Zusammenfassung
Gespenster treibt es um in Europa, es sind die Geister des Kapitalismus, der rationalen Lebensführung, der systematischen Arbeit, des innerweltlichen Berufs. Das Werk Max Webers wird hier behandelt, weil es zum einen diese Geister benennt, zum anderen aber auch, weil es als eine positive Kritik der Geschichtsphilosophie Marx’ angelegt ist und eine ‘andere’ Konzeption der Entstehung und Entwicklung des modernen Kapitalismus enthält.49 Unter der allgemeinen Fragestellung, “welche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, daß gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch — wie wenigstens wir uns gerne vorstellen — in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen?” (Weber 1973, S. 340; Hervorh. im Orig.), betrachtet Weber die ‘schicksalsvollste Macht’ unseres modernen Lebens: den Kapitalismus. Dabei geht es ihm besonders um die herrschende Wirtschaftsgesinnung, die im Falle des modernen, okzidentalen Wirtschaftsethos gespeist wird aus den Ideen des asketischen Protestantismus.
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Literatur
Löwith (1973, S. 30f) verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß Weber gerade bei der Kritik am Historischen Materialismus den jungen Marx, dessen Arbeitsbegriff hier sehr aufschlußreich war, nicht berücksichtigen konnte.
Eine illustrative Beschreibung dieses okzidentalen Rationalisierungsprozesses finden wir in den ‘Vorbemerkungen’ (Weber 1973, S. 340ff). Vgl. auch Maurer 1993.
Bogner (1989, S. 139) verweist zu Recht darauf, daß es sich weniger um einen Geist denn um einen spezifischen Habitus handelt.
Erstaunlich ist, daß zwar viele Marx-Weber-Vergleiche unternommen worden sind, es aber meines Wissens bislang keine explizite Gegenüberstellung der Arbeitsbegriffe gibt. Zur Kapitalismus-Protestantismus-These vgl. Löwith (1973), Birnbaum (1973) und Giddens (1973). Ein Überblick über die nahezu unübersehbare Sekundärliteratur zu diesem Teil des Weberschen Werkes kann an dieser Stelle nicht erfolgen, es sei hier auf die Bibliographie in Seyfarth und Sprondel (1973) verwiesen.
Die hauptsächliche Kritik an Webers Kapitalismuskonzeption betrifft deren — allerdings oft vereinfachend dargestellte -’Einseitigkeit’ hinsichtlich der Zurückführung auf Ideen, aber auch historische Argumente, wie die, daß kapitalistische Strukturen bereits vor der Reformation bekannt gewesen seien. Vgl. zur zeitgenössischen Kritik den zweiten Band der Protestantischen Ethik (Weber 1982). Es kann und soll hier keine ausführliche Diskussion der Protestantischen Ethik an sich gegeben noch die Rezeption der Weberschen Studien (in Amerika durch die Übersetzung von Tal-cott Parsons hervorgerufen und bis heute andauernd) dargestellt werden.
Dieser Sachverhalt war Anlaß zu vielen Mißverständnissen und Mißdeutungen. Es läßt sich m.E. jedoch nicht übersehen, daß Webers Werk “durchzogen (ist) von dem Bemühen, das Ineinandergrei-fen von Interessen und Ideen zu analysieren” (Lepsius 1986, S. 20).
Weber verweist darauf, daß das Wort ‘Beruf’, aber auch ‘Berufung’ oder ‘calling’ verstanden als von Gott gestellter Aufgabe “aus den Bibelübersetzungen stammt, und zwar aus dem Geist der Übersetzer, nicht aus dem Geist des Originals” (Weber 1981, S. 66; Her-vorh. im Orig.).
Eine These, die als Grundlage seiner Religionssoziologie angesehen werden kann und die als Frage nach der Wirtschaftsethik der Weltreligionen einen großen Teil seines Schaffens durchzieht. Vgl. zu den persönlichen, historischen und werkgeschichtlichen Hintergründen der Protestantismus-Studien Lehmann 1988.
Von Weber anhand der ‘Westminster Confession’ von 1647 dargestellt.
Vgl. zur Geschichte der Zweckrationalisierung der Arbeits- und Lebenszeit Maurer 1992a.
In seinen politischen Schriften findet sich der Hinweis, daß Führerpersönlichkeiten mit ihrem Charisma diesem Vorgang zumindest entgegenzutreten in der Lage seien (vgl. Weber 1973, S. 167ff)
Gerade dieses ‘zwanghafte Verhältnis’ zum Geld ist einer der Kritikpunkte an bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaften, eine Kritik, die uns bereits weiter oben bei der Explikation des ‘Geldfetischismus’ begegnet ist und auf die hin wir moderne Arbeitsutopien noch näher zu überprüfen haben.
Erstaunlicherweise finden wir bei Weber, der ja eher die materiellen Fortschritte des Kapitalismus betont, auch den Satz, daß dieses Triebwerk den Menschen bestimmen wird, “bis der letzte Zentner fossilen Brennstoffs verglüht ist” (Weber 1981, S. 188).
Es kommt mir hier nicht darauf an, die weitreichende und komplexe Diskussion um das Verhältnis von Marx und Weber umfassend aufzuarbeiten, es soll hier eine Gegenüberstellung der ‘Arbeitsbegriffe’ genügen.
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Maurer, A. (1994). Arbeit ist Beruf (Max Weber). In: Moderne Arbeitsutopien. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 138. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93575-5_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93575-5_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12544-2
Online ISBN: 978-3-322-93575-5
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