Zusammenfassung
In der europäischen Sozialpolitik hatte jahrzehntelang die Normsetzung durch die öffentliche Gewalt absoluten Vorrang, erst in jüngster Zeit lassen sich Verschiebungen zu einer Normsetzung durch die Sozialkontrahenten, zu kollektivvertraglicher Gestaltung und Sozialregulierung konstatieren. Die Analyse allgemeiner Organisation im Sinne von Konstituierung kollektiver Arbeitsbeziehungen in europäischer Perspektive soll im folgenden verknüpft werden mit der Betrachtung von Organisationen und Institutionen kollektiver Arbeitsbeziehungen: das institutionelle Gefüge kollektiver Arbeitsbeziehungen, kollektive Akteure und Institutionen der Kapital-Arbeit-Beziehungen, Gewerkschaften und Industrieverbände, die Institutionalisierung des industriellen Konflikts, die Modi der Konfliktregulierung und insbesondere kollektivvertragliche Beziehungen. Aus der unüberschaubar großen Anzahl der Fach- und Interessenverbände werden die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften herausgegriffen und betrachtet, da sie den höchsten (verfassungs-)rechtlichen Schutz genießen. Diese Organisationen haben von ihrer zahlenmäßigen Größe und ihrem Gewicht im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben der Mitgliedstaaten den höchsten Stellenwert und verfügen über die größte demokratische Legitimation, da der Nationalstaat ihnen in mehr oder minder umfassender Form die Regelung von Arbeitseinkommen und Arbeitsbedingungen in eigener Kompetenz und Verantwortung übertragen hat (cf. Markmann 1991, 270).
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Literatur
Neue Produktions-, Informations- und Kommunikationstechniken verändern nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern bringen auch Dynamik in die Arbeitsbeziehungen (Kißler 1989, 1).
Das „Normalarbeitsverhältnis“ (Mückenberger 1985) unterliegt einer säkularen Erosion. Zeit, Ort, Bedingungen und Qualifikationen von Arbeit werden vor Ort, d.h. im Betrieb festgelegt, was eine Aufwertung der Rechtsgestaltung durch den Betriebsrat zur Folge hat und einen Verlust an Gestaltungskompetenz für die Gewerkschaften.
Diese Einschätzung bleibt nicht ohne Konsequenzen, denn die „Lohnarbeitszentriertheit“ etabliert einen konditionalen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung: „Nur wer erwerbstätig ist, also ‚arbeitet‘, soll auch ‚essen‘, also sozial abgesichert sein.“ (Olk et al. 1994, 16). Unter dieser Prämisse kann die Diskussion um Grundeinkommensmodelle, deren „Achillesferse“ im Bestreben liegt, „materielle Teilhabechancen für alle Bürger nicht auf Leistungs-Ge-genleistungs-Beziehungen, sondern auf nicht näher spezifizierte Rechte und Pflichten des Bürgerstatus zu gründen“, ausgeklammert werden. Für diese Ausgrenzung spricht auch die Tatsache, daß ein Grundeinkommen die Abhängigkeit vom „Versorgungsstaat“ stärkt und angesichts solcher „kontra-intentionaler Funktionsdefizite“ an den kulturell tradierten Leistungs-Gegenlei-stungs-Beziehungen grundsätzlich festzuhalten ist, wobei neben der Erwerbstätigkeit durchaus andere, als gesellschaftlich nützlich anerkannte Tätigkeiten, wie etwas Hausarbeit, Kindererziehung und Pflege, als leistungsbegründend akzeptiert werden können (Olk et al. 1994, 21). In der Verteidigung des lohnarbeitszentrierten Systems sind sich organisierte Unternehmerschaft und Arbeiterschaft einig (Vobruba 1997a, 110).
Die gegenwärtig zu beobachtende Transformation von Industriegesellschaften ist kaum mehr ernsthaft mit der These vom Ende der Arbeitsgesellschaft in Einklang zu bringen. Vielmehr gewinnt „Arbeit“ bzw. gewinnen die Probleme der Strukturierung und Regulierung von Arbeit an der Schwelle zum 21. Jahrhundert erneut eine herausragende Bedeutung (cf. Baethge et al. 1995a). Die interessante Frage, ob neben die herkömmliche Arbeits- und Freizeit eine „Sozialzeit“ tritt, „in der jeder Bürger sich für das allgemeine Wohl engagiert“ (Lepenies 1997, 329), und somit die Relevanz der „Arbeit“ relativiert, kann hier nicht erörtert werden.
In diesem Sinne traf die bis zur Vollendung des Binnenmarkts 1992 vorherrschende Auffassung zu, die Kommission habe das Feld der Arbeitsbeziehungen weitgehend „ohne Erfolg“ bearbeitet (Windolf 1992, 120).
Cf. Kohler-Koch (1996, 199). „Die Literatur über die Rolle organisierter Interessen in der EG ist keineswegs reichhaltig. Im Umfang kann sie nicht im entferntesten mit den zahlreichen Studien zur parlamentarischen Interessenrepräsentation konkurrieren, obwohl generell die politischen Einflußmöglichkeiten organisierter Partikularinteressen höher eingeschätzt werden als die des Europäischen Parlamentes.“ (Kohler-Koch 1992, 81)
Die Parteien lassen sich in diesem Zusammenhang ausklammern, da sie „im Europäisierungs-prozeß nur eine Statistenrolle“ spielen (Fenner 1981, 27), ebenfalls die NGOs, die in der Europapolitik bislang nur eine marginale Rolle spielen.
Der Begriff Sozialakteure steht für die sozialpolitischen Hauptakteure, die Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Nationalstaaten und Europäischen Akteure (Europäische Kommission, Europäischer Rat etc.).
Zwar wird postuliert, daß die Kommission „sehr wohl in den letzten Jahrzehnten eine eindeutige Identität als korporativer Akteur erlangt“ hat (Jachtenfuchs et al. 1996, 26), aber eine nähere Begründung ist nicht zu erfahren. Die Kommission ist eher als prä-staatlicher Akteur zu charakterisieren.
Die im deutschen Schema zweiköpfige Verbandsstruktur, die Aufteilung in einen Arbeitgeberdachverband BDA und einen Wirtschaftsdachverband BDI fließt auf europäischer Ebene in der Einheitsstruktur des Dachverbandes UNICE zusammen. — Infolge des EWG-Vertrags haben die nationalen Unternehmerverbände im März 1958 die „Union des Industries de la Communauté Européenne“ (UNICE), die Vereinigung der Industrien der EG, gegründet, die sich aus der 1952 geschaffenen „Union der Industrien der Schumanplanländer“ herausentwickelt und sich im April 1959 eine eigene Satzung gegeben hat (Platzer 1984, 40, 56f.). Die UNICE unter Zygmunt Tyszkiewicz repräsentierte 1995 33 wirtschafts- und sozialpolitische Spitzenverbände, davon 20 aus den 15 EU-Mitgliedstaaten und einige Verbände vorübergehend mit Sonderstatus (Polen, Slowakei, Tschechische Republik), Anfang 1997 62 Vollmitglieder aus 28 Ländern (Kim 1997, 218). Drei Verbandstypen vereint sie in ihren Reihen: nationale wirtschaftspolitische Spitzen Vertretungen der Industrie wie den BDI, tarif- und sozialpolitische wie die BDA und Dachverbände, die beide Verbandsfunktionen wahrnehmen wie der französische MEDEF (ex-CNPF), der britische CBI, die italienische Confindustria. Zu den Aufgaben und Organisationszielen von UNICE gehören die Information der nationalen Mitgliedsverbände über die EU-Politik, die Formulierung eines gemeinsamen Standpunkts und dessen Vertretung gegenüber den EU-Organen, die Abstimmung mit den europäischen Branchenverbänden, Geschäftsführung und Koordination der „Commission de Liaison des Employeurs“ (CLE), des Verbindungsbüros der Arbeitgeber (Platzer 1984, 111). Die UNICE hat im Gegensatz zum EGB nach dem Vorbild des Rats einen „Ausschuß der Ständigen Vertreter“ eingerichtet (Schumann 1993, 412). Eine aussagekräftige Typologisierung oder Klassifizierung von UNICE oder EGB zur Charakterisierung ihrer spezifischen Aggregationsfunktionen ist bislang nicht gefunden.
Vogel-Polsky sieht den Kern der UNICE-Politik in der „traduction de la dérégulation microéconomique en segmentation généralisée de l’emploi“ (Vogel-Polsky et al. 1991, 66). Maurer hält Äußerungen von Vertretern des Deregulierungskonzepts, die auf eine generelle Ablehnung der Berücksichtigung sozialer Aspekte hinauslaufen, wie bspw. „Europäische Sozialpolitik ist überflüssig, man muß auf die Marktkräfte vertrauen“, für selten (Maurer 1993, 155).
Cf. Stützel 1994, 154ff.; Gobin 1994. Neben mächtigen Branchengewerkschaften bestehen Berufsgewerkschaften und stark zentralisierte Dachverbände. Die Organisationsquote differiert extrem: Sie reicht von unter 10 Prozent in Spanien oder Frankreich über eine Mittelgruppe mit 35–45 Prozent (Deutschland, Italien, Großbritannien) zu den Spitzenreitern mit über 60 Prozent (Belgien, Österreich, Skandinavien). In den mittel- und nordeuropäischen Ländern existiert eine Einheitsgewerkschaft, von Belgien bis zum Mittelmeerraum ist die organisierte Arbeiterschaft in politische Richtungsgewerkschaften gespalten. Diese Vielfalt bringt erhebliche Abstimmungs-und Koordinierungsprobleme mit sich. Durch sprachliche und kulturelle Unterschiede bestehende Kommunikationsbarrieren schlagen stärker ins Gewicht als für die internationalisierte Kapitalseite (cf. Kohler-Koch 1996, 195). Die in Deutschland historisch gewachsene Mitbestimmungskultur mit der Praxis der konfliktuellen Kooperation erscheint auf den ersten Blick als einzigartig. In Frankreich wird Mitentscheidung skeptisch betrachtet — sowohl von „Patrons“ mit hartem Führungsstil als auch von einer kämpferischen Gewerkschaftsbewegung. Um diese schlaglichtartigen Einblicke zu einem systematischen Vergleich der Gewerkschaften in Europa auszubauen, müßten die Differenzen anhand eines Merkmalkatalogs erfaßt, geordnet und bewertet werden (cf. Lecher in: Bispinck 1993, 406f.; Däubler/Lecher 1991, 101–125), doch würde eine solche minutiöse Analyse vom eigentlichen Thema fortführen.
1973 ist als Antwort auf die EG-Erweiterung der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) gegründet worden, der den 1969 gegründeten Europäischen Bund freier Gewerkschaften, in dem sich die Gewerkschaften aus den sechs Gründungsmitgliedern zusammengeschlossen hatten, ablöste (cf. Niethammer 1977). 1982 vereinte er 34 Gewerkschaftsbünde aus 19 westeuropäischen Ländern mit rund 30 Mio. Mitgliedern (Tudyka 1984, 164; Eising et al. 1994, 196), 1998 65 nationale Gewerkschaften aus 28 Ländern und 14 europäische Branchenverbände, mit rund 58 Millionen Mitgliedern.
Die weit über die Europäische Gemeinschaft hinausreichende Mitgliedschaft im EGB war „der EG-spezifischen Vertretung gewerkschaftlicher Interessen nicht immer förderlich“ (Kohler-Koch nach: Maurer 1993, 168). Die Aufnahme der französischen Gewerkschaft CGT ist für das Frühjahr 1999 beschlossen.
Adamy vom DGB schließt sich der Auffassung an, die Schaffung des gemeinsamen Marktes sei die größte Deregulierungsaktion der Weltgeschichte (in: Böhme et al. 1990, 154).
Cf. Soziales Europa. Beiheft 4/1992, Teil III.
Da diese Entwicklungen im Betrieb wie in einem Brennglas fokussiert sind, muß die Analyse das Betriebliche und die Handlungsmöglichkeiten der EBR stärker gewichten.
Keller 1997, 125. Ein Überblick über die Verfahren zur Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen in den einzelnen Ländern findet sich in: Bundestag 1989b, 61f.
Tarifautonomie und -politik haben in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Relevanz, da sich unterschiedliche Gewerkschaftstypen, Sozialsysteme, Sozialkulturen, Sozialbeziehungen herausbildeten. In den meisten europäischen Ländern versuchen Gewerkschaften ein verbindliches Regelwerk für die Arbeits- und Einkommensbedingungen zu schaffen. Die Art und Weise des Verhandlungsprozesses, die Form der Vereinbarungen und die Inhalte der Tarifabkommen weisen erhebliche Unterschiede auf, wobei in einigen Ländern neben den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden der Staat eine maßgebliche Rolle spielt. Während in Deutschland die Einzelgewerkschaften für die Tarifpolitik zuständig sind, verhandeln in anderen Ländern mit Ausnahme Großbritanniens auch die Dachverbände (cf. Bispinck et al. 1993, 19f.) und in den meisten Nachbarländern konkurrieren politische Richtungsgewerkschaften miteinander. In Großbritannien hatten Gesetzgebung und Arbeitsrecht lange Zeit einen relativ untergeordneten Stellenwert, während Tarifverträge stark entwickelt waren; gegenwärtig werden fast ausschließlich Firmentarifverträge ausgehandelt. In Belgien wird von der Möglichkeit, Tarifverträgen Rechtswirkung zu geben, nur in seltenen Fällen Gebrauch gemacht. In Frankreich hingegen sind Urlaub, Arbeitszeit und Überstunden durch minutiöse Gesetzgebung geregelt, und diese Hypertrophie der Gesetzgebung und die generelle Anämie des Tarifvertragswesens bedingen sich wechselseitig. In Frankreich gelten Lenkungsansprüche des Staates als selbstverständlich und ist die Tarifautonomie eine „Residualgröße“, deren Regelungsbefugnisse dort enden, wo der Regelungsanspruch des Staates einsetzt (P. Jansen 1985, 42). Die französischen Arbeitsbeziehungen sind daher als dreipoliges Interaktionssystem mit dem Staat als drittem Akteur zu sehen.
Bei der Arbeitszeit dominiert in Deutschland die tarifvertragliche, in Frankreich die gesetzliche Regelung. Mindestentgelte werden in Deutschland, Dänemark, Italien per Kollektivvertrag, in Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Spanien gesetzlich geregelt, in Belgien, Großbritannien und Irland mittels beider Instrumentarien. Massenentlassungen werden in den meisten Ländern per Gesetz, lediglich in Frankreich und den Niederlanden zusätzlich auch per Kollektivvertrag geregelt. Die Berufsausbildung wird in Belgien, Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Portugal ausschließlich gesetzlich, in den anderen Ländern in Kombinationen von Gesetz und Kollektivvertrag geregelt (cf. Bispinck et al. 1993, 408). 455 Gerade die deutsche Sozialgeschichte ist durch „die Grundsätze des vom Staat seit 1918 garantierten kollektiven Arbeitsrechts, d.h. der Festsetzung der Lohn- und Arbeitsbedingungen für die breite Masse der Bevölkerung durch die normativen und obligatorischen Bestandteile der Tarifverträge“, durch die definierten Mindeststandards geprägt (Hartwich 1993, 15f.).
So bspw. Martine Aubry in einem Bericht an das Arbeitsministerium der damaligen französischen Regierung unter Mitterrand: Aubry 1989a, 36f., annexe 6.
Als soziales Netzwerk wird mit Pappi (1993, 85) „ein durch Sozialbeziehungen verbundenes System von sozialen Einheiten“ bezeichnet.
Auf nationaler Ebene wird von drei korporativen Akteuren und ihren formalen und informellen Beziehungen ausgegangen (Keller 1995c, 39):
- Arbeitnehmer und Gewerkschaften als ihre Interessenvertretungen,
- Management, Arbeitgeber und ihre Verbände,
- Staat, wobei verschiedene seiner Agenturen eingeschlossen werden.
Die Mehrzahl der Studien über industrielle Beziehungen aus dem deutschsprachigen Raum konzentriert sich auf die bilateralen Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern unter Einschluß ihrer jeweiligen Organisationen. Der Staat als dritter Akteur wird — anders als in Frankreich oder Italien — in den seltensten Fällen „in die Kalküle einbezogen“ (Keller 1995c, 39). In Italien oder Frankreich, wo der Staat traditionell einen höheren Stellenwert im sozialen und ökonomischen Leben einnimmt, ist diese „german bias“ oder deutsche Blindheit unbekannt.
Kohler-Koch hält es nicht für angebracht, von einem „übergreifenden Neo-Korporatismus“ auszugehen, da allein schon angesichts der gegebenen Ressourcenverteilung die Erwartung eines „europäischen Makro-Korporatismus“ illusorisch sei (Kohler-Koch 1996, 203, 206). In diesem Punkt scheint jedoch ein Mißverständnis vorzuliegen: Die Verfügungsgewalt über Ressourcenverteilung ist kein entscheidendes Prüfkriterium für das Vorhandensein von neokorporatistischen Verhandlungsstrukturen, wie das Beispiel der Einigung über Elternurlaub zeigt; gesellschaftspolitische Kräfteverhältnisse spielen eine entscheidende Rolle.
WSA, Ausschuß zum Europäischen Sozialfonds, obligatorische Konsultationen, beratende Ausschüsse, paritätische Ausschüsse und informelle Arbeitsgruppen auf sektoraler Ebene (cf. Böd-ding 1996, 149–158). Neben informellen Konsultationen existieren zahlreiche spezialisierte interprofessionelle Gemeinschaftsorgane: Comité consultatif tripartite pour la formation professionnelle (1963), Comité consultatif sur la libre circulation des travailleurs (1961), sur la sécurité sociale des travailleurs migrants (1971), sur l’hygiène, la sécurité et la santé sur le lieu de travail (1974), sur l’égalité des chances entre les femmes et les hommes (1981). Die sektoralen „Comités paritaires“ behandeln Spezialthemen wie Lohnabhängige in der Landwirtschaft, Fischerei, Binnenschiffahrt, Transportgewerbe, Eisenbahn, Banken. Der Ausschuß für Beschäftigungsfragen (1970) ist quadipartit (Kommission, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Mitgliedstaaten). Die sektoralen „Groupes de travail informels“ (GTI) gibt es für das Hotel- und Gaststättengewerbe, Versicherungen, Banken, Textil und Bekleidung etc. (cf. Frachon 1991, 46; Commission 1996e, Annexe II).
Cf. ausführlich Buda et al. 1989, 11–32.
Kommission 1990a, 16. Im Vorentwurf und Entwurf der Kommission hieß es noch deutlicher: Das Recht auf Koalitionsfreiheit und auf Kollektivverhandlungen „schließt vor allem die Möglichkeit ein, auf europäischer Ebene vertragliche Beziehungen zwischen den Sozialpartnern herzustellen, wenn diese es für wünschenswert halten. Diese Verträge können die Beschäftigungsund Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und die damit verbundenen sozialen Garantien regeln.“ (Kommission 1989a, 9; 1989g, 9).
Grote 1988, 231ff., bes. 243; Kohler-Koch et al. 1986; Commission 1988a, 109; Timmesfeld 1994, 505; cf. Kramer 1977. Grote verweist darauf, daß die letzte Konferenz 1978 von einer Privatfehde zwischen Heinz Oskar Vetter als EGB-Präsident und Otto Graf Lambsdorff als Wirtschaftsminister und Ratsvertreter überschattet war (Grote 1988,246f.).
U.a. Agnelli für Fiat, de Benedetti für Olivetti, Edzard Reuter für Daimler-Benz, Antoine Riboud für BSN, weiterhin Repräsentanten von Saint Gobain, Philips, MAN, Volvo, Nokia, Siemens, Höchst, Unilever, Nestlé, Bosch, Total, Pirelli etc. (Buda et al. 1989, 35). Ein weiteres Beispiel: Eine informelle Arbeitsgruppe, die sich aus Direktoren des Bereichs Humanressourcen, Vertretern von Unternehmen und Unternehmerverbänden unter Mitwirkung der Kommission (Generaldirektion V: Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und Soziale Angelegenheiten) zusammensetzte, tagte zwischen Februar und Oktober 1994, um ein Konzept und Maßnahmen gegen soziale Ausgrenzung zu erarbeiten. Zu den Teilnehmern gehörten Firmen wie Accor, Bayer, British Petroleum, Glaverbel, Intervenances, Levi Strauss, London Enterprise Agency, Philips, Société Générale de Belgique, Uniapac. Diese zwei Dutzend beteiligten Großunternehmer präsentierten am 10. Januar 1995 in Anwesenheit von Jacques Delors das Resultat dieser informellen Treffen der Öffentlichkeit: ein „Europäisches Manifest der Unternehmen gegen die Ausgrenzung“, das neben den Unterschriften der Arbeitsgruppenmitglieder die der Unternehmen Olivetti, Telecom Eireann, Iberia, Cockerill-Sambre, Bayard Presse, British Telecom, Repola Corporation etc. trägt. Dem theoretisch angelegten Manifest fügten sie ein Vademekum mit praktischen Leitlinien bei. Die Unterzeichner plädierten (in Teil I) für ein Mitwirken der Unternehmen an gemeinsamer Prävention und Bekämpfung sozialer — inbesondere durch Arbeitslosigkeit und Armut verursachter — Ausgrenzung in der EU. Gefordert wurde (in Teil II) eine enge Verzahnung von Wirtschafts- und Sozialpolitik, die sich der Wahrung der Menschenwürde und der Achtung der damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten verpflichtet weiß. Als Handlungsbereiche für die Unternehmen nannte das Dokument (in Teil III) die Förderung der Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die Mitwirkung an der Verbesserung der beruflichen Bildung, die Verhinderung von Entlassungen, die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Förderung von Unternehmensgründungen und die Leistung eines Beitrags zur Solidarität zugunsten besonders gefährdeter Personengruppen und Regionen. In den Schlußfolgerungen wurde an sämtliche Unternehmen und Unterneh-mensverbände appelliert, sich diesem Manifest anzuschließen, sich der Herausforderung zu stellen und ein Netzwerk gegenseitigen Austausches von Information und Erfahrung zu bilden. Das Vademekum lieferte Leitlinien und Aktionsbeispiele zur Verdeutlichung der im Manifest genannten Ziele und Grundsätze und war entsprechend der dort genannten Aktionsbereiche gegliedert (Förderung der Eingliederung in den Arbeitsmarkt etc.). Diese Initiative, ein Europäisches Unternehmer-Manifest zu verabschieden, war an sich bereits bemerkenswert, da es ein Signal gegen die Blockadepolitik der UNICE darstellte. Abzuwarten bleibt, ob die UNICE die entsprechenden Konsequenzen zieht, also selbst einen aktiveren Sozialkurs einschlägt. Diese Selbstverpflichtung von Großkonzernen erfolgte parallel zum Sozialdialog. Sie zeigte, daß für viele Großunternehmer der Begriff „sozial“ nicht mehr ein Schreckgespenst ist. Selbst der Präsident des französischen Unternehmerverbands CNPF, Jean Gandois, schloß sich in seiner Eigenschaft als Chef von Cokerill-Sambre dem Manifest an (Le Monde 11. Jan. 1995).
Abgesehen von zwei kleinen Änderungen: Die Worte „as concluded“ wurden gestrichen, so daß der Rat theoretisch die Möglichkeit hat, die Vereinbarung abzuändern, und die Verlängerung der Neun-Monats-Frist wird von der Zustimmung der Kommission abhängig gemacht (Hepple 1993, 19).
Sie schlugen Kriterien für eine Definition des Begriffs Sozialpartner vor, umrissen die Verfahren der Anhörung, der Verhandlung und der Umsetzung der Beschlüsse, wobei sie die Ansicht vertraten, daß auf gemeinsamen Antrag der Sozialpartner diesen die Durchführung übertragen werden könne.
Sie ging ausführlich auf den branchenübergreifenden Sozialdialog ein.
Für Kohle und Stahl seit 1955, für die Landwirtschaft seit 1963, für das Transportgewerbe seit 1965, für die Binnenschiffahrt seit 1967, für die Telekommunikation seit 1990, für die Post seit 1994 etc. (Club de Bruxelles 1991, 28; cf. Commission 1996e, Annexe II).
„Die Ambitionen bezüglich eines gemeinsamen Handelns, die ursprünglich zur Einsetzung des SAB geführt hatten, konnten somit nur in sehr geringem Umfang verwirklicht werden. Die innerhalb des Ausschusses geführten Debatten sind zumeist nicht mehr als eine Abfolge von Statements, in denen die Standpunkte der einzelnen Mitglieder dargelegt werden; von einer echten Debatte kann kaum die Rede sein, geschweige denn von einem gemeinsamen Handeln. Es wird ein Ritual gepflegt, ohne daß konkrete Ergebnisse vorgewiesen werden müssen. Dies hat dazu geführt, daß das Interesse der Hauptakteure deutlich nachgelassen hat. Die große Zahl der Sitzungsteilnehmer bringt es mit sich, daß es häufig zu wenig dienlichen Wiederholungen kommt.“ Die Kommission empfahl, daß der SAB ein Arbeitsprogramm aufstellt und daß er „im Sinne einer Rationalisierung“ neu zusammengesetzt werden sollte (Kommission 1996f., 11f.). Da die Beschäftigung ein wichtiges Thema sei, müsse sich sowohl der branchenübergreifende wie sektorale Dialog dieser Frage zuwenden, wodurch sich Ansatzpunkte für eine Ausweitung des Sozialdialogs ergeben.
Neben den großen branchenübergreifenden Dachorganisationen UNICE, CEEP und EGB umfaßte die Liste Organisationen, die bestimmte Arbeitnehmergruppen oder Unternehmen oder sektorale Arbeitgeber vertreten. Die Verhandlungsverfahren waren — so die Kommission — „kaum erprobt“.
Buda 1995, 291f. Ein Beispiel für diese Ideologisierung ist die Interpretation der Dreierkonferenzen zwischen Regierungs-, Unternehmer- und Gewerkschaftsvertreten als „Konzertierte Aktion“ auf EG-Ebene: „Ein ‚Bündnis zwischen den Sozialpartnern‘ sollte klassenkämpferische Formen der Interessenvertretung durch die Propagierung eines grundsätzlichen Konsens zwischen Kapital und Arbeit zurückdrängen.“ (Axt 1982, 20).
Val Duchesse habe den erhofften Durchbruch nicht gebracht (Hall 1994, 295). Als „realistische Einschätzung“ präsentiert sich die „euro-pessimistische Bewertung“, das Angebot von Verhandlungen im Rahmen des Sozialdialoge sei „nicht Mittel zum Zweck der Überwindung sozialpolitischer Pattsituationen, sondern aufgrund seines optionalen Charakters lediglich Ausdruck einer neuen politischen Leerformel, die Richtlinien faktisch verhindert“ (Keller 1996a, 223). Diese Kritik schießt weit über das Ziel hinaus und verkennt das innovative Potential des Sozialdialogs. Das Paradebeispiel der deutschen Verbändeforschung sind die „enttäuschenden Ergebnisse des sozialen Dialogs“ (Eichener et al. 1994c, 15). Dem freiwilligen Charakter des Sozialdialogs und seiner geringen Verrechtlichung entspreche es, daß die Gemeinschaft keinen Begriff der Dialogfähigkeit in Anlehnung an Tariffähigkeit entwickelt hat (Däubler 1992, 332). Europessimisten prolongieren überwundene Verhältnisse in die Zukunft, ohne die durch das Maastrichter Sozialprotokoll eingetretenen Änderungen zu berücksichtigen: „Die Gewerkschaften sind nicht in der Lage, transnationale, umfassende Interessenorganisationen zu bilden, die jedoch zur Etablierung eines ‚Euro-Korporatismus‘ notwendig wären; sie sind in ihren Interessenpolitiken zu nationalistisch, organisatorisch zu zersplittert und politisch zu schwach, um in zentralisierten Verhandlungen erzielte trilaterale Abkommen sowohl intern gegenüber ihren Mitgliedern als auch extern gegenüber den anderen Akteuren durchsetzen zu können. (...) Das Scheitern tripartistischer Ansätze (vor allem Ständiger Ausschuß für Beschäftigungsfragen, Dreierkonferenzen) in den siebziger Jahren ist daher kaum überraschend.“ (Keller 1997, 26f.).
„Einmal aufgewacht, haben z.B. die bundesdeutschen Gewerkschaften versucht, ihre hart erkämpften sozialen Standards, die als die besten gelten, zu europäisieren.“ (Bonder et al. 1992, 87). Sie hätten jedoch nicht begriffen, daß solche hohen Anforderungen für Ökonomien mit einem viel geringeren Produktivitätsniveau wie vor allem Griechenland, Spanien und Portugal kaum zu verkraften und daher unannehmbar waren, auch aus der Sicht der dortigen Gewerkschaften. Die Gewerkschaften hätten versäumt, europaweite Kompromisse zu erarbeiten, doch könnten sie nicht erwarten, daß die Gemeinschaft als politische Instanz „ihre Arbeit übernimmt“ (Bonder et al. 1992, 88).
Die aus pessimistischer Analyse gewonnene Forderung lautet dementsprechend: „Der Europäische Gewerkschaftsbund dürfte nicht nur Adresse sein, ein Kontaktbüro, ein zeremoniöser Zusammenhang. Der Zusammenhang müßte operationeil werden.“ (Glotz 1994d, 220).
In europessimistischer Lesart erfolgte der Versuch von Delors, die Sozialpartner ins Gespräch zu bringen, nicht zufällig im Rahmen der Umsetzung des Binnenmarkts und war „als legitimatori-sches Begleitprogramm der Marktintegration gedacht und gleichzeitig als Instrument, um den Binnenmarkt eine ‚soziale Dimension‘ zu verleihen“ — „legitimatorisch“ deswegen, weil die soziale Integration aus strukturell bedingten Gründen der ökonomischen Integration hinterherhinkt (Kohler-Koch 1996, 202f.). Der Sozialdialog blieb in „einem recht frühen Stadium stecken“, „spielt offenbar eine im Vergleich zu nationalen Tarifverhandlungen völlig insignifikante Rolle“, die de facto „nicht über die rein informelle Rolle einer Clearing-Stelle für Meinungen der Sozialpartner“ hinauswuchs und wurde so zu einer „unbedeutenden Randerscheinung des EG-Geschehens“ (Paqué 1989, 122, 120). Im Rahmen des Sozialdialogs getroffene Vereinbarungen binden nur die Sozialverbände selbst, da diese kein tarifpolitisches Mandat haben und daher nicht mit verbandsrechtlichen Mitteln auf die Verbandsmitglieder einwirken können (cf. Schulte 1996b, 154).
Rhodes 1995, 105; Kim 1997, 244. Die gerade im deutschsprachigen Raum gängige Kritik am vagen Charakter des Sozialdialogs nimmt nationale Tarifverhandlungen und andere verbindliche Gestaltungsformen als Maßstab und Kritikfolie. Dabei verkennt sie die neuen Möglichkeiten des Maastrichter Sozialprotokolls.
Die scharfe Kritik der Kommission am sektoralen Dialog macht Rückfragen nach der Ernsthaftigkeit ihrer Förderung des Sozialdialogs erforderlich, denn der sektorale Dialog kann durchaus zukunftsweisend werden, wenn er über gemeinsame Stellungnahmen hinausweist. Im Vergleich zu den neuen Perspektiven europäischer Kollektivvereinbarungen waren andere Ereignisse Nebenschauplätze: Die European Roundtable waren wichtig für die Kommission, um dem Rat zu zeigen, daß sie in der Lage war, unter Ausschaltung der Ministerien den Dialog direkt mit führenden Großindustriellen zu organisieren. Von diesem Zweck abgesehen wiesen die Veranstaltungen eher Showcharakter auf, die insbesondere Kommissionspräsident Delors benötigte, um eine Möglichkeit der Modernisierung der sozialen Beziehungen in Frankreich zu illustrieren.
Cf. Bödding 1996, 157f. Interne Vorlagen, bspw. der Abteilung Tarifpolitik beim DGB-Bundesvorstand, verlegten sich auf Warnungen mit erhobenem Zeigefinger: „Die vorgesehenen Vereinbarungen der Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene sind auf dem Weg zu europäischen Kollektivverträgen von untergeordneter Bedeutung und wegen der darin liegenden politischen Gefahren mit Vorsicht anzugehen.“ (Joachim Kreimer-de-Fries, Vorlage zur Sondersitzung des TpA [Tarifpolitischen Ausschusses] des DGB 8. Mai 1992, 7). Die Bedenkenträger kritisierten auch die Formulierung im Sozialabkommen: „Dieser Vorschlag des Sozialdialogs hat im DGB ein kritisches Echo gefunden: Im Tarifpolitischen Ausschuß und auf der Sitzung des Bundesvorstandes vom 4. Dezember [1991] wurden hierzu erhebliche Bedenken geäußert. Der Vorschlag biete Handhabe für eine fragwürdige Verlagerung sozialpolitischer Aufgaben der Kommission auf die europäischen Sozialpartner. Darüber hinaus stehe es nicht im Einklang mit unserem Verständnis von Tarifautonomie, wenn zum einen ein Mitgliedstaat die Umsetzung von EG-Richtlinien den Tarifparteien auferlegen könne, und wenn zum anderen die grenzüberschreitende Normsetzungskraft von europäischen Tarifverträgen von einer befürchteten ‚Lizensierung‘ durch die Kommission bzw. den Rat abhängig gemacht werde.“ (J. Kreimer-de-Fries, Europäisierung der Tarifpolitik und Vereinbarungen der EG-Sozialpartner, 25. Februar 1992, 6). Das Unverständnis gegenüber dem Sozialabkommen treibt die seltsame Blüte, daß ein europäisches Gesetz, das einer europäischen Allgemeinverbindlicherklärung gleichkommt, mit einer Lizenzerteilung verglichen und als solche abgelehnt wird. Die Spielregeln sind jedoch klar definiert: Entsprechend der Kommissionsleitlinie können entweder die Sozialpartner selbst das Abkommen umsetzen oder der Rat verabschiedet es ohne Änderung als Gesetz.
Auch ein „europäisches Register für Tarifverträge“ solle erstellt werden (Kommission 1975b, 14).
Vogel-Polsky et al. 1991, 41: am 12. Mai 1988 — wohl auf dem EGB-Kongreß -, aber laut Fußnote, 47: am 8. September 1988 auf dem Kongreß des britischen Gewerkschaftsdachverbands TUC in Bournemouth.
Däubler sieht sich aufgrund der Tatsache, daß die neuen Vorschriften im wesentlichen auf eine Initiative der Sozialpartner zurückgehen, „zu einigem Optimismus“ berechtigt (Däubler 1992,329).
Der Effekt einer Allgemeinverbindlicherklärung ist übertroffen, da auch Arbeitnehmer erfaßt werden, in deren Branche keine Tarifverträge existieren (Däubler 1992, 334); das neue Instrumentarium ist innovativ und revolutionär.
Der Raum für Kollektivvereinbarungen zwischen den Sozialkontrahenten ist institutionalisiert: „Nun ist es Sache der Sozialpartner, diesen Raum mit Hilfe der Kommission auszufüllen/’ (Kommission 1993b, 63). Allerdings neigt die Kommission dazu, ihren eigenen Beitrag zu „vergessen“.
Zu diskutieren wäre die Übertragbarkeit des ersten internationalen Mustertarifvertrags, den die Internationale Transportarbeiter Föderation (ITF) entwickelte, der einen Mindestlohn für Billigflaggenschiffe vorschreibt und mittlerweile von einem Drittel der betroffenen Schiffseigner akzeptiert wurde, entsprechend einem Sechstel der gesamten Welt-Schiffstonnage (Däubler 1997a, 21).
UNICE-Generalsekretär Zygmunt Tyszkiewicz erklärte sich bereit zu „positive and constructive procedure“ (Financial Times 21 September 1993, 3; Kim 1997, 371f.).
Financial Times 30 march 1994, 7 („CBI pulls out of talks on works councils“); FT 31 march 1994, 3; nachdem erst im Vormonat UNICE die Gespräche unterstützte (FT 24 february 1994, 2 „Employers back talks on works councils“)
Noch im April 1995 erklärte sich UNICE „worried“ über Gespräche zu den Themen „worker consultation at national level“, „sick pay“ „individual dismissals“ (Nils Trampe, Social affaires director at UNICE, Financial Times 13 april 1995, 3).
Das Verfahren ist umstritten: Die Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME) befaßten den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, ob der Ratsbeschluß über Elternurlaub gültig ist und auch für die Klägerin gilt, doch in erster Instanz wies das Gericht die Klage der UEAPME gegen den Ratsbeschluß zurück (Agence Europe no 7257 du 6/7 juillet 1998). (Im mittelfristigen sozialpolitischen Aktionsprogramm 1995–1977 erklärte die Kommission die beiden Vorschläge von 1983 und 1984 für „zurückgezogen“; Soziales Europa 1/1995, 40). Mittlerweile einigten sich UNICE und UEAPME darauf, beim Sozialdialog zusammenzuarbeiten. 489 Der Vorschlag nahm Bezug auf die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 1981 über ein neues Aktionsprogramm zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen 1982–1985 und die Entschließung des Rats vom 12. Juli 1982 zur Förderung der Chancengleichheit der Frauen.
KOM (96) 26 endg. vom 31. Januar 1996; RL 96/34 vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub, ABl L 145 vom 19. Juni 1996, 4–9; Conseil de l’Union 1997a, 261–266. Im September 1997 legte die Kommission einen Entwurf zur Ausdehnung der Richtlinie auf Großbritannien vor (EIRR 286, November 1997, 2), den die Sozialminister am 15. Dezember 1997 verabschiedeten (Agence Europe 15. & 16.12.1997, 9; EIRR 291, April 1998, 2).
Der Rat stützte sich auf das Abkommen über die Sozialpolitik und verwies auf seine Entschließung vom 6. Dezember 1994, die die Sozialkontrahenten auffordert, Möglichkeiten zum Ab-schluß von Vereinbarungen wahrzunehmen. Als geeigneter Rechtsakt zur Umsetzung der Rahmenvereinbarung wurde — so der Kommissionstext — eine Richtlinie im Sinne von Artikel 189 des Vertrags betrachtet, die für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, ihnen aber die Wahl der Form und Mittel überläßt. Der Rat verwies auf Paragraph 4 Nummer 2 der Rahmenvereinbarung, daß eine Verringerung des allgemeinen Schutzniveaus in diesem Bereich nicht zu rechtfertigen ist.
Am 15. Dezember 1997 nahm der Sozialministerrat die Richtlinie zur Teilzeitarbeit an (Agence Europe 15. & 16.12.1997, 9): Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (Amtsblatt L 14 vom 20.1.1998, 9–14; Accord-cadre européen sur le travail à temps partiel; European Framework Agreement on Part-time Work). Die Abstimmung in der EGB-Exekutive über das Teilzeitabkommen bewirkte einen Gesichts- und Ansehensverlust des DGB, der, obwohl absehbar war, daß eine Mehrheit für das Abkommen stimmen würde, sich nicht mit einer taktischen Enthaltung behalf, sondern unnötigerweise sich der Verliererposition zugesellte.
Artikel 3 (4), 3 (2) und 4 (2).
Accord cadre de recommandation pour l’amélioration de l’emploi salarié en agriculture dans les États membres de l’Union Européenne.
„Die Frage, ob das Protokoll über die Sozialpolitik des Vertrages über die Europäische Union die Voraussetzungen überbetrieblicher Verhandlungen bzw. der Sozialdialoge (durch Dezentralisierung) entscheidend verändert hat, ist eindeutig zu verneinen.“ (Keller 1996b, 482) Diese apodiktische Behauptung ist seit den Vereinbarungen über Elternurlaub und Teilzeitarbeit zu revidieren.
„It is also a very significant development in that it sets a precedent for European-level collective bargaining“ (Kim 1997, 26). Allerdings steckt der Sozialdialog in einer Krise, bspw. fanden Konsultationen zum Thema „sexuelle Belästigung“ statt, aber aufgrund der ablehnenden Haltung von UNICE kam es nicht zu Verhandlungen und die Kommission legte keine Richtlinie vor.
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Kowalsky, W. (1999). Gemeinschaftliche Sozialpolitik: Wege zu kollektivvertraglichen Aktivitäten. In: Europäische Sozialpolitik. Grundlagen für Europa, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93329-4_4
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