Zusammenfassung
Es ist heute zum Glück nicht mehr erforderlich, die Wahi eines qualitativen Forschungsansatzes in aller Umständlichkeit zu begründen. Die Zeit der unfruchtbaren — weil auf Programme beschränkten — Schaukampfe zwischen,,quantitativer“und,,qualitativer“Forschung ist vorbei. Die Einsicht hat sich durchgesetzt, daB die beiden Begriffe — man soilte vielleicht eher von begrifflichen Markierungen sprechen — auf Ansätze verweisen, die in sich stark heterogen sind und sich gegenseitig Uberschneiden. Von zunehmender Bedeutung sind dabei alle Formen der Kombination und Integration.’ Im Rahmen der empirischen Forschungspraxis kann die Kontrastierung der verschiedenen Ansätze aber immerhin dazu beitragen, das BewuBtsein für die zu lösenden methodologischen und technischen Probleme zu schärfen.
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Literatur
Die Heterogenität alles dessen, was zur „qualitativen“Forschung gerechnet werden kann, wird z.B. von Lamnek (1989) herausgearbeitet. Zur Integration von qualitativen und quantitativen Ansätzen vgl. Fréter et al. (1991).
Einen ausführlichen Überblick über die verschiedenen Lösungswege gibt Lamnek (1989: 233ff).
Vgl. Fischer/Kohli (1987) für eine ausführlichere Argumentation.
Die methodischen Varianten einer solchen Erhebung werden insbesondere von Fuchs (1984) und Lamnek (1989: 312ff) erörtert.
„Erzählbar ist immer nur,die Geschichte von4, nicht aber ein Zustand oder eine immer wiederkehrende Routine“(Hermanns 1991: 183).
An dieser Stelle sei nochmals unser Umgang mit dem Prinzip der Offenheit des For-schungsprozesses dargestellt. In der Datenerhebung folgen wir diesem Prinzip insofern, als wir mit nicht oder wenig standardisierten Verfahren arbeiten, die den Probanden genug Spielraum geben, ihre subjektiven Relevanzen zum Ausdruck zu bringen. Im Verhältnis von Erhebung und Auswertung folgen wir ihm insofern, als wir aufgrund der ersten Ergebnisse unsere Vorannahmen überprüfen und unerwartete neue Aspekte in die weitere Erhebung mit einbeziehen. Auch in der Auswertung selber sind wir bereit, uns überraschen zu lassen. Der Forderung dagegen, der Forscher solle sich ohne vorherige theoretische Orientierung ins Feld begeben — wie sie aus einigen (vielleicht mißverständlichen) Formulierungen von Glaser/Strauss (1967) abgeleitet wird, die inzwischen in den Kanon der qualitativen Forschung eingegangen sind —, folgen wir nicht. Wir sehen dabei zwei Gefahren: Soweit diese theoretische Voraussetzungslosigkeit fiktiv ist, besteht die Gefahr, daß theoretische Prämissen und Vermutungen unkontrolliert in die Forschung einfließen. Soweit tatsächlich keine theoretischen Leitideen die Datenerhebung und -auswertung steuern, besteht die Gefahr eines ziellosen Empirismus.
Für eine solche Relativierung sprechen auch die Erfahrungen aus einer parallel durchgeführten Untersuchung über den Vorruhestand. Bei den Interviews, die wahrend der Arbeitszeit in Betriebsräumen stattfanden, produzierte der Eingangsstimulus dort in einigen Fällen Lebens“geschichten“in Form eines tabellarischen Lebenslaufs. Dagegen folgte bei Interviews, die in der Wohnung der jeweiligen Interviewpartner geführt wurden und denen eine längere „Aufwärmphase“vorangehen konnte, in der Regel eine relativ ausführliche lebensgeschichtliche Erzählung. Schon aufgrund dieser Beobachtung stehen wir Auswertungsstrategien, die überwiegend an der Textform des Interviews ansetzen, skeptisch gegenüber. Die unterschiedliche Präsentation der Lebensgeschichte ist in den geschilderten Fällen offensichtlich weniger den Personen und der Interviewtechnik als dem situativen Kontext zuzuschreiben (Kohli et al. 1989: 57f).
Für eine ausführliche Erläuterung eines analogen Verfahrens im Rahmen von Milieuanalysen vgl. Burkart et al. (1989).
Im Gegensatz zum weit verbreiteten Festhalten an Genauigkeit um ihrer selbst willen vertreten wir also die Auffassung, daß Transkripte nur so genau sein sollen, wie es ihrer Funktion im Text entspricht (vgl. Kohlietal. 1989:286f). Was darüber hinausgeht, ist überflüssig und stellt für die Leseaufmerksamkeit nicht nur eine Belastung, sondern auch eine Fehlleitung dar.
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© 1993 Leske + Budrich, Oplanden
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Freter, HJ., Kohli, M., Langehennig, M. (1993). Methodischer Ansatz. In: Engagement im Ruhestand. Biographie & Gesellschaft, vol 11. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93735-3_2
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