Zusammenfassung
Die Schule ist, unter anderem aufgrund des weiterhin bestehenden staatlichen Bildungsmonopols, der zentrale gesellschaftliche Ort, an dem die Geschlechter gebildet werden sollen. Ebenso trägt die Schule dazu bei, der Bildung ihr je eigenes Geschlecht zu geben, denn in der Organisation des Schulsystems wie der einzelnen Schule, in der Gliederung der Bildungsgänge, in den Inhalten und Interaktionsstrukturen erfolgt auch die Formierung (als einer der Wortbedeutungen von „Bildung”) der Geschlechter. In diesem Sinne erfüllt die Schule eine Reproduktionsfunktion, indem sie durch die Erziehung der Geschlechter einen Beitrag zur Tradierung (wir können auch sagen zur „Fortpflanzung“) der gesellschaftlich erwünschten Geschlechterkonzepte in vermutlich sehr hohem Maße beiträgt. Unterricht und Schule erheben jedoch auch den Anspruch, der unbewußten („heimlichen“) Reproduktion der üblicherweise als traditionell bezeichneten sozialen Geschlechterordnung mit „bewußter“ Geschlechtererziehung entgegenzuwirken. Mit nicht geringem Aufwand werden seit Jahrzehnten, in den unterschiedlichsten sozialwissenschaftlichen Disziplinen, leidenschaftliche Debatten um die Frage geführt, wie durch erzieherisches Handeln in der Schule, wie über Unterrichtsmaterialien und Lehrfilme, wie in Interaktionsprozessen zwischen Schülerinnen und Schülern sowie zwischen diesen und dem Lehrpersonal, wie durch Sprache aber auch durch nonverbale Kommunikation Geschlechterstereotypen reproduziert werden.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Bleibtreu-Ehrenberg, G. (1984): Der Weibmann Kultischer Geschlechtswechsel im Schamanismus. Frankfurt/Main.
Butler, J. (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/Main.
Fernandez, D. (1992): Der Raub des Ganymed. Eine Kulturgeschichte der Homosexualität. Freiburg
Glücks, E./Ottemeier-Glücks, F.-G. (Hg.) (1994): Geschlechtsbezogene Pädagogik. Münster.
Hänsel, D. (1997): Zukunft fir die Reform der geschlechtssegregierten Lehrerbildung. In: Braun,K.-H-/Krüger, H.-H. (Hg.): Pädagogische Zukunftsentwürfe. Opladen, 129–152.
Hagemann-White, C. (1984): Sozialisation: Weiblich - männlich Opladen.
Hartmann, J. (1997): Die Triade Geschlecht, Sexualität und Lebensform–Herausforderungen an den Pluralitätsanspruch der Erziehungswissenschaft. In: Hey, Barbara u.a. (Hg.): Que(e)rdenken. Weibliche/männliche Homosexualität und Wissenschaft. Innsbruck, 255–273.
Hey, B. u.a. (Hg.) (1997): Que(e)rdenken. Weibliche/männliche Homosexualität und Wissenschaft. Innsbruck.
Jagose, A. (1996): Queer Theory. An Introduction. New York.
Knab, D. (1993): Schule der Gleichberechtigung? Geschlechterverhältnis und Schulkonzept. In: Der Bürger im Staat 43, H. 3, 218–222.
Lemke, Jürgen (1994): New York Citys Schulen für Lesben und Schwule. In: Ders.: Verloren am anderen Ufer? Berlin.
Schmitt, I. (1997): Der moderne biotechnologische Diskurs zum Thema Homosexualität–oder: Was haben die Enten mit dem ‘Homogen’ zu tun? In: Hey, Barbara u.a. (Hg.): Que(e)rdenken. Weibliche/männliche Homosexualität und Wissenschaft. Innsbruck, 58–76.
Senatsverwaltung für Jugend und Familie (Hg.) (1992): Pädagogischer Kongreß: Lebensformen und Sexualität. Was heißt hier normal? Berlin.
Tenorth, H.-E. (1997): Geschlecht als Kategorie in der Erziehungswissenschaft. In: ZfPäd 43, H. 6, 849–852.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1999 Leske + Budrich, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Schroeder, J. (1999). Die Schule kennt nur zwei Geschlechter. Zum Umgang mit Minderheiten im Bildungssystem. In: Behm, B.L., Heinrichs, G., Tiedemann, H. (eds) Das Geschlecht der Bildung — Die Bildung der Geschlechter. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93338-6_9
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93338-6_9
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-322-93339-3
Online ISBN: 978-3-322-93338-6
eBook Packages: Springer Book Archive