Skip to main content

„Arbeiterintellektuelle“, „sozialdemokratische Bohemiens“ und „Chefideologen“: Der Wandel der Intellektuellen in der frühen deutschen Sozialdemokratie

Ein Fallbeispiel

  • Chapter
Intellektuelle und Sozialdemokratie
  • 120 Accesses

Zusammenfassung

Diese Quintessenz formulierte Robert Michels als Epilog des Kapitels seiner einflußreichen parteisoziologischen Studie über die „oligarchischen Tendenzen“ in den modernen Massenparteien, das er ausdrücklich der „Akademiker-frage“ widmete. Michels hatte seinesgleichen fest im Blick, wenn er neben seiner Gegenüberstellung von „Führung“ und „Masse“ auch einen Dualismus von „Parteiführern“ und „Intellektuellen“ beschwor und in letzteren grundsätzlich Akademiker sah.’ Der Streit um die akademisch gebildeten Wissenschaftler und Literaten in der Sozialdemokratie und in ihrem intellektuellen Umfeld sei so alt wie die Bewegung selber; immer sei man ihnen entweder mit dem Vorwurf mangelnden „Stallgeruchs“ oder dem Verdacht verantwortungsloser, überheblicher „Gedankenfabrikation“ begegnet. In einem Atemzug habe man Sozialdemokraten mit bürgerlichem Hintergrund als klassenverräterische Opportunisten gegenüber dem System oder aber als idealistische „Utopisten“ ohne Bodenhaftung beschimpft.

„Die bürgerlichen Elemente in der sozialdemokratischen Arbeiterpartei lassen sich [...] weder fortfluchen noch fortjagen, noch endlich hinwegdekretieren: sie haben nicht nur ihre Existenzberechtigung, sie sind geradezu ein integrierender Bestandteil der Bewegung selbst. Eine politische Arbeiterbewegung ohne bourgeoise Deserteure ist ebenso historisch unmöglich wie eine solche ohne ein sie tragendes‚klassenbewußtes‘ Proletariat. Das trifft ganz besonders auf die Jahre der ersten Jugend der Arbeiterbewegung und ihre Genesis [...] zu.“1

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Robert Michels: Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens (1911). Stuttgart °1989, S. 313.

    Google Scholar 

  2. Vgl. auch Robert Michels: Masse, Führer, Intellektuelle. Politisch-soziologische Aufsätze 1906–1933. Frankfurt/M., New York 1987.

    Google Scholar 

  3. Biographische Angaben nach Frank R. Pfetsch: Einführung. In: Robert Michels: Masse,Führer, Intellektuelle. Politisch-soziologische Aufsätze 1906–1933. Frankfurt/M., New York 1987, S. XVIII ff.

    Google Scholar 

  4. Vgl. Michels: Soziologie des Parteiwesens, S. 300–313.

    Google Scholar 

  5. Vgl. Klaus Tenfelde: Arbeitersekretäre. Karrieren in der deutschen Arbeiterbewegung vor 1914. Heidelberg 1996.

    Google Scholar 

  6. Vgl. Michels: Soziologie des Parteiwesens, S. 267, S. 270ff.

    Google Scholar 

  7. Vgl. Thomas Mergel: Der Funktionär. In: Ute Frevert, Heinz-Gerhard Haupt (Hrsg.): Der Mensch des 20. Jahrhunderts. Frankfurt/M. 1999, S. 278–300, S. 380f.

    Google Scholar 

  8. Michels: Soziologie des Parteiwesens, S. 291f., S. 312.

    Google Scholar 

  9. Vgl. Einführung zu Michels: Soziologie des Parteiwesens, S. XXXIX.

    Google Scholar 

  10. Alle nicht speziell belegten Sachangaben, Zitate und Thesen stützen sich auf meine Habi-litationsschrift, die in Kürze in Buchform erscheinen wird: Thomas Welskopp: Das Banner der Brüderlichkeit. Die deutsche Sozialdemokratie vom Vormärz bis zum Sozialistengesetz. Bonn 2000.

    Google Scholar 

  11. Vgl. Thomas Welskopp: Im Bann des 19. Jahrhunderts. Die deutsche Arbeiterbewegung und ihre Zukunftsvorstellungen zu Gesellschaftspolitik und „sozialer Frage“. In: Ute Frevert (Hrsg.): Das Neue Jahrhundert. Zeitdiagnosen und Zukunftsentwürfe um 1900. Göttingen 1999, S. 144–75.

    Google Scholar 

  12. Zitiert in Bernhard Becker: Geschichte der Arbeiter-Agitation Ferdinand Lassalle’s. Nach authentischen Aktenstücken (1874). Berlin, Bonn ‘1978, S. 74.

    Google Scholar 

  13. Dieter Dowe (Hrsg.): Protokolle und Materialien des Allgemeinen Deutschen Arbeiterver-eins (inklusive Splittergruppen). Nachdrucke. Berlin, Bonn 1980, S. 144.

    Google Scholar 

  14. Vgl. Dieter Dowe, Klaus Tenfelde: Zur Rezeption Eugen Dührings in der deutschen Ar-beiterbewegung in den 1870er Jahren. In: Hans Pelger u.a. (Hrsg.): Wissenschaftlicher Sozialismus und Arbeiterbewegung. Begriffsgeschichte und Dühring-Rezeption. Trier 1980, S. 25–58.

    Google Scholar 

  15. Friedrich Engels an Johann Philipp Becker (8.9.1879). In: Marx-Engels-Werke, Band 34.Berlin (DDR) 1973, S. 391.

    Google Scholar 

  16. Vgl. Shlomo Na’aman: Gibt es einen „Wissenschaftlichen Sozialismus“? Marx, Engels und das Verhältnis zwischen sozialistischen Intellektuellen und den Lernprozessen der Arbei-terbewegung. Hannover 1979.

    Google Scholar 

  17. Vgl. z.B. noch Christian Gotthardt: Industrialisierung, bürgerliche Politik und proletarische Autonomie. Voraussetzungen und Varianten sozialistischer Klassenorganisationen in Nordwestdeutschland 1863 bis 1875. Bonn 1992.

    Google Scholar 

  18. Vgl. Welskopp: Banner der Brüderlichkeit, Teil Il.

    Google Scholar 

  19. Vgl. Arno Herzig: Jakob Audorf der Ältere (1807–1891). Zur Interdependenz von Erfah-rung und Theorie in der frühen deutschen Arbeiterbewegung. In: Hans-Peter Harstick u.a. (Hrsg.): Arbeiterbewegung und Geschichte. Festschrift für Shlomo Na’aman zum 70. Geburtstag. Trier 1983, S. 23–40; H.F.W. Schultz: Erinnerungen eines Hamburger Proletariers. Hamburg 1899, S. 24.

    Google Scholar 

  20. Zu Martens: John Breuilly, Wieland Sachse: Joachim Friedrich Martens (1806–1877) und die deutsche Arbeiterbewegung. Göttingen 1984.

    Google Scholar 

  21. Zitiert in Ulrich Engelhardt: „Nur vereinigt sind wir stark“. Die Anfänge der deutschen Gewerkschaftsbewegung 1862/63 bis 1869/70. Band 1. Stuttgart 1977, S. 271.

    Google Scholar 

  22. Vgl. Welskopp: Banner der Brüderlichkeit, Teile II u. III.

    Google Scholar 

  23. Vgl. August Bebel: Aus meinem Leben. Berlin, Bonn 1986, S. 45ff.

    Google Scholar 

  24. Wilhelm Hasenclever: Reden und Schriften. Hrsg. u. eingel. v. Ludger Heid u.a. Bonn 1989, S. 149; zur Biographie Hasenclevers: Ludger Heid:,,…gehört notorisch zu den hervorragendsten Leitern der sozialdemokratischen Partei“. Wilhelm Hasenclever in der deutschen Arbeiterbewegung. In: Ebd., S. 15–68, hier S. 16f., S. 22f.; Wilhelm Hasenclever: Liebe, Leben, Kampf. Gedichte von Wilhelm Hasenclever. Hamburg 1876; Ders.: Erlebtes. Skizzen und Novellen. Leipzig o.J. [ca. 1875 ].

    Google Scholar 

  25. Vgl. Toni Offermann: Arbeiterbewegung und liberales Bürgertum in Deutschland 1850–1863. Bonn 1979, S. 296; vgl. auch Jakob Audorf: Gedichte. Stuttgart 1893.

    Google Scholar 

  26. Otto Ernst: Asmus Sempers Jugendland. Der Roman einer Kindheit. Leipzig 1904, S. 269.

    Google Scholar 

  27. Zum „Mohrenklub“ vgl. Eduard Bernstein: Sozialdemokratische Lehrjahre. Autobiographien (1928). Berlin 1991, S. 55ff.; Ders.: Geschichte der Berliner Arbeiter-Bewegung. Ein Kapitel zur Geschichte der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Vom Jahre 1848 bis zum Erlaß des Sozialistengesetzes. Berlin 1907, S. 315, S. 338.

    Google Scholar 

  28. Wilhelm Blos: Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten. Band 1. München 1914, S. 125f.

    Google Scholar 

  29. Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO, BArch), Bestand August Bebel: NY 4022/100: Eingehende Korrespondenz — Wilhelm Bracke, Jan.—April 1870: Wilhelm Bracke an August Bebel, Braunschweig, 19.1. 1870; 1. 2. 1870.

    Google Scholar 

  30. Wilhelm Liebknecht: Briefwechsel mit deutschen Sozialdemokraten. Band 1: 1862–1878.Hrsg. v. Georg Eckert. Assen 1973, Nr. 350, S. 551: Wilhelm Blos an Wilhelm Liebknecht, o.O., o.D. [Leipzig, März 1874 ].

    Google Scholar 

  31. Der Hochverraths-Prozeß wider Liebknecht, Bebel, Hepner vor dem Schwurgericht zu Leipzig vom 11. bis 26. März 1872. Berlin ‘1894, S. 78.

    Google Scholar 

  32. Ebd., S. 68.

    Google Scholar 

  33. Vgl. ausführlich Welskopp: Banner der Brüderlichkeit, Teil III.

    Google Scholar 

  34. Johann Most an Wilhelm Liebknecht, Berlin, 20.7.1876. In: Liebknecht: Briefwechsel, Nr. 453, S. 688f.

    Google Scholar 

  35. Vgl. Dirk H. Müller: Idealismus und Revolution. Zur Opposition der Jungen gegen den Sozialdemokratischen Parteivorstand 1890 bis 1894. Berlin 1975.

    Google Scholar 

  36. Vgl. Ingrid Gilcher-Holtey: Das Mandat des Intellektuellen. Karl Kautsky und die Sozialdemokratie. Berlin 1986; Annelies Laschitza: Im Lebensrausch, trotz alledem. Rosa Luxemburg. Eine Biographie. Berlin 1996.

    Google Scholar 

  37. Vgl. Welskopp: Im Bann des 19. Jahrhunderts, S. 144f. u. passim.

    Google Scholar 

  38. SAPMO, BArch, Bestand August Bebel: NY 4022/110: Eingehende Korrespondenz L - Mos: Johann Most an August Bebel, Berlin-Plötzensee, 27. 9. 1875.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2000 Leske + Budrich, Opladen

About this chapter

Cite this chapter

Welskopp, T. (2000). „Arbeiterintellektuelle“, „sozialdemokratische Bohemiens“ und „Chefideologen“: Der Wandel der Intellektuellen in der frühen deutschen Sozialdemokratie. In: von Alemann, U., Cepl-Kaufmann, G., Hecker, H., Witte, B. (eds) Intellektuelle und Sozialdemokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93209-9_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93209-9_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-8100-2921-8

  • Online ISBN: 978-3-322-93209-9

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics