Zusammenfassung
Auch wenn sich Kindheit und Jugend im Osten und Westen von Deutschland gegenwärtig angleicht, ist die jeweilige Zeitgeschichte zu berücksichtigen. Unabhängig einiger Parallelen und Ähnlichkeiten in den Lebensmustern unterscheiden sich die neuen Bundesländer aufgrund ihrer 40jährigen DDR-Vergangenheit immer noch von den alten Bundesländern. Dies gilt vor allem, wenn man danach fragt, welche Erfahrungen Heranwachsende während und nach der Wende sammelten, wie in dieser Zeit Erziehung und Sozialisation ineinandergriffen und was die Gründe für jugendliche Bruchbiographien sind. Kinder, die mit 10 Jahren die politische Wende erfahren haben, also in der DDR-Gesellschaft aufgewachsen sind, haben vielfältige Veränderungen erfahren. Sie lernten bis zur Wende in der ehemaligen DDR eine relative Sicherheit kennen. Mit 1989 wurde ein sozialistisches Gesellschaftssystem durch eine postindustrielle Gesellschaftsstruktur ausgetauscht. Die DDR stand eher an der Peripherie der europäischen Wirtschaftsentwicklung (Gerschenkorn 1985). Die überdimensionierte Staatsbürokratie wie auch die sendungsbewußten Gesellschaftsideologien regelten die Ausbildungsgänge, den Arbeitsmarkt, sowie den Freizeitmarkt — soweit vorhanden. Beeinflußt wurden biographische Verläufe genauso wie Familienverläufe. Der kontrollierte Bildungsverlauf, der einheitliche Übergang in das Erwerbsleben, die garantierte Vollbeschäftigung und die Zusicherung einer Wohnung mit der Gründung einer eigenen Familie (Zinnecker 1991, 22) führten zu einer relativ einheitlichen altersspezifischen Segmentierung des Lebenslaufs.
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Literatur
Bei der Auswahl der Fälle verfolgten wir zwei Strategien. Zum einen orientierte sie sich an äußeren sozialstrukturellen Merkmalen (Geschlecht, soziale Herkunft, Region) und zum anderen haben wir in Anlehnung an der von Znaniecki entwickelten Methode der “abweichenden Fälle” (Fuchs 1984) gezielt nach interessanten Lebenswegen von Kindern gesucht. In einer zweiten Erhebungsphase orientierte sich die weitere Fallauswahl an der Methode des theoretical sampling von Glaser & Strauss (1967). Auf der Grundlage theoretischen Vorwissens und bereits vorliegender Auswertungen wurde nach weiteren konturierten Fällen gesucht, um ein möglichst breites Spektrum an Wegen von der Kindheit in die Jugendphase zu erhalten. Von den 30 erhobenen Fällen haben wir zwanzig in unserer Auswertung berücksichtigt. Die Analyse der narrativen Interviews orientierte sich an den von Schütze (1981) vorgeschlagenen Verfahren zur Herausarbeitung biographischer Prozeßstrukturen, die in einem letzten Schritt zu einer Typologie zusammengeführt wurden, anhand derer das Spektrum an unterschiedlichen Wegen von der Kindheit in die Jugendphase aufgezeigt werden kann. Erarbeitet haben wir anhand des Datenmaterials verschiedene Kriterien: den Grad der erreichten biographischen Reflexionskompetenz (kognitive Verselbständigung), den Grad der individuiert-praktischen bzw. alltagspraktischen Verselbständigung und den Grad der Eingebun-denheit in familiale Verpflichtungen und Zeitbudgets.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Ecarius, J. (1998). Aufwachsen in Zeiten gesellschaftlicher Umstrukturierung sozialer Räume. In: Mansel, J., Neubauer, G. (eds) Armut und soziale Ungleichheit bei Kindern. Reihe Kindheitsforschung, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93275-4_5
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