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Probleme und Potentiale einer Neubestimmung des Projekts der Moderne unter dem Leitbild „nachhaltige Entwicklung“. Zur Einführung

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Part of the book series: Reihe „Soziologie und Ökologie“ ((SUÖ,volume 1))

Zusammenfassung

Mit dem Konzept Sustainable Development gewinnt eine neue Leitidee globaler wie regionaler Entwicklung Gestalt, in der ökologische, soziale und ökonomische Entwicklungsdimensionen miteinander verknüpft werden — anders als im Konzept der „ökologischen Modernisierung“, das das Augenmerk vorrangig auf die ökologische Umstrukturierung der Wirtschaft (in kochentwickelten Industrieländern) richtete. Damit verschiebt sich das Terrain der symbolischen Definitionskämpfe, verschieben sich Problemwahrnehmungen, Konfliktlinien und Akteurskonstellationen. Gerechtigkeitsaspekte, Verteilungsprobleme und die Grenzen der bisherigen Regulierungsformen rücken in den Vordergrund der Debatte. Die ökologische Thematik gewinnt damit, auch im öffentlichen Verständnis, eine genuin sozialwissenschaftliche Relevanz, die über soziale Akzeptanz- und Risikoforschung, über die Analyse von Umweltkommunikation oder Umweltprotest weit hinausreicht.

„The real challenge of sustainability is to reframe the challenge“ (Norgaard 1994: 23)

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Literatur

  1. In Deutschland kursieren eine ganze Reihe unterschiedlicher Übersetzungen von „sustainable development“. In der deutschen Fassung des Brundtland-Reports wurde zunächst der Ausdruck „dauerhafte Entwicklung” verwandt, der sich aufgrund des Fehlens eines ökologischen Bedeutungsinhalts aber nicht durchsetzen konnte. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen bevorzugte deshalb die Formel „dauerhaft, umweltgerechte Entwicklung“ (RSU 1994). Die Enquete Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt” (1994) übersetzte „sustainable development“ als „nachhaltig zukunftsfähige Entwicklung”. Das Wuppertal-Institut wählte, um falschen Assoziationen vorzubeugen, für seine Studie den Titel „Zukunftsfähiges Deutschland“ (BUND und Misereor 1996). Inzwischen hat sich auf den verschiedensten Ebenen, in Politik, Wissenschaft und im Sprachgebrauch von Bewegungsakteuren, weitgehend der Begriff „nachhaltige Entwicklung” durchgesetzt. Die diesem Leitbild entsprechenden Aspekte gesellschaftlichen Lebens werden dann als „nachhaltiger Konsum“, „nachhaltiges Wirtschaften”, „nachhaltige Abfallpolitik“, „nachhaltige Städte” etc. bezeichnet. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ findet in Deutschland auch durch den häufigen Verweis auf das in der deutschen Forstwirtschaft seit dem 18. Jahrhundert gebräuchliche Prinzip „forstlicher Nachhaltigkeit” (vgl. Schanz 1996) eine gewisse Plausibilisierung.

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  2. Einen Überblick über die verschiedenen Definitionen von,sustainable development’ bieten Pearce et al. 1989. Strukturierungsversuche der in der öffentlichen Debatte konkurrierenden Diskursstränge unternehmen z.B. Arts 1994, Kopfmüller 1994 und Brand 1995. Zentrale inhaltliche Differenzen der Debatte arbeitet Huber (1995) heraus.

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  3. Das Problem der Selbstbegrenzung und Koordination der (nur ihren Binnenrationalitäten folgenden) Entwicklungsdynamik gesellschaftlicher Teilsysteme haben bereits Berger (1986) und Offe (1986) als Zentralproblem moderner Gesellschaften identifizierte (vgl. den Beitrag von Jobst Conrad in diesem Band).

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  4. Das wird auch dadurch belegt, daß das Leitbild,nachhaltiger Entwicklung’ in den vergangenen Jahren — nicht nur in Deutschland — weniger auf der nationalen als auf der kommunalen Ebene eine innovative, handlungsrelevante Kraft erlangt hat (vgl. Semrau 1996 ). Zentrale Bedeutung für die lokale Umsetzung besitzt hierbei das im Kapitel 28 der Agenda 21 formulierte Mandat, demzufolge die kommunalen Behörden in einem Konsultationsprozeß mit ihren Bürgern eine „lokale Agenda 21“ erstellen sollen (vgl. Dangschat, in diesem Band).

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  5. Huber ( 1995a: 87ff.) unterscheidet — im Anschluß an H. Zacher — drei verschiedene, in der Debatte über,nachhaltige Entwicklung’ konkurrierende Gerechtigkeitkonzepte, die Besitzstands-, die Leistungs-und die Bedürfnisgerechtigkeit, die er den drei politischen Grundphilosophien der westlichen Moderne, Konservatismus, Liberalismus und Kommunismus zuordnet.

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  6. Huber (1994, 1995a) bündelt die in der Debatte über,nachhaltige Entwicklung’ kursierenden Handlungsempfehlungen zu drei „Strategietypen“: der Suffizienz-, der Effizienz-und der Konsistenzstrategie. „Suffizienz meint Genügsamkeit und Bescheidenheit” (1995: 123); sie zielt auf die Entwicklung eines neuen, weniger geld-, energie-und ressourcenintensiven Lebensstils. Die Effizienzstrategie zielt auf die Verbesserung des ökologischen Wirkungsgrades. „Gewünschte Produktionsleistungen sollen mit dem geringstmöglichen Einsatz an Material und Eneregie erstellt werden“ (ebd.: 131). Bei der Konsistenzstrategie geht es um „die Substitution ökologisch problematischer Stoffströme” (ebd.: 140), um industrielle Stoffströme relativ problemlos in natürliche Kreisläufe einfügen zu können. Huber plädiert selbst entschieden für eine Kombination dieser drei Strategien.

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  7. Diese Position wird z.B. in der „Final declaration of the second world industry conference an environmental management“ von 1991 folgendermaßen charakterisiert: „Wir halten nachhaltige Entwicklung für ein essentielles internationales Ziel, das reales wirtschaftliches Wachstum verlangt, weil nur dieses Wachstum die Möglichkeit schaffen kann, Umweltprobleme zu lösen und gleichzeitig Armut zu erleichtern oder zu eliminieren sowie Bevölkerungswachstum zu reduzieren.” (ICC 1991, S. 2)

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  8. Die Forderung nach einer systematisch Verknüpfung dieser drei Aspekte,nachhaltiger Entwicklung’ findet sich inzwischen in den meisten einschlägigen Dokumenten der deutschen Debatte. Allerdings werden die verschiedenen Aspekte jeweils unterschiedlich gewichtet. Im Unterschied zur Enquete-Kommission hat für den Sachverständigenrat für Umweltfragen die — auch ethisch begründete — Beachtung der Grenzen ökologischer Tragfähigkeit eindeutig Vorrang; letztere gibt den Rahmen vor, in dem sich ökonomische und soziale Entwicklung vollziehen können (RSU 1994). Er sieht deshalb in der „Drei-SäulenTheorie“ und im Versuch, jeder dieser „Säulen” ein gleiches Gewicht beizumessen, auch die Gefahr, daß nachhaltige Entwicklung nicht als mehr als „Vernetzungsproblem“ gesehen, sondern als eine Frage der Abstimmung zwischen verschiedenen Interessenlagen mißverstanden wird (Brand u.a. 1996, RSU 1996: 54 ).

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  9. So kommt z.B. in der Fokussierung der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ auf materielle Stoffströme und Mengenverbrauch (gemessen mithilfe des MIPS-Indikators = Material-Input pro Serviceeinheit) als Zentralindikator für die gesellschaftliche Naturnutzung deutlich eine Wertentscheidung zugunsten der Option, Natureingriffe zu minimieren, zum Ausdruck. Aus der Perspektive der Konsistenzstrategie, der es nicht um die Reduktion der Quantität, sondern um die Veränderung der Qualität von Stoffströmen geht, bieten sich ganz andere Kriterien einer umweltverträglichen Entwicklung an (vgl. Huber 1995a: 138ff).

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© 1997 Leske + Budrich, Opladen

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Brand, KW. (1997). Probleme und Potentiale einer Neubestimmung des Projekts der Moderne unter dem Leitbild „nachhaltige Entwicklung“. Zur Einführung. In: Brand, KW. (eds) Nachhaltige Entwicklung. Reihe „Soziologie und Ökologie“, vol 1. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93682-0_1

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-322-93683-7

  • Online ISBN: 978-3-322-93682-0

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