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Entwicklung einer Konzeption für die geschlechtsbezogene Bildungsarbeit

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Das eigene Leben leben
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Zusammenfassung

In dem vorangegangenen theoretischen Teil werden die unterschiedlichen Bereiche, die die Lebenssituation von Mädchen und Frauen insbesondere aber auch das Verhältnis der Geschlechter zueinander beschreiben, untersucht. Die erkenntnisleitenden Fragen waren dabei, welche Perspektiven haben junge Frauen und Männer heute hinsichtlich Beruf und Partnerschaft? Welche Realisierungsmöglichkeiten versprechen sie sich und welche werden bereits empirisch gelebt? Zudem richtete sich die Analyse auf die damit verbundenen Realisierungschancen, Hemmnisse und Probleme. Es wurde aufgezeigt, daß die Lebensperspektiven, das Erwerbsleben und die Partnerschaft reflexiv miteinander verknüpft sind und in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander sind. Die Ausbildungs- und Berufsbedingungen haben interagieren-den Einfluß auf das Privatleben und umgekehrt. Die Vorstellungen und Lebenspläne finden sich in beiden Bereichen wieder und werden durch diese mitgetragen. Im Folgenden geht es nun darum, die Konsequenzen aus der Analyse für die pädagogische Arbeit herauszufiltern. Folgende Thesen fassen die theoretischen Überlegungen für die praktische Bildungsarbeit zusammen:

  1. 1.

    Mädchen und Frauen haben nach wie vor schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

  2. 2.

    Mädchen wählen eher Berufsbereiche, in denen der Anteil der Frauen dominiert, sie ihre sozialen Kompetenzen und Bedürfnisse ausleben kön­nen und hoffen potentiell eine Mutterschaft integrieren zu können. Sie werden schlechter bezahlt und haben geringere Karrierechancen. Jungen steht deshalb ein größeres Berufsspektrum zur Verfügung.

  3. 3.

    Mädchen fühlen sich eher für die Kindererziehung und Hausarbeit zu­ständig als Jungen.

  4. 4.

    Jungen werden zunehmend mit Erwartungen von Mädchen nach mehr Gleichheit konfrontiert. Dies führt zu einem Handlungs- aber auch Ver­teidigungsdruck von Jungen.

  5. 5.

    Jungen entwickeln zunehmend Wünsche, eine verantwortliche Vater­schaft zu übernehmen; werden also auch immer öfter mit den Problemen von Vereinbarkeit konfrontiert.

  6. 6.

    Die Vorstellungen über Weiblichkeit und Männlichkeit haben sich ver­ändert und stellen damit die traditionelle Arbeitsteilung, (Liebes-) Bezie­hungskonzepte und Selbstverständlichkeiten in Frage, ohne daß es wirk­liche Neuorientierungen gibt. Dadurch ergeben sich im Geschlechterver­hältnis neue Spannungen, aber auch neue Chancen zu mehr Individuali­tät, Mobilität, Autonomie und Zufriedenheit.

  7. 7.

    Geschlechtsbezogene Identität und die damit verbundenen Aufgabenbe­reiche entwickeln sich in einem lebenslangen Sozialisationsprozeß und unterscheiden sich nach Kultur, sozialer Herkunft, intrafamiliären Beson­derheiten, persönlichen Erlebnissen und dem Geschlecht.

  8. 8.

    An dem bestehenden Geschlechterverhältnis sind gesellschaftliche Struk­turen, aber auch die „Akzeptanz“ der einzelnen Individuen beteiligt. Die­se Wechselseitigkeit läßt die Analyse sehr komplex erscheinen, eröffnet aber gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen Handlungsspielräume, deren Herausarbeitung in der Bildungsarbeit von entscheidender Bedeutung ist.

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Literatur

  1. GEISSLER und OECHSLE (1990) beschäftigen sich allerdings nicht mit Bildungskonzeptionen, sondern mit der Bedeutung von Biographieforschung. In ihrem Arbeitspapier stellen sie erste Auswertungen von biographischen Interviews mit jungen Frauen vor.

    Google Scholar 

  2. Die hier referierten Untersuchungsergebnisse rekurrieren insbesondere auf schulinternerne Studien zur Koedukation. Die wichtigsten Ergebnisse finden sich bei SPENDER (1984), PRENGEL u.a. (1987), FAULSTICH-WIELAND (1987), METZ-GÖCKEL (1987), EN-DERS-DRAGÄSSER/FUCHS (1986), HURRELMANN u.a. (1986), PFISTER (1988). Auf Grund der ähnlichen Gruppenstruktur ist zu vermuten, daß die Ergebnisse der Schuluntersuchungen auf die außerschulische Bildungsarbeit übertragbar sind. 19 PFISTER (1988: 91) recherchierte für die USA an reinen Mädchencolleges, daß eben diese Schulabgängerinnen signifikant höhere Berufspositionen innehaben und dreimal so viele Frauen im naturwissenschaftlich-technischen Bereich studieren und promovieren als Frauen aus einer koedukativen Vergleichsgruppe.

    Google Scholar 

  3. Eine weitreichende und revidierende Kritik dieser für die 70er Jahre revolutionären Ansätze innerhalb der Frauenforschung findet sich bei Carol HAGEMANN-WHITE (1984). Sie stellt die empirische Evidenz der geschlechtsspezifischen Sozialisationsforschung in ihrer damaligen Form deshalb in Frage, da weder Geschlechtsunterschiede an sich noch deren Herausbildung durch elterliche Erziehungspraktiken in dem zuvor angenommenen Zusammenhang wissenschaftlich belegt werden konnten. Diese Kritik stellt zwar nicht die große Bedeutung geschlechtsspezifischer Sozialisation in Frage, wie auch Marianne GRABRU-CKER (1985) anschaulich in ihrem Tagebuchbericht über die ersten drei Jahre ihrer Tochter analysiert, sondern ist vielmehr ein Plädoyer, die unterschiedlichen Wirkungsmechanismen, die das Geschlechterverhältnis definieren, genauer und komplexer in die forschenden Fragestellungen mit einzubeziehen (vgl. Kapitel 1.5).

    Google Scholar 

  4. Nancy CHODOROW (1985) führt die besonderen Beziehungen unter Mädchen und Frauen nicht wie die Ansätze in Freudscher Tradition auf den gemeinsamen Mangel (Penisneid) zurück, sondern auf die symbiotisch erlebte Beziehung zwischen Mutter und Tochter.

    Google Scholar 

  5. Neben der direkten Konfrontation und unreflektierten Schuldzuweisung zu feministisch denkenden Frauen wählen einige Männer indirektere Wege, ihren Identitätsverlust zu kompensieren. Der ernorme Zulauf zu rechtsextremistischen Gruppierungen, zu neuen Dimensionen der Gewalttätigkeit, der Flucht in den Erlebnisdschungel auf Abenteuerreisen oder die Faszination brutaler Krimihelden sind insbesondere für junge Männer auch im Kontext von Rollenirritationen zu sehen (SIELERT 1989).

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© 1998 Leske + Budrich, Opladen

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Timmermann, E. (1998). Entwicklung einer Konzeption für die geschlechtsbezogene Bildungsarbeit. In: Das eigene Leben leben. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92553-4_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92553-4_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-8100-1574-7

  • Online ISBN: 978-3-322-92553-4

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