Zusammenfassung
Zwei Begriffe bilden den Schlüssel zum Verständnis fast aller Probleme der Staatslehre, die sich auf den neuzeitlichen Staat beziehen: Souveränität und Legitimität. In einer ersten und vorläufigen Kennzeichnung richtet sich die Frage nach der Souveränität auf die Durchsetzungsmacht der Staatsgewalt, die Frage nach der Legitimität auf ihre Rechtfertigung. Beide Fragen hängen auf das engste zusammen, ja bilden gewissermaßen die Außen- und Innenseite desselben Problems. Denn die Durchsetzungsmacht der Staatsgewalt besteht nur so lange, als sie im großen und ganzen als gerechtfertigt gilt, mindestens bei den Trägern des Staatsapparates. Ist die Legitimitätsgrundlage der Staatsgewalt erschüttert, so kommt es zu passivem und aktivem Widerstand, zu Rechtsverweigerung, zu Sabotage, schließlich zur Totalpolarisierung und zum Bürgerkrieg, der in die Unterwerfung der einen Partei durch die andere und also in den Terror, in den Bürgerkrieg mit Polizeimitteln, mündet. Die Souveränität des Staates hängt von seiner Legitimität ab, und die Legitimität begründet seine Souveränität. Insofern ist die Legitimitätsfrage die Innenseite der Souveränitätsfrage. Was sich von außen als einfache Machtfrage darstellt, ist von innen gesehen ein Komplex von moralischen, psychologischen, anthropologischen, ökonomischen, geschichtlichen Fragen.
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Kriele, M. (1994). Legitimität. In: Einführung in die Staatslehre. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93514-4_2
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