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Von der auswärtigen zur internationalen Politik, oder: Die Modernisierung realistischen Denkens

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Zusammenfassung

Die Entsendung von Diplomaten zur Lösung internationaler Krisen, Verhandlungen über den Schutz der Erdatmosphäre oder eine gemeinsame Währungspolitik der Staaten, Konferenzen, Gipfeltreffen und andere symbolträchtige Zusammenkünfte von Staatschefs, Regierungschefs und Außenministern: dies ist (immer noch) das Gewand, in welchem sich, täglich über die Medien vermittelt, „internationale Beziehungen“ präsentieren. Die auswärtige Politik einzelner oder mehrerer Staaten, eventuell zusammengeschlossen in internationalen Organisationen: das klassische Bild internationaler Politik Wie selbstverständlich gehört zu diesem Bild, daß die Beziehungen zwischen Staaten von eigenen, nationalen Interessen bestimmt werden, der Mächtigere dabei seine Interessen über kurz oder lang durchsetzen kann, moralische Überlegungen hier keine Rolle spielen. Dies ist die realistische Sichtweise internationaler Beziehungen. Sie ist intuitiv eingängig, bestätigt sich jeden Tag am Bildschirm. Ihre wissenschaftliche Legitimation erhält sie durch die Schule des politischen Realismus, die über Jahrzehnte hinweg dominante Lehre über Wesen und Funktion der internationalen Politik Auch diese ist intuitiv eingängig und infolgedessen leicht zu vermitteln: eine „realistische“ Theorie, die die Realität der internationalen Politik angemessen beschreibt.

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Literatur

  1. Hans Morgenthau und John Herz flohen beide vor dem Naziregime aus Deutschland; vgl. Frei 1994.

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  2. Diese Darstellung des Niebuhrschen Denkens folgt der von M. J. Smith 1986: 106; bei Niebuhr kommt zum augustinischen Menschenbild jedoch noch eine paulinische Konzeption der Gnade hinzu; siehe: T. W. Smith 1995: 173.

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  3. Niebuhrs Werk ist dabei nicht nur das am meisten von judeo-christlichen Motiven durchzogene aller Realisten, sondern auch das umfangreichste. Vgl. vor allem Niebuhr 1949.

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  4. Dieses Zitat mag isoliert für sich den Eindruck erwecken, daB für Kissinger Außenpolitik aus dem Abwägen geopolitischer und realpolitischer Notwendigkeiten unter der Vernachlässigung gesellschaftlicher Forderungen bestünde (so Czempiel 1994; es handelt sich hier um eine Rezension von Kissinger 1994 ). Diese Interpretation freilich wird von Kissingers früheren Schriften keineswegs getragen, fügte er doch der angeführten Textstelle auf der folgenden Seite hinzu: „The acid test of a policy, however, is its ability to obtain domestic support“ (Kissinger 1974: 326 ).

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  5. Eine Idee Newtons, auf die Paul Feyerabend gerne verwies, so in Feyerabend 1986: 58 f., Fußnote 6.

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  6. Vgl. Touhnin 1991: 273 ff.; Kurt Gödel (1931) bewies, daß ein widerspruchsfreies formales System nicht ohne Annahmen auskommt, die außerhalb seiner selbst liegen und im System nicht bewiesen werden können.. Eine nützliche, übergreifende Darstellung der verschiedenen Motivationen und Tendenzen der Zwischenkriegszeit, die zusammengenommen den Eindruck eines eher konfusen Weltbildes verraten, bietet Lichtheim 1979: 116 ff.

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  7. Vgl. hierzu exemplarisch den Punkt V. im sogenannten, langen Telegramm“ Kennans aus Moskau. Auszugsweise abgedruckt in Czempiel/Schweizer 1984: 50–52.

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  8. Die Betonung liegt hier darauf, daß es sich beim System kollektiver Sicherheit um den Versuch der Institutionalisierung des Gleichgewichtssystems selbst handelt, nicht aber darum, der UNO die Rolle des Gleichgewichtsmanagers zuzuschreiben, die Großbritannien lange innehatte; insofern richtet sich die Kritik Parkinsons (1977: 54) an die falsche Adresse.

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  9. Die Dissertation wurde 1954 fertiggestellt, erschien aber erst fünf Jahre später als: Man, the State, and War (Waltz 1959).

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  10. Sicherlich wird die Vorrangstellung des Neorealismus durch die Dominanz der US-amerikanischen Forschung noch weiter gestützt. Der schon aufgrund seiner Zitierhäufigkeit hier relevante Aufsatz ist Hoffinann 1977. Vgl. auch die im deutschen Sprachraum in jüngerer Zeit desbezüglich ausgetragene Kontroverse zwischen Hellmann 1994 und Zürn 1994b.

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  11. Bezüglich der Begriffe „Neorealismus“ und „struktureller Realismus” herrscht eine beträchtliche Begriffsverwirrung vor, z.T. werden sie synonym verwendet, z.T. findet „struktureller Realismus“ Verwendung, um leichte Positionsdifferenzen zum Neorealismus auszudrücken. Im Falle von Buzan/Jones/Little ist der strukturelle Realismus die Fortentwicklung des Neorealismus. Da im vorliegenden Text zum einen detailliert auf das Verhältnis einzelner Ansätze zum Waltzschen Neorealismus eingegangen wird, zum anderen der Strukturbegriff weiter unten eine zentrale Rolle spielt, soll auf den verwirrenden Gebrauch des Terminus „struktureller Realismus” im Text verzichtet werden.

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  12. Es handelt sich dabei also nicht nur um die Analyse internationaler Regime im engeren Sinne, sondern den gesamten mit „Neoliberalismus“ bzw. „neoliberaler Institutionalismus” bezeichneten Theoriestrang. Während sich die Regimetheorie zumeist ausdrücklich als Teiltheorie internationaler Beziehungen versteht, wird der Neoliberalismus öfters als mit dem Neorealismus direkt konkurrierende Theorie der internationalen Beziehungen erachtet. Die Theorie der internationalen Regime entwickelte sich aus Elementen der Theorie der „hegemonialen Stabilität“ (hegemonic stability) und der Analyse der „komplexen Interdependenz” (nicht zuletzt unter Anwendung der Theorie öffentlicher Güter) sowie deren Rolle und Funktion nach dem hegemonialen Abstieg der USA. Die beiden Hauptwerke, die diese Entwicklung beförderten, waren Keohane/Nye 1977 sowie Keohane 1984. Die als klassisch zu bezeichnenden Sammelbände, in denen die wichtigsten theoretischen Beiträge und Kritiken zu Regimetheorie und Neoliberalismus zusammengetragen sind, sind Kramer 1989 sowie Baldwin 1993.

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  13. Eine ausführliche Darstellung der hier von besonderen Fragestellungen gekennzeichneten, dabei wesentlich mehr an den praktischen Entstehungsbedingungen internationaler Regime und den Motiven idealistischer und funktionalistischer Vorgänger orientierten Regimeforschung in der Bundesrepublik Deutschland findet sich in den beiden Sammelbänden Kohler-Koch 1989a sowie Rittberger with the assistance of Mayer 1993. Zu Theorien der „hegemonic stability“ sowie deren Bedeutung für die Theorien internationaler Regime vgl. im Überblick Robel 1994.

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  14. Nichtsdestotrotz kommt dem regimetheoretischen Ansatz hinsichtlich des 18 Siehe Mayer/Rittberger/Zürn 1993: 394; die „grotianische“ Tradition stellt dabei eine Schnittstelle zwischen der Regimetheorie und der englischen Theorieschule dar. Ein-gefii hrt wurde der Terminus von Wight; siehe hierzu Hurrell 1993. Verfolgt wird eine solche grotianische Linie zur Analyse internationaler Beziehungen insbesondere von Kratochwil 1989.

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  15. Der Neorealismus tat sich bislang mit der Berücksichtigung von Rollenerwartungen und Nonnen schwer. Die neuere neorealistische Theorieentwicklung im Waltzschen (nicht unbedingt im Buzan/Jones/Littleschen) Sinne versucht nunmehr, zumindest die Normen des Völkerrechts als Teil einer „Systemstruktur“ zu definieren; siehe Kocs 1994.

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  16. Vor dem Hintergrund der entsprechenden sozialphilosophischen Diskussionen erscheint der Rückgriff auf die Habennassche Theorie des kommunikativen Handelns zur Modifizierung einer nur am strategischen Handeln orientierten Theorie der rationalen Wahl als nahezu selbstverständlich. Daß Müller diesen Weg direkt einschlägt, spricht dafür, daß auch er eine umfassende Modifikation des Erklärungsanspruchs einer Theorie internationaler Beziehungen auf der Grundlage eines rationalistischen Weltbildes im Auge hat; ansonsten hätte es näher gelegen, zunächst das institutionalistische Erklärungsdefizit durch eine Anwendung neokontraktualistischer Beiträge (Buchanan, Nozick, Rawls) auf die internationalen Beziehungen zu beheben zu suchen.

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  17. Einen sehr guten Überblick Tiber das Denken Habermas’ bietet McCarthy 1988; zur Frankfurter Schule: Wiggershaus 1988. Zum „friihen“ und „späten” Habermas im Kontext der Verwendung in Theorien internationaler Beziehungen vgl. auch C. Brown 1994: 218 ff.

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  18. Siehe Scherrer 1994. Im englischsprachigen Raum herrscht eine gewisse Begriffsverwimmg ob des Gebrauchs von „kritischer Theorie“ in der Theorie internationaler Beziehungen vor. Eingebürgert hat sich mittlerweile eine von Mark Hoffman (1987) vorgenommene Einteilung. Hiernach bezieht sich „Critical Theory” mit großen Anfangsbuchstaben auf die Frankfurter Schule im engeren Sinne; „critical theory“ hingegen erscheint als der Rest „reflexiver” ( Keohane 1988 ) Ansätze, welche das neorealistische „Paradigma“ in Frage stellen.

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  19. Die Darstellung des Ashleyschen Argumentationsganges bezieht sich hier synoptisch auf die Aufsätze „Political realism and human interest“ (Ashley 1981), „Three modes of economism” (Ashely 1983b), sowie „The poverty of neorealism“ (Ashley 1984). Zu den verschiedenen Möglichkeiten, diese Argumentation (einschließlich der späterem Arbeiten Ashleys) in einem etwas rosigen oder etwas traben Licht erscheinen zu lassen, siehe Youngs 1994 (rosig) und Spegele 1992 (weniger rosig).

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  20. Eine ähnliche Kritik wird von Wendt 1987 vorgetragen. Auf die Argumente Wendts wird weiter unten im Rahmen der Diskussion der Akteur-Struktur-Problematik näher eingegangen. Eine ausführliche Gegenüberstellung der Argumente Wendts und Ashleys findet sich in Scherrer 1994.

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  21. Es geht an dieser Stelle nicht um eine ausführliche, systematische Darstellung „postmoderner“ AnsAtze in der Theorie der internationalen Beziehungen, sondern nur um ein Aufzeigen der bier unmittelbar relevanten Argumentationsstränge. Eine systematische Betrachtung findet sich bei Albert 1994a.

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  22. Der Begriff der „Cartesian Anxiety“ stammt Bernstein 1988, der damit zum Ausdruck bringen will, daß sich das moderne Denken nur an den Polen einer objektiven Gewißheit und einer relativistischen Haltlosigkeit zu orientieren in der Lage ist. Jeder Abstrich am Ziel der Objektivität ruft Ängste eines Abgleitens in die Relativität hervor.

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  23. Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, Tiefenstrukturen zu erfassen; vgl. Ashley 1987: 408.

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  24. lm Lager der postmodemen Kritik und ihrer sympathisierenden Beobachter ist zum Teil eine ähnliche Einstellung zu vermerken. Man begnügt sich schlichtweg damit, eine zur metatheoretischen Auseinandersetzung parallele theoretisch-empirische Arbeit einzufordern; vgl. Neufeld 1994: 392.

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  25. An Vorschlägen zur Klassifikation theoretischer Diskussionen in den Internationalen Beziehungen mangelt es auch ansonsten nicht; vgl. etwa Donelan 1990; zu einer ideengeschichtlichen Betrachtungsweise siehe Meyers 1990.

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  26. Wendt (1992b: 392) merkt korrekterweise an, daß einige Neoliberale dadurch, daß sie dieses Moment struktureller Notwendigkeit anerkennen, von ihrem rationalistischen Idealbid abweichen: „they are realists before they are liberals“.

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  27. Der Ausdruck ist adaptiert von Menzel 1992; nur kann im vorliegenden Zusammenhang weniger von einem „Scheitern der Theorie“ die Rede sein, denn ein Scheitern ist ja nur auf einem legitimatorischen Untergrund möglich, der ein Urteil über Scheitern und Nicht-Scheitern zuläßt.

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Albert, M. (1996). Von der auswärtigen zur internationalen Politik, oder: Die Modernisierung realistischen Denkens. In: Fallen der (Welt-)Ordnung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93671-4_2

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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