Bürgerbewegungen und Kommunalpolitik in Ostdeutschland

Zusammenfassung

1989/90 wurden die ostdeutschen Bürgerbewegungen von den revolutionären Massenprotesten gleichsam über Nacht in die politische Arena gespült. Bereits mit den Wahlergebnissen der Volkskammerwahl vom März 1990 wurde ihnen jedoch nach der Euphorie des Herbstes eine herbe Absage erteilt. Nur 5,05% der damaligen Noch-DDR-Bürger wählten grün-bürgerbewegt und verwiesen die im Bündnis 90 vereinigten Bürgerbewegungen und die GRÜNEN damit in eine neue Oppositionsrolle. Auf Landesebene regiert das Bündnis 90 lediglich in Brandenburg mit, in Mecklenburg-Vorpommern sind Bündnis 90/GRÜNE nicht, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen jeweils mit kleinen Fraktionen vertreten und im Bundestag sitzt eine Gruppe ostdeutscher Bürgerbewegter. Vertreter der (ehemaligen) Bürgerbewegungen sind vor allem in den Gemeinderäten, Stadtverordnetenversammlungen und Kreistagen zu finden. In fast allen ehemaligen Bezirksstädten und einer Reihe weiterer Großstädte (wie Jena, Zwickau oder Görlitz) kamen die Listenverbindungen der Bürgerbewegungen auf über 10% der Stimmen. Landesweit wurden mehr als 850 Vertreter der Bürgerbewegungen in die Kreistage und mehr als 1.800 in die örtlichen Volksvertretungen gewählt (siehe: Wielgohs 1991, 172). Doch auch sie befinden sich überwiegend in einer Oppositionsrolle, in nur wenigen Fällen regieren sie mit.

Dieser Beitrag stützt sich auf die Auswertung einer Reihe von Experten- und lebensgeschichtlichen Interviews, von Dokumenten des PDS-Archivs und des Archivs Bürgerbewegungen e.V. Leipzig, die im Rahmen des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Projekts „Zum Wandel sozialer Strukturen und Mentalitäten in den neuen Bundesländern“ 1991/92 unternommen wurden. Der Stiftung sei an dieser Stelle dafür herzlich gedankt.