Zusammenfassung
Seit inzwischen fast zwei Jahrzehnten wird in westlichen Industriegesellschaften ein Wertewandel konstatiert, der gleichsam in einer “stillen Revolution”1 tradierte Interpretationsmuster, Deutungsmuster und Weltbilder erodiert. Grundlegende kulturelle Vorstellungen über die Struktur und Funktionsweise dieser Gesellschaften scheinen ins Wanken zu geraten, ein Grundeinverständnis hinsichtlich der gesellschaftlichen Zielperspektiven gefährdet.
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Literatur
Siehe die gleichnamige Studie von Ronald Inglehart, The Silent Revolution in Europe: Intergenerational Change in Post-Industrial Societies, in: American Polictical Science Review,Bd. 65 (1971), S. 991–1017
s. auch dens., The Silent Revolution, Princeton, N.J.: Princeton University Press 1977.
Thomas S. Kuhn, The Structure of Scientific Revolutions, Chicago: University of Chicago Press 1962.
Siehe die Definition von Lester W. Milbrath, Environmentalists: Vanguard for a New Society,Albany: State University of New York Press 1984, S. 7: “A paradigm may be defined as a society’s dominant belief structure that organizes the way that people perceive and interpret the functioning of the world around them.… Every society has a dominant social paradigm, which consists of the values, metaphysical beliefs, institutions, habits etc., that collectively provide social lenses through which individuals and group interpret their social world.”
Siehe Stephen Cotgrove, Catastrophe or Cornucopia: The Environment, Politics and the Future, Chichester u.a.: Wiley 1982, S. 26
Vgl. Volker Bornschier, Westliche Gesellschaft im Wandel,Frankfurt a.M./New York: Campus 1988, S. 37ff.
Vgl. Walter Ludwig Bühl, Ökologische Knappheit,Göttingen: Vandenhoek and Ruprecht 1981, S. 113ff.
Oldemeyer erachtet diesen Minimalkanon als Gemeinsamkeit schon früherer Hochkulturen, der langfristig stabil ist. Vgl. Ernst Oldemeyer, Zum Problem der Umwertung von Werten, in: Helmut Klages/Peter Kmieciak (Hrsg.), Wertwandel und gesellschaftlicher Wandel,Frankfurt a.M./New York: Campus 1979, S. 597–617, hier S. 602.
Kurt Sontheimer, Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, München: Piper 1980, S. 78.
Siehe Richard Stoss, Struktur und Entwicklung des Parteiensystems in der Bundesrepublik–Eine Theorie, in: ders. (Hrsg.), Parteienhandbuch, Bd. 1, Opladen: Westdeutscher Verlag 1983, S. 17–309, hier S. 154–159, 204–209; ders., Parteien zwischen Staat und Gesellschaft, in: Peter Haungs/Eckhard Jesse (Hrsg.), Parteien in der Krise?, Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1987, S. 192–195
Horst Schmollinger/Richard Stoss, Konflikt und Konsens im Parteiensystem der Bundesrepublik in den 80er Jahren, unveróff. Ms., Berlin 1983.
Thomas Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland,Opladen: Westdeutscher Verlag 19733, S. 472, 474.
Theo Pirker, Die verordnete Demokratie,Berlin: 011e and Wolther 1977, S. 156f.
Es gereichte manchen Autoren sogar zu scharfen Feststellungen der folgenden Art: “Es ist wohl keine Übertreibung zu sagen, daß unter dem Deckmantel der parlamentarischen Demokratie das Bismarcksche System in Westdeutschland rekonstruiert worden ist.” So 1950 Franz L. Neumann, Deutsche Demokratie, in: Wirtschaft, Staat und Demokratie. Aufsätze 1930–1954,hrsg. von Alfons Söllner, Suhrkamp 1978, S. 327–372, hier S. 336. Vgl. auch Ernst Fraenkel: “Es hat den Anschein, als ob die Väter des Grundgesetzes in das andere Extrem verfallen sind [gegenüber Weimar] und den repräsentativen Charakter des Regierungssystems überbetont haben.” (Deutschland und die westlichen Demokratien,Stuttgart u.a.: Kohlhammer 1968, S. 117.)
Max Kaase, Zur Legitimität des politischen Systems in den westlichen Demokratien, in Albrecht Randelshofer/Werner Süß, Konsens und Konflikt, 35 Jahre Grundgesetz,Berlin/New York: de Gruyter, S. 463–494, hier S. 493; s. dazu auch die folgenden Abschnitte.
Im Dezember 1949, ein halbes Jahr nach Proklamierung des Grundgesetzes wußte nur etwa ein Drittel der Bevölkerung vom Grundgesetz. Siehe zur politischen Kultur der Nachkriegsjahre und der frühen Jahre der Bundesrepublik die kommentierte Zusammenstellung von OMGUS- und HICOG-Surveys durch Anna J. Merritt/Richard L.
Trennung der politischen und ökonomischen Sphäre
Merritt, Public Opinion in occupied Germany,Urbana u.a.: Univ. of Illinois Press 1970, hier S. 315.
Vgl. Kaase, Zur Legitimität des politischen Systems (Anm. 28), S. 478; Merritt/Merritt, Public Opinion (Anm. 29), S. 44; Helge Pross, Kapitalismus und Demokratie, Frankfurt a.M.: Athenäum 1972, S. 23–27; Dieter Fuchs, Die Unterstützung des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen: Westdeutscher Verlag 1989, S. 102.
Siehe hierzu und zur aktuellen Unterstützung des politischen Systems in der Bundesrepublik: Fuchs, Die Unterstützung des politischen Systems (Anm. 31), S. 97ff.; jüngst auch mit speziellem Fokus auf den Deutschen Bundestag: Suzanne S. Schüttemeyer, Bundestag und Bürger im Spiegel der Demoskopie, Opladen: Westdeutscher Verlag 1986.
Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8.6.1967; es verpflichtet die Wirtschaftspolitik von Bund und Ländern auf das angeführte magische Viereck“. Siehe Dieter Grosser (Hrsg.), Der Staat in der Wirtschaft der Bundesrepublik, Opladen: Leske and Budrich 1985, S. 385f.
Die Verknüpfung ökonomischer Ziele mit gesellschaftlichen Zielen und die Verbindung mit dem Integrationsproblem ist - einem Gutachten für das Bundeskanzleramt zufolge - als sehr eng anzusehen. Vorrangig ist demnach das Ziel “wirtschaftliches Wachstum”, gefolgt von dem Ziel “gerechte Einkommensverteilung”. Alle anderen Ziele haben nur “Instrumentalcharakter” und lassen sich aus diesen ableiten. Letztendlich ruhen diese Ziele wiederum auf den gesellschaftlichen Zielvorstellungen Freiheit, Sicherheit, Gerechtigkeit und Wachstum, wobei letzteres von den Autoren wie folgt definiert wird: “Der Sinn sozialer Entwicklung besteht darin, durch gemeinschaftliche Manipulation der Umweltbedingungen über Arbeitsteilung und Spezialisierung die individuellen Freiheitsspielräume auszuweiten.” Siehe Dieter Schröder, Wachstum und Gesellschaftspolitik (Prognos Studien 4, im Auftrag des Planungsstabes im Bundeskanzleramt der Bundesrepublik Deutschland vom 13. Sept. 1968), Stuttgart u.a.: Kohlhammer 1971, S. 39–47, hier S. 43, 46f.
Die Literatur zur Entwicklung des Wohlfahrtsstaates ist beträchtlich. Hier sei nur auf zwei Analysen hingewiesen, die mithilfe eines Modells gesellschaftlicher Modernisierung den Einfluß von Industrialisierung, sozialer Mobilisierung, politischer Beteiligung und Merkmalen des politischen Systems u.a. auf die Implementierung sozialer Programme in Wohlfahrtsstaaten untersuchen: Peter Flora/Jens Alber/Jürgen Kohl, Zur Entwicklung der westeuropäischen Wohlfahrtsstaaten, in: Politische Vierteljahresschrift,18. Jg. 1977, H. 4, S. 707–772; Saundra K. Schneider, The Sequential Development of Social Programs in Eighteen Welfare States, in: Comparative Social Research,Bd. 5 (1982), S. 195–219.
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© 1991 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Weßels, B. (1991). Wachstumsparadigma und gesellschaftlicher Grundkonsens. In: Erosion des Wachstumsparadigmas: Neue Konfliktstrukturen im politischen System der Bundesrepublik?. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93608-0_3
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