Das Wohlfahrtsstaatliche Sanktionspuzzle — Zur Entwicklung und Verteilung der Strafen in England und Wales, Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland

Zusammenfassung

Wohlfahrtsstaaten sind nicht allein nach ihren jeweiligen Sozialleistungsquoten zu bewerten, sondern auch und gerade in bezug auf ihre Politik und ihre Maßnahmen gegenüber eher marginalisierten Lebensbereichen. Die Politik des Strafens und der Strafvollstreckung, kurzum die Kriminalpolitik im Wohlfahrtsstaat, ist ebenso zentral wie die Sozialpolitik, auch wenn kriminalpolitische Maßnahmen nur einen relativ kleinen Bevölkerungsteil betreffen. Der Wohlfahrtsstaat ist von seiner Intention der umfassenden kollektiven Daseinsvorsorge nicht auf die “normalen”, die Mehrheit der Bevölkerung betreffenden staatlichen Sicherheits- und Schutzmaßnahmen zu reduzieren. Auch gegenüber Minderheiten sollen die wohlfahrtsstaatlichen Ziele wie “Gleichheit”, “Gerechtigkeit”, “Sicherheit” und “Humanität” schrittweise ausgedehnt und verwirklicht werden. Das kriminalpolitische Programm des Wohlfahrtsstaates kann man pointiert als die Rücknahme strafrechtlichen Zwangs, als die Begrenzung des staatlichen Gewaltmonopols unter Wahrung eines hohen Maßes an individuellen Rechten und Freiheiten beschreiben (1).