Zusammenfassung
„Kleine Gemeinde in einem großstädtischen Ballungsraum zu sein, bedeutet vor allem: einem tiefgreifenden und schnellen sozialen Wandlungs-prozeß unterworfen zu sein.“2 Für jeden äußerlich sichtbar wird dieser Wandel im veränderten Ortsbild: der alte bäuerliche Ortskern wird überlagert und verdeckt durch eine Fülle „städtischer“ Mietshäuser, die Bungalows der Wohlhabenden und die „skyline“ der Hochhäuser, die dem ehemaligen Bauerndorf das Aussehen einer Vorstadt geben. Sozial erfahrbar wird dieser Wandel im problematischen Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, vor allem der Einheimischen — die zu einer kleinen Minderheit geworden sind — und der neu Zugezogenen, wobei von einem „Zusammenleben“ eigentlich nicht mehr gesprochen werden kann, sondern nur noch vom Nebeneinanderherleben. Ablesbar sind diese Erscheinungen am Rückgang von dorföffentlichen Veranstaltungen, an der Reduktion des Vereinslebens u.a. mehr.3
Dieser Beitrag beruht auf Erhebungen, die von den beiden Autoren im Rahmen ihrer Untersuchung über das Verhältnis verschiedener Herkunftsgruppen in Ballungsraumgemeinden gemacht wurden. Die Untersuchung wurde in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft für Siedlungswesen Leonberg und im Auftrag des evangelischen Kirchenbezirks Leonberg durchgeführt. Ein Teil der Untersuchungsergebnisse wurde unter dem Titel „Kleine Gemeinde im Ballungsraum. Das Verhältnis verschiedener Bevölkerungsgruppen (Herkunftsgruppen) in schnell wachsenden Gemeinden“ 1975 im Burckhardthaus-Verlag Gelnhausen-Berlin veröffentlicht. — Das Material für den hier vorgelegten Beitrag ist bislang unveröffentlicht. Die Hinweise auf die Situation nach der Gemeindereform beruhen auf Schlüsselpersonengesprächen, die Hans-Georg Wehling im Sommer 1977 geführt hat.
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Literatur
Hans-Georg Wehling/Axel Werner, Kleine Gemeinde im Ballungsraum, a.a.O., S. 19
Vgl. dazu den Beitrag von Herbert Schwedt, Das Dorf im Verstäderungspro-zeß, und Hans-Georg Wehling/Axel Werner „Schlafgemeinden“, beide abgedruckt in diesem Buch.
Wehling/Werner, „Kleine Gemeinde…“, a.a.O., S. 99
Bei der Rerpäsentativbefragung lautete unsere Frage 82: „Welcher Meinung würden Sie zustimmen? Meinung A: Parteien haben auf dem Rathaus nichts zu suchen, denn hier geht es um Sachfragen, Meinung B: Ohne Parteien wird die Kommunalpolitik leicht zur Kirchturmspolitik“Zur Meinung B tendierten vor allem Männer, die Jüngeren und die Einwohner mit geringerer Wohndauer. In der der Kernstadt sehr viel näheren Untersuchungsgemeinde stimmten 39% der Meinung B zu, in der anderen waren es 26% (die Zustimmung zu A war in beiden Gemeinden mit 44% bzw. 45% annähernd gleich groß, die Unterschiede kommen von den Unsicheren).
Gerhard Lehmbruch, Der Januskopf der Ortsparteien. Kommunalpolitik und das lokale Parteiensystem, in: Der Bürger im Staat, Jg. 25, 1975, H. 1, S. 3–8, hier S.4
Bei einer Bürgeranhörung entschieden sich 91% für die Beibehaltung der Selbständigkeit — allerdings betrug die Stimmbeteiligung nur 42%. Unserer Umfrage zufolge waren 48% für die Selbständigkeit, 32% für den Anschluß an die Stadt. — Vgl. Wehling/Werner, Kleine Gemeinde..., a.a.O., S. 74
Berechtigung für den angestrebten Rechtstitel „Große Kreisstadt“, der der Stadtverwaltung Kompetenzen aus dem Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes überträgt und dem Stadtoberhaupt den Titel „Oberbürgermeister“bringt. Zugleich erhofft sich die Stadt davon eine zusätzliche Absicherung gegen die Eingemeindungsgelüste der Kernstadt.
Vgl. § 27 GO von Baden-Württemberg i.d.F. vom 22.12.1975
Vgl. Lehmbruch, a.a.O., S. 6
Ebd. S. 4 f.
Zum Begriff „Integration“vgl. unseren Beitrag „Schlafgemeinden“in diesem Buch S. 103 u. 105
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© 1978 Leske Verlag + Budrich GmbH
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Wehling, HG., Werner, A. (1978). „Altes Dorf“ und neue Siedlung. In: Wehling, HG. (eds) Dorfpolitik. Analysen, vol 22. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93714-8_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93714-8_11
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