Zusammenfassung
Zur Bestimmung eines pragmatisch gültigen entwicklungspolitischen Zielbündels bieten sich drei Ansatzpunkte an (1): Das Leitbild entwickelter Gesellschaften, die Zielartikulationen in den Entwicklungsländern selbst und supranationale Programme. Die Ausschöpfung jeder dieser Quellen ist mit begrifflichen und inhaltlichen Risiken verbunden (2). Angebbar sind jedoch mehrere allgemein gültige Anforderungen an den Entwicklungsbegriff:
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Im Sinne der angestrebten pragmatischen Gültigkeit des Gesamtmodells erscheint es am vielversprechendsten, das Zielbündel “Entwicklung” empirisch zu ermitteln, und zwar mittels einer Rezension artikulierter Zielvorstellungen, wie sie z.B. in Form von Programmen, Konventionen und Absichtserklärungen vorliegen, sowohl von internationalen Organisationen als auch von nationalen Parteien, Verbänden, Gewerkschaften usw.
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Modernisierung im Sinne von bewußt reflektierten und gesteuerten Wert- und Verhaltensänderungen gesellschaftlicher Subsysteme soll darin Platz haben, denn sie ist, jenseits aller ideologischen Mißbräuche und unabhängig vom jeweiligen Systemrahmen, notwendige Bedingung jeder Entwicklung.
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Die sozialen Menschenrechte gehören in jedem Fall dazu. Sie dürfen als weltweit und systemübergreifend anerkannt gelten, wenn auch längst nicht verwirklicht.
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Literatur
Vgl. Seers, D., Was heißt Entwicklung?, in: Senghaas, D. (Hrsg.), Peripherer Kapitalismus. Analysen über Abhängigkeit und Unterentwicklung, Frankfurt am Main 1974, S.40. Das Original erschien bereits 1969.
Ausführlich diskutieren dies: Nohlen, D./Nuscheler, F., Was heißt Entwicklung?, in: Dies.(Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, 3. Auflage, Bd. 1, Hamburg 1992, S.57–64.
Vgl. Seers, D., Was heißt Entwicklung?, a.a.O., S.41–43.
Dag-Hammarskjöld-Stiftung, Was nun? Bericht über Entwicklung und internationale Zusammenarbeit. Auszugsweise abgedruckt in: Friedensanalysen für Theorie und Praxis (1976), No. 3, S. 17–44.
Der RIO-Bericht an den Club of Rome. Wir haben nur eine Zukunft, Opladen 1977, S.73.
Vgl. z.B. Vereinte Nationen, Internationale Entwicklungsstrategie für die Dritte Entwicklungsdekade der Vereinten Nationen gemäß Beschluß der 35. Generalversammlung vom 5.12.1980, in: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Materialien Entwicklungspolitik Nr. 68, Bonn 1981, S.7–21.
International Labour Organization, Meeting Basic Needs - Strategies for Eradicating Mass Poverty and Unemployment. Conclusions of the World Employment Conference 1976, Genf 1976.
Nord-Süd-Kommission (Hrsg.), Das Überleben sichern, Köln 1980, S.66
Vgl. Nohlen, D./Nuscheler, F., Was heißt Entwicklung? a.a.O., S.54–67. Ausgesprochen schön ist die Magie des Zielbündels umschrieben als Zusammenhalt von utopischer Vorstellung und praktischer Relevanz. Vgl. ebenda, S.56.
Vgl. Nuscheler, F., Lern-und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, 3. Auflage, Bonn 1991, S.211
Vgl. OECD, Entwicklungszusammenarbeit in den neunziger Jahren, Entwicklungspolitische Grundsatzerklärung der für die Entwicklungszusammenarbeit zuständigen Minister und Leiter der Entwicklungsbehörden der DAC-Länder, abgedruckt in: epd-Entwicklungspolitik (1990), H.8.
Diese Hypothese ist implizit in den gängigen soziologischen Paradigmen enthalten, z.B. im Funktionalismus von Parsons, im Historischen Materialismus, in der Theorie funktionaler Systeme von Luhmann oder in der Theorie sozietaler Systeme von Heintz.
Vgl. Berg-Schlosser, D. u.a., Einführung in die Politikwissenschaft, 2. Auflage, München 1977, S.179.
Körner, H., Theoretische Grundlagen der Wirtschaftspolitik, Köln 1977, S.26.
Erstens wäre der Interpretationsspielraum selbst bei geforderter Widerspruchsfreiheit zu groß, um politisch hilfreich zu sein. Zweitens sind begriffslogisch konkretisierte Zielmengen nicht notwendig deckungsgleich mit aktualisierten Problemen. Drittens wäre eine interpretative Methode nicht mehr empirisch; auch gar nicht artikulierte Ziele könnten abgeleitet werden. Viertens würde mit diesem Verfahren die Möglichkeit unterstellt, eine wertrationale theoretische Entwicklungspolitik könne selbst wertfrei bleiben.
Vereinte Nationen, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, New York 1949.
Körner, H., Theoretische Grundlagen…, a.a.O., S.27.
Gäfgen, G., Allgemeine Wirtschaftspolitik, in: Ehrlicher, W. u.a. (Hrsg.), Kompendium der Volkswirtschaftslehre, Bd. 2, Göttingen 1968, S.129.
Körner, H., Theoretische Grundlagen…, a.a.O., S.32. Körner wählt den Begriff der Zwischenziele anstelle von Zieldimensionen, um bereits auf dieser Ebene den praktisch-instrumentellen Zusammenhang herzustellen; hier soll jedoch die zielbezogene (finale) Argumentation möglichst strikt von der kausalen getrennt werden.
Vgl. Körner, H., Theoretische Grundlagen…, a.a.O., S.32f.
Vgl. Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1979 ff., Washington
Vgl. Taylor, C.L./ Jodice, D.A., World Handbook of Political and Social Indicators, 3rd Edition, New Haven-London 1983
Vgl. Bomschier, V./Heintz, P. (Hrsg.) Compendium of Data for World-System Analysis, Bulletin des Soziologischen Instituts der Universität Zürich, März 1979.
UNRISD, Research Data Bank of Development Indicators, Report No.77.2, Notes on the Indicators, Genf 1978; McGranahan, D./Pizarro, E./Richard, C., Methodologische Probleme bei Selektion und Analyse von Indikatoren für sozio-ökonomische Entwicklung, in: Nohlen, D./Nuscheler, F. (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, 2. Auflage, Bd.1, a.a.O., S.414–431.
McGranahan und Mitarbeiter versuchen, ihr Verfahren der Indikatorenauswahl ganz zu objektivieren, verschieben dabei aber lediglich den subjektiven Faktor eine methodologische Instanz nach oben. Er steckt dann in den Termini “technische Überlegenheit” oder “begriffliche Signifikanz”. Vgl. McGranahan, D./Pizarro, E./Richard, C., Methodologische Probleme…, a.a.O., S.418–421.
Körner, H., Theoretische Grundlagen…, a.a.O., S.32.
Damit einher geht die begriffliche Trennung zwischen dem programmatischen Konstrukt “Entwicklung” und dem explikativen Konstrukt “Unterentwicklung”, wie auch in den beiden Aufsatztiteln von Nohlen, D./Nuscheler, F., Was heißt Entwicklung? und Was heißt Unterentwicklung, in: Dies. (Hrsg.), Handbuch der Dritten Welt, 2. Auflage, Bd. 1, a.a.O., S.47 u. S.48.
Nohlen, D./Nuscheler, F. Was heißt Entwicklung?, a.a.O., S.48.
Vgl. ebenda; Ochel, W., Die Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft, Köln 1982, S.27.
Vgl. Bomschier, V./Heintz, P. (Hrsg.) Compendium of Data…, a.a.O., S.121.
Vgl. OECD, Stock of Private Direct Investments of DAC Countries in Developing Countries, Paris 1975.
Vgl. Nohlen, D./Nuscheler, F., Indikatoren von Unterentwicklung…, a.a.O., S.482.
Vgl. Stewart, F., Technology and Underdevelopment, London-Basingstoke 1977, S.114–116.
Neuhoff, D., Der arbeitsorientierte Entwicklungsweg. Grundlagen einer alternativen Entwicklungspolitik, in: Nohlen, D./Nuscheler, F., Handbuch der Dritten Welt, 2. Auflage, a.a.O. S.221.
Vgl. Nohlen, D./Nuscheler, F., Indikatoren von Unterentwicklung…, a.a.O., S.482; Ochel, W., Die Entwicklungsländer…, a.a.O., S.27.
z.B. “raising the competitiveness of their production from natural resources in respect to synthetic substances in order to achieve general progress”, United Nations, Lima Declaration and Plan of Action on Industrial Development and Co-Operation, New York 1975
Vgl. OECD, Entwicklungszusammenarbeit in den neunziger Jahren: Entwicklungspolitische Grundsatzerklärungen der für die Entwicklungszusammenarbeit zuständigen Minister und Leiter der Entwicklungshilfebehörden der DAC-Länder, abgedruckt in: epd-Entwicklungspolitik (1990), H.8.
South-Commission, a.a.O., S.81–82; sinngemäß auch Vereinte Nationen, Internationale Strategie…, a.a.O., S.10.
Vgl. McGranahan, D./Pizarro, E./Richard, C., Methodological Problems in Selection and Analysis of Socioeconomic Indicators, Genf 1979, S.19–20.
Nuscheler, F., Lem-und Arbeitsbuch…, a.a.O., S.213f.
Nuscheler, F., Befriedigung der Grundbedürfnisse als neue entwicklungspolitische Lösungsformel, in: Nohlen, D./Nuscheler, F., Handbuch der Dritten Welt, 2. Auflage, a.a.O., S.335.
Maslow, A.M., A Theory of Human Motivation, in: Psychological Review (1943), S. 370–396.
Vgl. Schwefel, D., Grundbedürfnisse und Entwicklungspolitik, Baden-Baden 1978.
Vgl. Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1980, Washington 1980, S.4–18; Chenery, H.B. u.a., Redistribution with Growth, London 1974.
Vgl. Liefmann-Keil, E., Ökonomische Theorie der Sozialpolitik, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1961.
Vgl. Weisser, G., Grundsätze der Verteilungspolitik, in: Kuhn, B./Schreiber, W. (Hrsg.), Soziale Sicherheit, Köln-Berlin 1971
Die Weltbank definiert z.B. relative und absolute Armut. Vgl. Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1980, a.a.O., S.43–47.
Vgl. Taylor, C.L./Jodice, D., World Handbook of Political and Social Indicators, 3. Auflage, New Haven 1983, S.139.
Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1979, Washington 1979, S.87.
Streißler, E., Zur Relativierung des Zieles der Geldwertstabilität, Göttingen 1976, S.7
Vgl. u.a. Taylor, C.L./Jodice, D., World Handbook…, a.a.O., S.1–15; Berg-Schlosser, D., Leistungen und Fehlleistungen politischer Systeme in der Dritten Welt als Kriterium der Entwicklungspolitik, in: Konjunkturpolitik 31(1985), S.79–114.
Vgl. Nohlen, D./Nuscheler, F., Indikatoren von Unterentwicklung…, a.a.O., S.474.
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Oefner-Py, S. (1995). Die finale Analyse entwicklungspolitischer Ziele. In: Entwicklung in einem internationalen sozio-ökonomischen System. Gabler Edition Wissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93473-4_2
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