Zusammenfassung
Es ist ein Gemeinplatz in der Forschung zur Weimarer Republik, die Weltbühne trotz ihrer bescheidenen Auflage2 als eine herausragende politisch-literarische Zeitschrift zu bezeichnen. So schrieb Dieter Mayer, bei der Weltbühne habe es sich um »das bedeutendste linksbürgerliche Forum [gehandelt], an dessen Rang allenfalls noch das 1920 gegründete Tage-Buch (herausgegeben von Stephan [d.i. Stefan] Großmann und Leopold Schwarzschild) herankam«.3 Jost Hermand schätzte sie als »wohl das wichtigste Organ dieser linken und doch freischwebenden jüdischen Intelligenz« ein.4 Daß die Weltbühne ursprünglich Die Schaubühne hieß, eine Theaterzeitschrift war und erst 1918, kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges, den Namen Weltbühne erhielt, hat man lediglich am Rande registriert; die Rolle der Schaubühne wurde als 13 Jahre währender Anlauf mit dem Ziel der Umformung in die Weltbühne betrachtet.
Anzunehmen, es sei die Tätigkeit an einer politischen Zeitung eine Arbeit »am praktischen Leben« — im Gegensatz zur »reinen« Literatur, ist eine blanke Schmockerei.
Kurt Tucholsky1
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Literatur
»Kleiner Vorschlag«, Wb, 6.1.1931,1, 33; jetzt in: Tucholsky 1975, Bd. 9, 110.
In einem Werbefaltblatt für die erste Sb-Ausgabe (im Deutschen Literaturarchiv, Marbach im Bestand B: S. Jacobsohn, Briefe an John Schikowski), wird die Auflage mit 40 000 angegeben. Tatsächlich war die Auflage deutlich niedriger: 1916 erreichte sie 1200 Exemplare, 1917 waren es 4000, 1924 zwischen 5500 und 10 000, 1926 13 000. Diese Angaben machte Sb/Wb-Herausgeber Siegfried Jacobsohn in Briefen an Kurt Tucholsky (vgl. Jacobsohn 1989, 189, 229, 233 und 359).
Mayer 1991, 102.
Jost Hermand: Juden in der Kultur der Weimarer Republik; in: Grab/Schoeps 1986, 22. Zum »Jüdischen« der Wb vgl. Kap. 7.
Zur Bestimmung des Begriffs »literarisches Leben« vgl. Becker/Dehn 1968.
Zu Pierre Bourdieus Begriff des »literarischen Feldes« vgl. Klaas Jarchow, Hans-Gerd Winter: Pierre Bourdieus Kultursoziologie als Herausforderung der Literaturwissenschaft. In: Gebau-er/Wulf 1993, 93–134 sowie dort die Literaturangaben in Anm. 4.
Lediglich mit den Übergangsjahren von der Sb zur Wb beschäftigt sich eine unpublizierte Dissertation der Jenaer Historikerin Heidemarie Hecht (Hecht 1991).
So gehörte Herbert Ihering, der 1909 seine Karriere als Theaterkritiker bei der Sb begann, nichtwie Mayer behauptet — neben Siegfried Jacobsohn zu den Fachleuten für Theaterfragen der Wb. Er war es lediglich während der Sb-Jahre (mit denen Mayer sich aber nicht befaßt) und hier keineswegs ihr wichtigster (das waren Bab, Handl und Polgar). Nach dem Namenswechsel der Zeitschrift veröffentlichte Ihering nur sechs Beiträge, seinen letzten am 24.4.1919. Der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Theaterkritiker im Jahre 1932 gingen massive Interventionen Tucholskys voraus, da dieser befürchtete, Ihering könnte sich positiv zu Brecht äußern (vgl. zu Iherings Rolle in der Sb/Wb das Kap. 5.4.). Diese Zuordnung Iherings ist symptomatisch für Mayers Einordnung der Wb in den literarischen Kontext ihrer Zeit, denn der Name Ihering markiert eine theaterkritische Position, mit der er die Wb in Verbindung bringen möchte, mit der sich die Autoren der Wb aber tatsächlich deutlich schwer taten. Auf Mayers Vereinseitigungen und Verkürzungen sowie die sich daraus ergebenden Fehleinschätzungen, die einem weit verbreiteten Bild von der Wb entsprechen, wird in Kap. 5.4. noch zurückzukommen sein.
Bunke 1952; Sommer 1958; Höllinger 1959; Enseling 1962; Deak 1968; Nittenberg 1970; Fischer 1973, 323–340, Eggebrecht/Pinkerneil 1979; Belakhdar 1982, Madrasch-Groschopp 1983.
Enseling 1962, Kap. 5 (41–61) und 8 (89–92).
Vgl. Carl Paschek: Zeitschriften und Verlage; in: Glaser 1983, 61.
Vgl. Koszyk 1972, 284–289.
Nach Schlawe 1965 und 1973 sowie Raabe 1964 und 1972 haben Dietzel/Hügel 1988 die mit fünf Bänden bislang umfangreichste Bibliographie literarischer Zeitschriften für den hier relevanten Zeitraum vorgelegt.
Zu den Ausnahmen zählen die Bände in der Reihe »Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur«, hier insbesondere die Bände zum Expressionismus (Anz/Stark 1982) und zur Weimarer Republik (Kaes 1983), der Auswahlband mit Texten aus der Essener Zeitschrift Der Scheinwerfer (Schütz/Vogt 1986), die Sammlungen mit Theaterkritiken von Jaron u.a. 1986, Fetting 1987 und Rühle M967, 21988, Manfred Braunecks Sammlung mit Texten aus der Roten Fahne (Brauneck 1973) oder Jochen Meyers Darstellung literarischer Kontroversen um 1930 (Meyer 1985). Folgende monographischen Untersuchungen zum Thema »Literarische Zeitschriften« im Zeitraum von 1900–1933 konnten ermittelt werden: Eine Analyse expressionistischer Zeitschriften (Kolinsky 1970), Untersuchungen über die Zeitschrift Der Neue Merkur (Stern 1971), Pfem-ferts Aktion (Peter 1972), vgl. zum Brenner auch Methlagl 1981. Stieg 1976 verglich den Brenner mit der Fackel, Halliday 1986 verglich die Fackel und die Aktion, drei Untersuchungen beschäftigten sich mit Herwarth Waldens Sturm (Oirsich 1981, Moser 1983 und Oirsich 1985). Eine Darstellung der expansiven Presseentwicklung in Berlin lieferte Mendelssohn 1982.
Nicht nur vom Bedeutungsverlust, sondern sogar vom »Tod der Buchkultur« bzw. vom »Untergang des Buches« sprach Jacques Derrida. Er erkannte darin ein Anzeichen für die Erschöpfung der logozentrischen Metaphysik. Dieser Prozeß werde an den wuchernden Bibliotheken wie an der hypertrophen Buchproduktion offenbar, die beide das Ende einer auf Totalität gerichteten »Idee des Buches« signalisierten (vgl. Derrida 1983, 20 und 35). Es setzte ein, als die »singularisierende Hermeneutik« des »absoluten Textes« durch die »pluralisierende Hermeneutik« der vielen »nichtabsoluten Texte« abgelöst wurde (dazu Odo Marquard: Frage nach der Frage, auf die die Hermeneutik die Antwort ist; in: Marquard 1981, 117–146, hier: 127–132).
Vgl. zu Punkt 1 und 2 Vietta 1974 sowie die zusammenfassende Problemskizze in Vietta/Kemper 1975, 30–40 und 110–134.
Vgl. dazu Schivelbusch 1977.
Bertolt Brecht: Der Dreigroschenprozeß; in: Brecht 1988 ff, Bd. 21, 464.
Walter Benjamin: Über einige Motive bei Baudelaire; in: Benjamin 1980, Bd. 1, 614.
Diese Unterscheidung in Anlehnung an Roland Barthes: Schriftsteller und Schreiber; in: Barthes 1981, 44 ff.
Vgl. die Darstellung bei Culler 1988, 123–137.
Kafka 1984.
Vgl. Theodor W. Adorno: Aufzeichnungen zu Kafka (in Adorno 1976, 302–342) sowie Walter Benjamins Bemerkung, Kafka habe alle erdenklichen Vorkehrungen gegen die Auslegung seiner Texte getroffen (Benjamin 1980, Bd. 2, 422).
Deleuze/Guattari 1976.
Barthes 1981, 52.
Irmgard Ackermann, Dieter Heß, Katrin Lindner: Zur Forschungssituation; in: Ackermann 1981, 7.
Heß 1982.
Auf die Fülle literarischer Anspielungen hat Jochen Meyer in seinem Katalog zur Tucholsky-Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs in Marbach aufmerksam gemacht (vgl. Meyer 1990, 9–106).
Tucholsky 1985b.
Bemmann 1990 und Hepp 1993. Grundsätzlich läßt sich als Manko dieser Biographien wie auch jener über Ossietzky von Suhr (Suhr 1988) ein Fehlen jeglicher Reflexion der keineswegs unproblematischen biographischen Methode konstatieren. Erika Fischer-Lichte hat diese Problematik in der Einleitung zu ihrer »Kurzen Geschichte des deutschen Theaters« angesichts eines anderen Gegenstands, dem der traditionellen Theatergeschichtsschreibung, folgendermaßen formuliert: »[S]ie häufen Quelle auf Quelle, Beschreibung auf Beschreibung, Anekdote auf Anekdote, Namen, Daten, Fakten, ohne daß ein Problem formuliert würde, zu dessen Lösung das präsentierte Material ausgewählt wurde und untersucht werden soll« (Fischer-Lichte 1993, 7). Zur Kritik der biographischen Methode vgl. Kap. 4.2.
Modick 1981.
Klaus Modick: Vernarbte Wunden oder »Was wir an ihm problematisch finden«; in: Sternburg 1989, 278–291, hier: 279. Inzwischen wurde von Karl Kröhnke die ungebrochene Zugehörigkeit Feuchtwangers zu einer »untadelig antifaschistischen, demokratischen Tradition« nachhaltig in Frage gestellt (Kröhnke 1991).
Prescher 1956.
Porombka 1990, 11.
Winkler 1988, 721–724.
Sösemann 1976, 15.
Ebd. Sofern man Ossietzkys Texte tatsächlich liest, eine Mühe, die sich Sösemann offensichtlich nicht gemacht hat, ist dieser »Trend« keineswegs deutlich. Deutlich ist vielmehr das genaue Gegenteil (eine differenzierte Darstellung von Ossietzkys Sozialismusbegriff und seiner Haltung zur Sowjetunion lieferten Kraiker/Suhr: Ossietzky und der Sozialismus; in: Kraiker/Grathoff 1991, 33–52). Eine Einschätzung Ossietzkys wie jene von Sösemann läßt sich allenfalls dann gewinnen, wenn man auf die in der DDR erschienenen Textsammlungen (Ossietzky 1966 und 1970) zurückgreift, die eine politisch einseitige Auswahl darstellen, und bei denen die Herausgeber nicht davor zurückschreckten, Ossietzkys Texte immer dann zu kürzen, wenn sie nicht dazu geeignet waren, ihn als einschränkungslos prokommunistisch erscheinen zu lassen. Gegen die einseitige Art und Weise des Umgangs mit der Hinterlassenschaft Ossietzkys und Tucholskys protestierte bereits 1948 Otto Stolz in einer wenig beachtet gebliebenen Zusammenstellung von Äußerungen der beiden Publizisten (Stolz 1948).
Hans-Ulrich Wehler: Leopold Schwarzschild contra Carl v. Ossietzky. Politische Vernunft für die Verteidigung der Republik gegen ultralinke »System«-Kritik und Volksfront-Illusionen; in: Wehler 1983, 77–83, hier: 78.
Lukács 1983, 70.
Gerhard Kraiker: Eine Fehldeutung. Zu Hans-Ulrich Wehlers Kritik an Carl von Ossietzky; in: Reinhardt, H. 1989, 223–231. Mit weniger Rücksichtnahme als sie Kraiker geübt hat, soll hier ausgesprochen werden, was die Kritik von Winkler und Wehler reproduziert: Beide wiederholen, was die Nazi-Propaganda verbreitete, auf die Tucholsky in einem Brief vom 17.5.1933 an Walter Hasenclever mit der ironischen Bemerkung reagierte: »Ich werde nun langsam größenwahnsinnig — wenn ich zu lesen bekomme, wie ich Deutschland ruiniert habe« (Tucholsky 1962, 259).
Jay 1981, 56.
»Linke Melancholie«, erstmals gedruckt in: Die Gesellschaft 8 (1931), Bd. 1, 181–184; jetzt in: Benjamin 1980, Bd. 3, 279–283, hier: 280 f.
Ebd., 644.
Der mit »E.B.« gezeichnete Beitrag »Berlin nach zwei Jahren« (WB, 3.1.1928,1, 32–33; nicht in: Bloch 1961 ff).
Vgl. den Brief von Tucholsky an Kracauer vom 4.3.1927 in: Tucholsky 1989a, 51–52.
Brief vom 5.1.1928; in: Bloch 1985, Bd. 1, 290.
Wb, 1.9.1921,11,229.
Wb, 10.1.1928,1,59–60.
Hermann Budzislawski war 1934–39 Herausgeber der Neuen Weltbühne. Vgl. zur Geschichte der Weltbühne im Exil: Hans-Albert Walter: Die Neue Weltbühne; in: Walter 1978, 23–71; Lieselotte Maas: Die »Neue Weltbühne« und »Aufbau«. Zwei Möglichkeiten journalistischer Arbeit im Exil; in: Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch, Bd. 1 (1983), 245–282; Thomas A. Eckert: Vorwort in: Die neue Weltbühne. Nachdruck der Originalausgabe Prag/Paris 1933–1939. München usw. 1992, Bd. 1, VII-XXVIII.
Bloch 1985, Bd. 2, 665.
Manfred Nössig: Das Ringen um proletarisch-revolutionäre Kunstkonzeptionen (1912–1933); in: Nössig u.a. 1980,619.
Rudolf Augstein: Eine Republik und ihre Zeitschrift. Zur Neuausgabe der »Weltbühne«; in: Der Spiegel, Heft 42 (1978), 239–249.
Ebd. Augstein bezog sich auf den Artikel »Rudolf Hilferding: der Mann ohne Schatten«, Das Tage-Buch, 5.7.1924, 922–924; jetzt in: Ossietzky 1994, Bd. 2, 343–346..
So zitierte er 1927 zustimmend Alfred Kerr: »Es gibt Großes, wenn Künstler Heilige sind« (Lucius Schierling [= Carl von Ossietzky]: Das Buch vom Russenfilm, Wb, 23.8.1927, II, 312; jetzt in: Ossietzky 1994, Bd. 4, 193–194, hier: 194). Ein anderes Beispiel: In seinem Aufsatz »Richard Wagner« (Wb, 21.2.1933, 282–286, hier: 283; jetzt in: Ossietzky 1994, Bd. 6, 478–483, hier: 479) heißt es: »Mozart stand wieder auf, seine ewige Grazie lächelte die geschwollenen Götterfiguren in die Kulissen zurück, Beethoven übte neu seine Macht, und seine reine Gewalt siegte über Bayreuths größenwahnsinnigen Theaterplunder. Bach, Händel, Gluck standen wieder auf. Das natürliche Genie siegte Über die genie-ähnliche Virtuosität. Die echte Kathedrale über den sakral aufgezogenen Rummelplatz.«
In einem von Ossietzky nicht publizierten Aufsatz »Monismus und Pazifismus« aus dem Jahre 1917 schrieb er: »[D]ie deutsche Demokratie braucht Persönlichkeiten, wenn sie ihren gewaltigen Aufgaben gerecht werden will« (jetzt in: Ossietzky 1994, Bd. 1, 77–84). Daß Ossietzky solche Ansichten auch später vertrat, zeigt sich z.B. bei folgender Kritik an der KP: »Es fehlte das Merkzeichen legitimierender Persönlichkeit« (»Invictis victi, victuri«, Wb, 13.7.1926, II, 39–42, hier: 41; jetzt in: Ossietzky 1994, Bd. 3, 313–318, hier: 316 f); 1928 stellte er resigniert fest: »Gemeinhin gruppieren sich Wahlkämpfe um Führergestalten. Man mag Lloyd George oder MacDonald bejubeln oder verwünschen, zweifellos sind sie werbekräftige Persönlichkeiten, Menschen, um die man sich raufen kann, Signum ihrer Sache. Bei unsern verehrten Linksparteien aber dominieren Zentral bureaus und nicht Führer« (»Kehraus«, Wb, 7.2.1928, I, 195–198, hier: 195). Oder er lobte an Kurt Kerstens 1929 erschienener Bismarck-Biographie: »Das ist ein gutes, klares Buch, mit dem Streben nach gerechten Würdigungen und mit einem unverfälschten Blick für Persönlichkeitswerte« (»Dicke Bücher«, Wb, 16.12.1930, II, 909–913, hier: 911; jetzt in: Ossietzky 1994, Bd. 5, 497–505, hier: 501).
Eggebrecht in einem Interview im April 1989 in Hamburg mit Elke Suhr, zit. nach der Tonbandabschrift, die sich im Ossietzky-Archiv der Universität Oldenburg befindet. Auch Tucholsky legte an eine Rundfunkrede Hitlers ästhetische Kategorien als Maßstab der Beurteilung an. Am 4.3.1933 schrieb er an Walter Hasenclever: »Die Stimme ist nicht gar so unsympathisch wie man denken sollte — sie riecht nur etwas nach Hosenboden, nach Mann, unappetitlich, aber sonst gehts. Manchmal überbrüllt er sich, dann kotzt er. Aber sonst: nichts, nichts, nichts. Keine Spannung, keine Höhepunkte, er packt mich nicht, ich bin doch schließlich viel zu sehr Artist, um nicht noch selbst in solchem Burschen das Künstlerische zu bewundern, wenn es da wäre. Nichts. Kein Humor, keine Wärme, kein Feuer, nichts.« (Tucholsky 1962, 247)
Young 1992.
Vgl. dazu Dirk Grathoff, Gerhard Kraiker: Die Kommentierung als interdisziplinäre Forschungsaufgabe am Beispiel der Carl-von-Ossietzky- und Kurt-Tucholsky-Gesamtausgaben. Ein Arbeitsbericht; in: Martens 1993, 108–116.
Seidl 1951, Steinke 1960 und Schulze 1964.
Siegfried Jacobsohn: Das erste Heft, Das Stachelschwein, 20.9.1924, 1–5, hier: 2.
Ebd., 3.
Siegbert Cohn: Brief an die »Weltbühne«, Wb, 9.9.1930, II, 390–391.
Am 21.7.1917 notierte die Vossische Zeitung in ihren Handelsregister-Mitteilungen: »Nr. 46 296. Offene Handelsgesellschaft: Verlag der Schaubühne Siegfried Jacobsohn & Co. in Charlottenburg. Gesellschafter: 1. Siegfried Jacobsohn, Schriftsteller, Charlottenburg. 2. Christian Paul Johannes Siemens, Kaufmann, Chemnitz. Die Gesellschaft hat am 1. März begonnen.«
Die Bände 1 (1912) bis 8 (1918/19) wurden von Oesterheld & Co. verlegt.
Folgende Titel konnten ermittelt werden: Max Epstein: Das Geschäft als Theater (1926); Egon Friedell u.a. (Hg.): Die Welt- Wald- und Wiesenbühne (1921); Hellmut von Gerlach: Die große Zeit der Lüge (1926); Martin Hobohm: Untersuchungsausschuß und Dolchstoßlegende (1926); Carl Mertens: Verschwörer und Feme (1926); Lothar Persius: Der Seekrieg (1919); Felix Pinner: Deutsche Wirtschaftsftihrer (1924); Von einem Stabsoffizier: Das alte Heer (1920); Ignaz Wro-bel: Der Zeitsparer (1921). — 1920 plante er eine er eine schließlich nicht realisierte historischpolitische Buchreihe. Dazu schrieb er am 17. April 1920 an Konrad Haenisch: »In meinem Buchverlag soll eine Serie von Werken der wichtigsten französischen Sozialisten des 18. Jahrhunderts erscheinen. Die Originale sind nicht zu haben. Der Übersetzer, den ich verpflichtet habe, lebt in Chemnitz. Ist es möglich, daß er von der Staatsbibliothek die Bücher nach und nach filr längere Zeit, als die normale Leihfrist beträgt, geschickt bekommt? Und würden Sie in dieser Sache mein Fürsprecher bei der Verwaltung sein wollen?« Haenisch schickte daraufhin am 22. April 1920 einen Brief an den Direktor der Staatsbibliothek Berlin, der folgenden Wortlaut hat: »Sehr geehrter Herr Direktor! Mir geht das einliegende Gesuch des mir persönlich als durchaus zuverlässig bekannten Herrn Siegfried Jacobsohn, des Herausgebers der >Weltbühne<, zu. Ich befürworte dies Gesuch gern, bitte dringend, die von Herrn Jacobsohn ausgesprochenen Wünsche zu erfüllen und ihn davon in möglichster Beschleunigung in Kenntnis zu setzen.« — 1924 gründete Jacobsohns Ehefrau zusammen mit Edith Weinreich-Williams den Verlag Williams & Co., in dem sie Kinderbücher, u.a. von Erich Kästner und Hugh Lofting, veröffentlichte.
Eine Übersicht über die Korrespondenzen mit biographischen Annotationen befindet sich im Anhang dieser Arbeit.
Eine Übersicht über die ermittelten Artikel befindet sich im Anhang dieser Arbeit.
1919 übernahm Bab z.B. als Nachfolger Jacobsohns die Berliner Theaterkorrespondenz für die Bremer Weser-Zeitung. Von Jacobsohns vermittelnder Hilfe handeln seine Schreiben an Bab vom 15.6.1919 und 2.7.1919 (im Nachlaß Julius Bab der Akademie der Künste, Berlin).
In Dietzenschmidts in der dritten Person verfaßter Selbstbiographie heißt es: »1915 schrieb Diet-zenschmidt sein Drama >Die Vertreibung der Hagan. Siegfried Jacobsohn, der Herausgeber der >Weltbühne< [1915 noch Sb], >entdeckte< nun den jungen, halb verhungerten Dichter und verschaffte ihm einen Verleger.« (Dietzenschmidt 1959, 27). 1919 erhielt er den Kleist-Preis.
Davon handelten zahlreiche Briefe Jacobsohns an Kurt Tucholsky; erstmals wird das Projekt in einem Brief vom 27.6.1919 erwähnt (vgl. Jacobsohn 1989, 25).
Am 17.11.1920 schrieb Jacobsohn an Kraus: »Lieber Herr Kraus, ich krepiere täglich zweimal vor Wut, wenn ich sehe, daß die Reaktion eine Zeitung nach der andern aufkauft, eine Zeitschrift nach der andern gründet, während es mir an Betriebskapital fehlt, um die Wirkung meines Blattes zu verzehnfachen. So, wie es heute ist und geht, kann es nach menschlichem Ermessen bis an das Ende meiner Tage bleiben: zu einem Aufbau, wie er mir vorschwebt, brauche ich eine halbe Million. Hier wird mir gesagt, daß der geeignete Mann für mein Projekt Herr [Richard] W[eininger] sei, der Bruder des großen Otto [des Verfassers von »Geschlecht und Charakter«], und daß Sie entscheidenden Einfluß auf ihn haben. Da überwinde ich meine Scheu, Sie zu behelligen, und frage Sie: Wollen Sie nicht einmal mit W. reden, der nach den Angaben seiner Bekannten mehr Millionen besitzt als er selber weiß? Und wenn er nicht prinzipiell abgeneigt ist, ihn veranlassen, daß er sich bei seiner nächsten Anwesenheit in Berlin mit mir bespricht? Sämtliche Geschäftsbücher des Unternehmers stehen ihm zur Verfügung. Es handelt sich nicht um eine Maecenatenan-gelegenheit. Kein Pfennig würde verloren gehen.« In einem Brief von Jacobsohn an Kraus vom 23.11.1920 heißt es dann: »Sie schreiben: >Gerücht irrt... am besten selbst sprechend Das Gerücht besagt, daß der Mann Millionen habe. Wenn das nicht stimmt: wozu soll ich dann mit ihm selbst sprechen?« (Die Originale der Briefe Jacobsohns an Karl Kraus befinden sich in der Stadt-und Landesbibliothek Wien.)
Die Wb wurde zwischen 1933 und 1939 zunächst in Wien, dann in Prag und schließlich in Paris weitergeführt (vgl. Anm. 52). 1946 hat man sie in der DDR wiedergegründet. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten 1989 machte Peter Jacobsohn, Siegfried Jacobsohns in den USA lebender Sohn, die Titelrechte geltend. Im Juli 1993 wurde dieser Besitzanspruch anerkannt und das Erscheinen der Wb eingestellt (vgl. Ruth Spietschka, Wem gehört die Weltbühne?, Süddeutsche Zeitung, 2.7.1992; Wolfgang Klein, Politik und Moral am Beispiel der »Weltbühne«, Süddeutsche Zeitung, 11./12. Juli 1992; Ruth Spietschka, Das »Blättchen« fällt ins Abseits, Gegengift, Mai/Juni 1993, 23–36; »Die Weltbühne wird eingestellt«, Frankfurter Rundschau, 2.7.1993; Th. R., Die Weltbühne schließt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3.7.1993. Zu den Rechtsstreitigkeiten im Vorfeld vgl. Andreas Juhnke:, Operation Erbe, Manager Magazin 3 (1993), 256–270; Brigitte Seebacher-Brandt: Die Weltbühne — Schwindel mit dem Etikett: Wem gehört das Erbe der Neinsager? Frankfurter Allgemeine Magazin, 28.5.1993, 36–43; dpa-Meldung »Lunkewitz an Jacobsohn: Für ne Mark die >Weltbühne<«, Frankfurter Rundschau, 11.6.1993; Helga Bemmann: Die SED verschleierte Besitzverhältnisse, Neue Zeit, 1.7.1993; »Keine >Wildbiene<, keine >Weltbühne<«, Frankfurter Rundschau, 9.7.1993; »Kein Vorhang? Gründer-Erbe Jacobsohn will >Die Weltbühne< weiterführen«, Frankfurter Rundschau, 10.7.1993). Neben diesem Rechtsstreit war es in den letzten Jahren vor allem der Versuch Rosalinde von Ossietzky-Palms, ein Wiederaufnahmeverfahren des Wb-Prozesses aus dem Jahre 1931 (in dem Ossietzky wegen Landesverrats zu einer achtzehnmonatigen Gefängnishaft verurteilt wurde), der in der Öffentlichkeit, auch außerhalb Deutschlands, größeres Interesse an der Wb und ihrer Geschichte hervorrief (vgl. Eckart Spoo: Einmal ein Landesverräter, immer ein Landesverräter? Frankfurter Rundschau, 14.8.1992; Jürgen Meyer: Auch eine Sache des Gesetzgebers. Zum Umgang des Bundesgerichtshofs mit dem »Fall Ossietzky«, Sozialdemokratischer Pressedienst, 10.2.1993; Jan Myrdal: Gefahrliche Kontinuität, Neues Deutschland, 24725.4.1993; Manfred Messerschmitt: Eine deutsche Jagdszene, Die Zeit, 26.3.1993; Rosalinde von Ossietzky-Palm: Dies Urteil darf nicht bleiben, Frankfurter Rundschau, 26.4.1993; Jochen Reinert: »Der Kampf darf und soll nicht zu Ende sein«, Neues Deutschland, 28.4.1993; Klaus Körner: Windiges aus der Justiz, Die Woche, 13.5.1993; Christoph Schottes: Ein deutscher Skandal. In Skandinavien schlägt der Fall Ossietzky hohe Wellen, Frankfurter Rundschau, 21.5.1993).
Entsprechende Verfügungen des Geheimen Staatspolizeiamtes Berlin vom 13.7.1933 und 2.10.1933, an Hedwig Hünicke adressiert, befinden sich im Besitz von Peter Jacobsohn.
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Nickel, G. (1996). »Die Rebhühner im Welt- und Bühnensumpf« — Das Thema und die Forschungslage. In: Die Schaubühne — Die Weltbühne. Kulturwissenschaftliche Studien zur deutschen Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93499-4_1
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