Zusammenfassung
Vergleicht man die Programme, Projekte, Konzeptionen und Strategien, mit denen das politisch-administrative System aktuell auf den strukturellen Niedergang des montanindustriellen Produktionsclusters im Ruhrgebiet reagiert, drängt sich der Eindruck von Unsicherheit, Uneinheitlichkeit, Diffusität, ja Widersprüchlichkeit auf. Dazu drei Beobachtungen:
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Beginnen wir mit der regionalen Strukturpolitik der Landesregierung. Hier sind aktuell zwei Programme bzw. Initiativen prägend: die “Zukunftsinitiative für die Regionen Nordrhein-Westfalens” (ZIN) sowie die “Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher Park”. Während ZIN mit der flächendeckenden Gliederung des Landes in ZIN-Regionen im Kern ein Verfahren zur landesweiten Regionalisierung der Wirtschaftsstrukturpolitik darstellt und damit nicht ruhrgebiets-spezifisch ist, versteht sich die IBA Emscher Park “als ganzheitliches regionales Entwicklungsprogramm” (IBA 1991:Zif.3) bzw. als “eine komplexe Erneuerungsstrategie” (Ganser 1991:14) für die Emscherzone, einer Teiliegion im nördlichen Ruhrgebiet. Die Planungsbereiche von ZIN und IBA Emscher Park sind nicht deckungsgleich. Während die “Zukunftsinitiative für die Regionen Nordrhein-Westfalens” das Ruhrgebiet räumlich in vier ZIN-Regionen1 gliedert und die westliche Ruhrgebietsstadt Duisburg zusammen mit den Kreisen Kleve und Wesel der Region Niederrhein zuordnet, liegt der Planungs- und Projektbereich der IBA Emscher Park quer zu diesen vier bzw. fünf Regionen und deckt von ihnen jeweils nur Teilräume ab. Dies ist insofern von Bedeutung, als diesen beiden strukturpolitischen Initiativen unterschiedliche konzeptionelle und strategische Überlegungen zugrundeliegen.
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Literatur
Von Ost nach West: 1. Dortmund/Kreis Unna/Hamm; 2. Mittleres Ruhrgebiet/Bochum; 3. Emscher-Lippe; 4. Mülheim an der Ruhr/Essen/Oberhausen.
IBA Emscher Park (Hrsg.) (1993): Katalog zum Stand der Projekte, Gelsenkirchen.
Meldung “Bottrop soll gegen ‘Neue Mitte’ klagen”, in: Buersche Zeitung vom 30.10.1992.
So der Text in der Präambel des Gesellschaftsvertrages.
Meldung “Die Stadt gut ‘verkaufen’“, in: WAZ v. 7.11.1992.
So die Meldung “Stadt und Wirtschaft werben gemeinsam”, in: RN v. 7.11.1992.
Heinze/Voelzkow (1991:462ff) beispielsweise entwickeln diese Argumentation auf der Basis von empirischen Indikatoren zur Arbeitsmarktentwicklung.
Oft verbinden sich dabei, etwa bei Protestaktionen gegen technologische Großprojekte, seien sie militärischer oder ziviler Art, regionale mit nationalen bzw. internationalen Bewegungen.
Als vorrangige “Zwänge” benennt Fürst “wirtschaftliche Entwicklungsaufgaben und Funktionen der ‘ökologisierung von Fachpolitiken’“(Fürst 1991:99).
Fürst stellt fest, daß “Region” als Bestandteil des Verfassungsstaats mit analogen legislativen und exekutiven Organen schwer zu institutionalisieren sei. Statt dessen sieht er eher die Tendenz zur Organisation von themen-Zprojektbezogenen Netzwerken, wobei er betont, daß die funktionale Bedeutung von Netzwerken im politisch-administrativen System für die Regionalentwicklung noch völlig unklar sei.
Der Vollständigkeit halber müssen in diesem Zusammenhang auch folgende sektorale Strukturprogramme der Landesregierung erwähnt werden: das Technologieprogramm Bergbau, das Technologieprogamm Stahl sowie das Technologieprogramm Energie. Aufgrund der räumlichen Konzentration des Montankomplexes sind die Finanzmittel dieser Programme nahezu ausschließlich in das Ruhrgebiet geflossen.
Anlaß der SVR-Gründung war eine geopolitische: Die Abtretung der oberschlesischen und saarländischen Kohlereviere nach dem Versailler Vertrag forcierte den Ausbau des montanindustriellen Komplexes im Ruhrgebiet. Als infrastrukturelle Vorleistung war deshalb aus Sicht der Reichsregierung die siedlungsmäßige Erschließung des Reviers für weitere 150 000 Bergleute notwendig geworden. Interessant ist im übrigen, daß bereits vor dem Ersten Weltkrieg für die Region interkommunale Zweckverbände zur Regelung und Koordination der Wasserwirtschaft entstanden sind. Dazu gehören die 1904 gegründete Emschergenossenschaft, die älteste deutsche Abwassergenossenschaft, sowie die 1913 gegründeten beiden Zweckverbände “Ruhrtalsperrenverein” und “Verband zur Reinhaltung der Ruhr”.
Diese Überlegungen werden bestätigt durch Körte (1990:591), der schreibt: “Das Ende des SVR kam, als er immer noch auf den Kohlenbergbau setzte, als schon klar war, daß dies eine Krisenbranche geworden war. Dies ging so weit, daß sogar Neuansiedlungen anderer Industrien be- bzw. verhindert wurden”.
“Rund zwei Jahrzehnte” deshalb, da Pankoke zu Recht daraufhinweist, daß mit dem Regierungswechsel von der christlich-liberalen Koalitionsregierung unter Franz Meyers (CDU) zur sozial-liberalen Koalitionsregierung unter Heinz Kühn (SPD) im Jahre 1966 sich zunehmend Tendenzen entfalteten, die Entwicklung des Ruhrgebiets von Seiten der Landesregierung “planmäßig in den Griff zu nehmen” (Pankoke 1990:51; Pankoke spricht für die Jahre 1965 bis 1975 vom “Planungs-Jahrzehnt”, ders. 1990:52). Institutionell hat dieses neue Planungsverständnis der Landesregierung ihren Ausdruck in der Auflösung der in Essen angesiedelten Dienststelle eines “Landesbeauftragten für das Ruhrgebiet” gefunden sowie in der Installation eines Planungsstabs in der Staatskanzlei. Das erste programmatische Ergebnis war das in der Staatskanzlei erarbeitete “Entwicklungsprogramm Ruhr 1968–1973”, dem dann — wie bereits oben aufgezählt — in lückenloser zeitlicher Reihenfolge weitere Ruhrgebietsprogramme der Landesregierung gefolgt sind.
Im Zusammenhang mit der Regierungserklärung vom 15. August 1990 ist der Zuschnitt der ZIN-Regionen verändert worden. (Zur territorialen Abgrenzung der ZIN-Regionen vgl. die Karte in: ZIN-Evaluierung 1992:8).
Im einzelnen: Innovations- und Technologieförderung; Förderung der zukunftsorientierten Qualifikation der Arbeitnehmer; Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur; Verbesserung der Umwelt- und Energiesituation.
Meldung “Nordrhein-Westfalen setzt auf die Regionalisierung”, in: SZ v. 8.12.1992.
Im einzelnen: Erich Hödl/ Rainer Mönig (ZIN-Region “Bergische Großstädte”); Franz-Josef Bade/ Ralf Theisen (ZIN-Region Dortmund/Kreis Unna/Hamm); Franz Lehner/ Josef Hilbert/ Wolfgang Potratz/ Wolfgang Käber (ZIN-Region “Emscher-Lippe”); Norbert Wohlfahrt/Thomas Forth (ZIN-Region “Niederrhein”); Rolf G. Heinze/ Helmut Voelzkow (ZIN-Region “Ostwestfalen-Lippe”). Die Projektkoordination lag bei Rolf G. Heinze/ Helmut Voelzkow/ Volker Eichener.
Auf eine detaillierte methodische Kritik der Begleitforschung muß an dieser Stelle verzichtet werden. Drei Haupteinwände sollen jedoch genannt werden: 1. Eine Begründung für die Auswahl der untersuchten fünf ZIN-Regionen wird nicht gegeben. 2. Zumindest zwei der fünf evaluierenden Forschungsgruppen waren bei der Formulierung regionaler Entwicklungskonzepte “ihrer” Untersuchungsregion selbst involviert. 3. Die Regionalberichte differieren in ihrem Informationsgehalt und in ihrer Qualität z.T. erheblich,
Beispiele dafür sind die Lenkungsgruppen in den ZIN-Regionen Bergische Großstädte und Ostwestfalen-Lippe.
Beispiele dafür sind die Regionen Niederrhein und Dortmund/Kreis Unna/Hamm.
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© 1994 Leske + Budrich, Opladen
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Kilper, H., Latniak, E., Rehfeld, D., Simonis, G. (1994). Die Suche nach neuen Formen regionaler Planung und Steuerung. In: Das Ruhrgebiet im Umbruch. Schriften des Institut Arbeit und Technik. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92542-8_4
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