyp? Aktuelle Herausforderungen und Mißverständnisse der parlamentarischen Demokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 2/ 1983, S. 19ff.
E. Fraenkel, Die repräsentative und die plebi stltäre Komponente im demokratischen Verfassungsstaat (1958), in. der Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 71979, S. 151.
Hierzu jetzt umfassend E Jesse, Wahlrecht zwischen Kontinuität und Reform. Eine Analyse dei Wahlsystemdiskussion und der Wahlrechts- änderungen in der Bunden epublik Deutschland 1949–1983, Düsseldorf 1985 (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 78); für einzelne Phasen: E.H.M. Lange, Wahlrecht und Innen- politik. Enststehungsgeschichte und Analyse der Wahlgesetzgebung und Wahlrechtsdiskussion im westlichen Nachkriegsdeutschland 1945–1956, Meisenheim/Glan 1975 (= Marburger Abhandlungen zur Politischen 53
Wissenschaft 26); R. Bredthauer, Das Wahlsystem als Objekt von Politik und Wissenschaft. Die Wahlsystemdiskussion in der BRD 1967/68 als politische und wissenschaftliche Auseinandersetzung, Meisenheim/Glan 1973 (_ Studien zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland 2)
F.A. Hermens, Demokratie oder Anarchie? Untersuchung über die Verhältniswahl, Köln/Opladen 21968, S. 34; wesentlich nachdrücklicher: D. Sternberger, Die große Wahlreform, Köln/Opladen 1964, S. 79, 83, 92 u.ö.
Z.B. D.E. Butler, The British General Election of 1955, London 1955, S.3; R.T. McKenzie, a.a.O., S. 14.
R. Wildenmann, W. Kaltefleiter, U. Schleth, Auswirkungen von Wahlsystemen auf das Parteien-und Regierungssystem der Bundesrepublik, in: E.K. Scheuch/ R. Wildenmann (Hrsg.), Zur Soziologie der Wahl, Köln/Opladen 1965, S. 74 ff. (= Sonderheft 9 der KZfS).
Zit. nach E. Jesse, a.a.O., S. 170
Zur Neugestaltung des Bundestagswahlrechts Bericht des vom Bundesminister des Inneren eingesetzten Beirates für Fragen der Wahlrechtsreform, Bonn 1968.
Bericht der SPD-Wahlrechtskommission. Hrsg. vom Vorstand der SPD, Bonn 1968.
F.A. Hermens, H. Unkelbach, Die Wissenschaft und das Wahlrecht, in: PVS 8 (1967), S. 2ff.
Wenn man einmal vom sog. Graben-System absieht. Hierzu E. Jesse, a.a.O., S. 158ff.
Hierzu näher E. Jesse, a.a.O., S. 129ff.
Hans Setzer bildet eine der wenigen Ausnahmen, z.B.: Das britische Parteiensystem. Institutionelle, soziale und ökonomische Faktoren seiner Entwicklung, in: JöR 32 (1983) S. 71ff.
Hier sei nur an das Schicksal des sog. Blake-Reports (The Report of the Hansard Society Commission an Electoral Reform, London 1976) erinnert
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Hübner, E. (1987). Britische Parteien und Britisches Wahlsystem in der Bundesdeutschen Diskussion. In: Döring, H., Grosser, D. (eds) Großbritannien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93771-1_4
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