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Gesellschaftstheoretische Grundlagen der Anerkennungsthematik

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Jugend — Politik — Anerkennung

Part of the book series: Schriftenreihe ((SBPB))

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Zusammenfassung

Im Folgenden sollen die gesellschaftstheoretischen Grundlagen der Anerkennungsthematik herausgearbeitet werden. Zunächst wird auf Basis der Überlegungen Charles Taylors dargelegt, was das Streben nach Anerkennung zu einem zentralen Thema der Moderne macht. Im Mittelpunkt der Ausführungen dieses Kapitels steht aber die von Honneth in “Kampf um Anerkennung” (1998) entwickelte Konzeption einer normativen Gesellschaftstheorie. Dies begründet sich folgendermaßen: Zum einen haben sich die Honneth’schen Darlegungen bereits als relevant in Bezug auf die Diskussion der qualitativen Befunde (vgl. Kap. 9.1.2 u. 9.1.3) erwiesen. So war es möglich, unter Einbeziehung der von ihm vorgenommenen Dreiteilung wechselseitiger Anerkennung (Liebe, Recht und Solidarität) die in den Interviews dargestellten Anerkennungstypen auf Basis theoretischer Überlegungen zu operationalisieren und daraus weiterführende Fragestellungen abzuleiten. Zum anderen hat Honneth eine systematische gesellschaftstheoretische Aufarbeitung der Anerkennungsthematik vorgenommen.169 Zudem lassen sich auf der Grundlage seiner Überlegungen neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Haltung Jugendlicher zur Politik gewinnen.

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Literatur

  1. Nach Fraser zählt Honneth neben Taylor zu den „wichtigsten Theoretikern der Anerkennung“. (Fraser 2001, 29)

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  2. Die Übersetzung des Mead’schen “me” — das sich selbst als Objekt betrachtende Ich — ins Deutsche ist problematisch, sind doch “I” und “Me” lediglich zwei Komponenten des Ich. Deshalb greift Pacher in seiner Übersetzung von “Geist, Identität, Gesellschaft” auf eine technische Lösung zurück und verwendet verschiedene Schreibweisen “Ich” (für “I”) und “i c h” (für “me”). (Vgl. Mead 1998, 216 u. 442) In einigen Publikationen werden die Begriffe “I” und “Me” nicht ins Deutsche übersetzt, sondern in der englischen Schreibweise belassen. (Vgl z.B.: Oerter/Dreher 1998, 347) Honneth verwendet — wie auch die Übersetzung der gesammelten Aufsätze von Learmann u.a. (vgl. Mead 1987a und 1987b) — die Begriffe “I” und “Me” in der deutschen Übersetzung “Ich” und “Mich”. Da ich mich in meiner Darstellung Meads vor allem auf Honneths Interpretation beziehe, folge ich seiner Begriffswahl, zumal ich sie auch für die lesefreundlichste Lösung halte.

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  3. “Wenn die Mutter einen Augenblick länger fort ist, als es die Fähigkeit des Säuglings erlaubt, tritt Angst auf, und dies ist das erste Zeichen dessen, daß der Säugling etwas weiß.” (Winnicott 1984, 113)

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  4. Zum Paradoxon der Anerkennung vgl. Benjamin (1996a u. 1996b.).

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  5. An dieser Stelle detaillierter auf die Bezüge zum Kommunitarismus einzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Zur Einführung in diese Thematik sei verwiesen auf Horster 1999, 142ff., Zahlmann 1997 und Honneth 1994b.

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  6. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die Shell-Studie 2002. (Vgl. Deutsche Shell 2002, 22f)

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  7. Zum Einfluss von Individualisierungsprozessen auf Lebenslaufmuster vgl. auch Kohli(1985).

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  8. Nach Zinnecker lassen sich fur west- und (süd-)osteuropäische Gesellschaften unterschiedliche Strukturmodelle für die Lebensphase Jugend feststellen. Während in Bezug auf den ost- und südosteuropäischen Raum eher von Jugend als Übergangsphase zu sprechen sei, habe die Jugendphase in der westeuropäischen Gesellschaft mittlerweile den Charakter eines Bildungsmoratoriums: “Die Koexistenz der beiden Strukturmuster von Jugend spiegelt unterschiedliche historisch-gesellschaftliche Entwicklungslinien im östlichen und westlichen (bzw. im südöstlichen und nordwestlichen) Staatenraum von Europa wieder. Während Jugend in (süd-) osteuropäischen Gesellschaften unter den Bedingungen einer verzögerten und selektiven Modernisierung der Industriegesellschaft steht, ist Jugend im westeuropäischen Raum Teil des Übergangs dieser Gesellschaften in postindustrielle und postmoderne Gesellschaftsformen. Die beiden Grundmuster von Jugend repräsentieren folglich in spezifischer Weise den historischen Wandel der Jugendphase in Europa.” (Zinnecker 1991, 9)

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  9. In diesem Zusammenhang sollte berücksichtigt werden, dass die in meine qualitative Studie einbezogenen Jugendlichen mehrheitlich über ein höheres Bildungsniveau verfügen, in der Regel in materiell gesicherten familiären Verhältnissen leben und bis auf eine Ausnahme die deutsche Staatsangehörigkeit haben. (Vgl. Kap. 5.3) Desintegrationsprozesse finden aber in modernen Gesellschaften auch darin Unterstützung, “daß bestimmte soziale Gruppen immer stärker an den Rand gedrängt werden. Besonders die Ausgrenzung und soziale Benachteiligung von Minderheiten, z.B. ethnischen Minoritäten, fuhrt häufig zu Ohnmacht dieser Menschen [...]” (Böttger 1998, 51) Einiges spricht dafür, dass Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien und mit niedrigerem formalen Bildungsniveau in stärkerem Maße mit gesellschaftlichen Desintegrationsprozessen konfrontiert sind als privilegiertere junge Leute. So stellt Böttger in einer Untersuchung zum Thema “Gewalt und Biographie” folgende Diagnose: “Wo Jugendliche z.B. die ständig zunehmende Ungleichverteilung materiellen Reichtums [...] unmittelbar erleben, wo sie und ihre Familien in Arbeitslosigkeit und damit an den ‘gesellschaftlichen Rand’ geraten, eröffnen sich Problemlagen hinsichtlich der individuellen Orientierung, in denen das Vertrauen in das Gesellschaftssystem mit seinen Norm- und Wertmaßstäben als Handlungs- und Bezugsrahmen stark eingeschränkt wird und vollständig verloren gehen kann.” (Ebd., 393) Insofern wäre bei sozial benachteiligten jungen Leuten möglicherweise eine noch ausgeprägtere Frustration in Bezug auf die Wertschätzung ihrer Wünsche und Interessen im politischen Bereich zu beobachten als bei den in meiner Studie einbezogenen Jugendlichen. Diese Hypothese lässt sich durch zwei Berunde der Shell-Studie 1997 stützen. Hier wurde ermittelt, dass der Eindruck von der Politik vernachlässigt zu werden, sich am stärksten bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss (und bei den jüngeren Befragten) — in diese quantitative Untersuchung waren junge Leute im Alter von 12 bis 24 Jahren einbezogen — zeigte. (Vgl. Fischer 1997, 314) Das Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins gegenüber der Politik nahm den Ergebnissen dieser Untersuchung zufolge mit steigendem formalen Bildungsgrad ab. (Vgl. ebd., 317)

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  10. Im Wesentlichen kritisiert Horster, dass Honneth durch die Dreiteilung der Anerkennungsformen versucht, einer grundsätzlichen Problematik seiner Konzeption zu entgehen, nämlich einer unzureichenden Differenzierung der individuellen Ebene von der sozialen. Wegen dieser mangelnden Unterscheidung könne Honneth die Bedeutung autonomer Entscheidungen der einzelner Individuen bei Wertkonflikten nicht erklären. Auch Brumlik äußert Zweifel an der Stimmigkeit der von Honneth vorgenommenen Dreiteilung der Anerkennungsformen. Seiner Ansicht nach, wirkt es zwar auf den ersten Blick so, als würde Honneths Konzept eines “spannungsreichen Nebeneinanders von Liebe, Anerkennung und Solidarität als beinahe gleichberechtigter Komponenten des ‘moral point of view’ und damit einem verfeinerten Instrumentarium für Konflikte aller Art das Wort [...] reden. Am Ende scheint es dann aber — wenn es um die ethische Entscheidung des Einzelnen bei möglichen Konflikten geht — dann doch weder die universale Geltung weder von Liebe noch von Solidarität, sondern Respekt vor der Autonomie eines jeden zu sein, die den Ausschlag gibt” (Brumlik 2000, 81) In eine andere Richtung zielt die Kritik Fräsers an Honneth. Sie wirft Honneth vor, das Anerkennungstheorem zu verkürzen und zwar dadurch, dass er Fragen der Umverteilung vernachlässigt. (Vgl. Fraser 2001 und Honneth/Fraser erscheint 2003) Sicher wäre es aufschlussreich, sich genauer mit diesen kritischen Stimmen aus- einander zu setzen. Da sich aber im Kontext der in meiner qualitativen Analyse identifizierten Konstrukte weder die Thematik autonomer Entscheidungen der Individuen bei Wertkonflikten noch die Frage nach der Umverteilung von materiellen Gütern, wie z.B. Kleidung und Nahrung, oder von immateriellen Gütern, wie etwa Bildung, gestellt hat, muss eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesen Einwänden hier ausbleiben.

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Burdewick, I. (2003). Gesellschaftstheoretische Grundlagen der Anerkennungsthematik. In: Jugend — Politik — Anerkennung. Schriftenreihe. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93460-4_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93460-4_10

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-4030-5

  • Online ISBN: 978-3-322-93460-4

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