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Bevölkerungspolitik als lebensweltliche Produktion von Minoritäten

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Gesellschaftliche Konstruktion von Minderheiten
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Zusammenfassung

Während in diesem Kapitel bis jetzt die bevölkerungspolitische Beeinflussung der entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen und Institutionen im Vordergrund stand, mit anderen Worten der zur Klientelisierung von Bevölkerungsgruppen führende “strukturelle Bereich der Politik” analysiert wurde, soll nun das zur Produktion von Minoritäten führende Einwirken bevölkerungspolitischer Maßnahmen auf die Lebenswelt der Bevölkerung, anders gesagt, der “alltägliche” oder “alltagsbezogene Bereich der Politik” aufgezeigt werden.603

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Literatur

  1. Vgl. zur Differenzierung zwischen “strukturellem” und “alltäglichem Bereich” politischer Einwirkung Bukow in Anlehnung an Offe (Bukow/Llaryora 1988, 83ff.).

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  2. Berger/Luckmann 1980, 65.

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  3. Berger/Luckmann 1980, 139ff. Dieser dialektische Prozeß impliziert keine zeitliche Abfolge; vielmehr wirken alle Elemente simultan. Lediglich die beiden Faktoren der Internalisierung, die “primäre” und die “sekundäre” Sozialisation, interpretieren die Autoren als einen aufeinanderfolgenden Prozeß (vgl. hierzu jedoch die folgende Anmerkung).

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  4. Diese Unterteilung ist nicht unproblematisch. Berger/Luckmann sehen die primäre Sozialisation als eine Befähigung des Kindes zur Mitgliedschaft innerhalb einer Gesellschaft. Sie impliziert die allmähliche Einverleibung der Vorstellungen des “generalisierten Anderen”. Die sekundäre Sozialisation setzt erst nachher ein und entspricht der Vermittlung von rollenspezifischem Wissen, das auf Arbeitsteiligkeit gründet. Diese Differenzierung erweckt sehr stark den Anschein, daß die beiden Typen zeitlich getrennt voneinander stattfinden. Trotz verschiedener Qualitäten und Angriffsflächen wirkt aber m.E. die primäre Sozialisation auch noch nach der errungenen Mitgliedschaft eines Individuums innerhalb einer Gesellschaft weiterhin fort. Zudem beeinflussen auch Anteile der sekundären Sozialisation das Kind bereits seit seiner Geburt. Eine krasse zeitliche Trennung entspricht m.E. nicht der Qualität und Quantität der beiden Sozialisationstypen. Inhalte der primären Sozialisation bedürfen einer ständigen Überprüfung und Kontrolle. Außerdem wirken sekundäre Sozialisationsinhalte wie z.B. rollenspezifisches Verhalten auch bereits in der Kindheit auf das Kind ein, auch wenn dies während der Kindheit noch nicht so offensichtlich ist (vgl. zur Kritik an der Differenzierung zwischen “primärer” und “sekundärer” Sozialisation auch Leithäuser et. al. 1977, 15f.).

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  5. Eine reale Thematisierung und Reflexion ist dadurch unmöglich. Leithäuser et.al. zeigen auf, daß eine derartige Routine alle Themenbereiche des Alltags erfaßt. So werden Vernichtungskriege mit denselben Kriterien interpretiert, die man auch auf Fußballspiele anwendet: Hier “… bezeugt das Alltagsbewußtsein seine große Ignoranz, die es am Leben hält.” (Leithäuser et. al. 1977, 48). An anderer Stelle definieren die Autoren diese Art von Alltagsbewußtsein als ein von der Kulturindustrie kreiertes “autistisches Milieu”. Vergesellschaftung, neben der Sozialisation einer der beiden Bestimmungsfaktoren des Alltagsbewußtseins, schaffen ein solches Milieu, “… das die Kommunikationseinschränkungen der Individuen unterstützt und verstärkt, das sich durch Kommunikationseinschränkung und eingeschränkte Interaktionspraxis geradezu definiert.” Und weiter: “Das autistische Milieu organisert die ‘Anwesenheit’ der Individuen als ihre ‘Abwesenheit”’. (Leithäuser et.al. ebd., 70f.).

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  6. Bei dem Begriff der Alltagswelt beziehe ich mich auf den Bedeutungsgehalt, den Berger/Luckmann ihm zuweisen (vgl. Berger/Luckmann 1980, 21ff.). Er wird im folgenden näher erläutert und auf Bevölkerungspolitik bezogen. “Alltagswelt” konvergiert aber auch sehr stark mit dem Begriff des Gesellschaftsbildes, den Hoffmann/Even (in Anlehnung an Popitz) in ihren Forschungsarbeiten benutzen (vgl. Hoffmann/Even 1984, 33f ).

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  7. Hess und Mechler zeigen in ihrer theoretisch-empirischen Arbeit zur Problematik der Armut auf, daß die so oft proklamierte Schichtdurchlässigkeit zwischen den Generationen kaum stattfindet. So rekrutiert sich die Bevölkerung von randständigen Siedlungen nahezu immer wieder aus sich selbst. Ein gesellschaftlicher Aufstieg — so die Autoren — wird hauptsächlich durch die soziale Plazierung innerhalb des gesellschaftlichen Gefüges bestimmenden Faktoren der Schulbildung und Berufswahl verhindert (vgl. Hess/Mechler 1973, insbesondere 78ff.).

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  8. Vgl. hierzu Berger/Luckmann 1980, 93. Leithäuser et.al. nennen in Anlehnung an die Psychoanalyse eine Reihe von Abwehrformen eines Konflikts wie die Harmonisierung, die Nivellierung, die Verlagerung oder die Exterritorialisierung, die alle auf die Verhinderung einer realen Auseinandersetzung zielen (vgl. Leithäuser etal. 1977, 54f., auch 63).

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  9. Bukow/Llaryora 1988, 157, Anm. 210, auch 101f

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  10. Vgl. hierzu Berger/Luckmann 1980, 41. Interessant ist auch, daß der Mythengehalt mit dem Maß der Anonymität der Typisierung steigt. Je “öffentlicher” der Diskurs, desto effektiver ist sein Mythengehalt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die sogenannten ureigensten Erfahrungen nicht mythisch sind. Im Gegenteil, der Mythos ist elementarer Bestandteil jeder Typisierung, ja sogar der Alltagswelt schlechthin.

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  11. Vgl. hierzu Foucault 1981, 31 ff.

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  12. Leach 1978, 68, zum Thema 66ff.

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  13. Vgl. hierzu Bukow/Llaryora 1988, 70f.

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  14. Vgl. hierzu Leach 1978, 119.

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  15. Hier ist an Alters-, Geschlechts,- ethnische und Klassenunterschiede zu denken, die Macht konstituieren. Diese Macht ermöglicht spezifischen Gruppen, Regeln zwecks Erhalt der Differenzen aufzustellen und durchzusetzen (vgl. hierzu auch Becker 1981, 16 ).

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  16. Vgl. hierzu Becker 1981, 133ff.

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  17. Vgl. hierzu auch Leithäuser et.al.: Die praktischen (verbalen und nicht-verbalen) Artikulationen der Individuen in Alltagssituationen präsentieren sich in einem standardisierten, erlaubten und anerkannten, sozial kontrollierten Interaktionszusammenhang. Intentionen, Bedürfnisse und Interessen der Individuen, die über die relativ unproblematische Interaktionspraxis der Alltagssituation hinausgehen, werden an ihren Grenzen abgewiesen und ausgesperrt. Sie haben keine Artikulations-und Realisierungschance und werden in den Bereich des ‘abweichenden Verhaltens’ und der Privatsprachlichkeit gedrängt (Leithäuser et.al. 1977, 44 ).

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  18. Einmal erwähnt Becker, daß die Regelsetzung eine politische Angelegenheit sei und mit Herrschafts-und Machtinteressen verbunden ist (vgl. Becker 1981, 6; 16). Auf der anderen Seite verweigert Becker eine politische Sichtweise, indem er eine scheinbar wertneutrale wissenschaftliche Perspektive einnimmt. Man dürfe nicht für die eine oder die andere Seite Stellung beziehen, sondern müsse abweichendes Verhalten als ein Verhalten ansehen, “… das einige mißbilligen und andere schützen…” (Becker 1981, 158 ).

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  19. Das Alltagsbewußtsein ist — so Leithäuser et. al. (vgl. Leithäuser et. al. 1977, 62) — sogar genötigt, invariant zu sein. Es muß ständig in der Lage sein, sich den Neuerungen der Alltagswelt anzupassen. Es bedarf jedoch “gravierender Wandlungen der situativen Bedingungen, damit thematische Orientierungen sich gegenüber dem Restitutionsdruck der etablierten Formen durchsetzen können (vgl. ebd. 114 ).

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  20. Berger/Luckmann unterscheiden vier Ebenen der Legitimation, auf die ich hier nicht weiter eingehen will (vgl. Berger/Luckmann 1980, 100 ff.).

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  21. Dazu Leithäuser et.al.: “Das Alltagsbewußtsein ist konservativ (…); es versucht daher, den Status Quo zu bewahren, bei dem ihm Vertrauten und Bekannten zu bleiben. In dem rigiden Thema-Horizont-Schema des Alltagsbewußtseins (in dem reale Thematisierungen nicht stattfinden, Anm. d. Verf.) haben Veränderungen nur als kleine Positionsänderungen ihren Platz, nicht aber im Sinne einer qualitativen Umformung des Thema-Horizont-Schemas selbst” (Leithäuser et.al. 1977, 55).

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  22. Vgl. hierzu und im folgenden Becker 1981, 10f

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  23. Becker 1981, 13.

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  24. Vgl. Adorno et. al. 1973, insbesondere 303ff.

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  25. Elias/Scotson 1990, 14

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  26. Dittrich/Radtke 1990, 29. Die Autoren verdeutlichen, daß hierbei eine Umwandlung des “Rassenkonflikts” zum “Kulturkonflikt” stattgefunden hat, bei der “… die biologischen Gruppenmerkmale, wie Blutzusammensetzung und Hautfarbe, als determinierende Faktoren aus der wissenschaftlichen Diskussion genommen wurden…” und der Kulturdeterminismus dadurch “im neuen Gewand” fortwirken kann (ebd. 29f.; vgl. auch 32 ff.).

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  27. Dittrich/Radtke 1990, 33.

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  28. Klingemann 1990, 259.

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  29. Lamnek 1988, 217.

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  30. Lemmert differenziert zwischen einer “primären” und einer “sekundären” Devianz (vgl. Lamnek ebd., 220). Vgl. hierzu auch Bukow/Llaryora 1988, 61.

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  31. Dieses Verhältnis wird sehr gut durch den Begriff “existentielle Ausarbeitung” widergegeben (vgl. Bukow/Llaryora 1988, 106, auch Anm. 225).

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  32. Hier ist zunächst an den systematischen Um-bzw. Abbau des Sozialstaats zu denken. Erste empirische Analysen der sozio-demographischen Merkmale der Wähler der “Neuen Rechten” zeigen auf, daß die sich u.a. gegen Immigranten richtenden rechtsextremen Vorstellungen hauptsächlich bei den Individuen anzutreffen sind, die von diesem Abbau zwar noch nicht direkt betroffen, aber bereits von ihm bedroht sind (vgl. Radtke 1990, 81 ).

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Ottersbach, M. (1997). Bevölkerungspolitik als lebensweltliche Produktion von Minoritäten. In: Gesellschaftliche Konstruktion von Minderheiten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93303-4_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93303-4_8

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-1789-5

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