Zusammenfassung
Die Rolle des Staatsoberhauptes hängt wesentlich von der Struktur des Regierungssystems ab. In parlamentarischen Monarchien (wie in Großbritannien) ist es der durch Erbfolge ins Amt gelangte Monarch, dem eine integrative und — aufgrund der Parlamentarisierung der Monarchie — überwiegend repräsentative Funktion zukommt. In parlamentarischen Republiken wird das Staatsoberhaupt auf Zeit gewählt — sei es indirekt durch ein Wahlgremium (z.B. in Italien), sei es direkt durch das Volk (z.B. in Österreich). In präsidentiellen Systemen wie den Vereinigten Staaten vereinigt der mächtige Präsident die Funktionen des Regierungschefs und des Staatsoberhaupts. Hingegen zeichnen sich semi-präsidentielle Regierungssysteme durch eine zweipolige Exekutive aus (wie in Frankreich): Dem meist einflussreicheren Staatspräsidenten steht der Ministerpräsident gegenüber. Konflikte sind jedenfalls unter einer Konstellation der cohabitation vorprogrammiert. In Diktaturen kann der Diktator entweder zugleich auch das Staatsoberhaupt sein oder neben sich ein formelles Staatsoberhaupt dulden. D ist der Musterfall einer parlamentarischen Demokratie. Der → Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik, der Bundespräsident (Bpr.) ist als Staatsoberhaupt nicht annähernd so einflussreich. Seine Bedeutung unterscheidet sich fundamental von der des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik, der in Manchem als eine Art „Ersatzkaiser“ figurierte, den Oberbefehl über die Wehrmacht besaß, über ein Notverordnungsrecht verfügte, das Parlament auflösen und den Reichskanzler entlassen konnte.
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Literatur
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Jesse, E. (2000). Bundespräsident. In: Andersen, U., Woyke, W. (eds) Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93232-7_18
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