Populärkultur und Identität

Zusammenfassung

Im Laufe der achtziger und neunziger Jahre, in zeitlicher Nähe und aus Anlaß von Jubiläen und Bedenkfeiern, sind in Österreich etliche eindrucksvolle Bücher publiziert worden, die sich mit der österreichischen Kultur auseinandersetzen und das Thema der nationalen wie kulturellen Identität behandelt haben (z.B. Heer 1981; Kreissler 1984; Schorske 1994). Österreich hat im 20. Jahrhundert, in diesem »Zeitalter der Extreme« (Hobsbawm), eine Fülle von Brüchen und dramatischen Veränderungen erlebt, und mit der Metamorphose von der Donaumonarchie zur Alpenrepublik veränderte sich auch der verbindende Vorrat an gemeinschaftsbildenden Symboliken. Der Historiker Friedrich Heer schrieb, es gebe kein geschichtliches Gebilde in Europa, das so sehr mit den Identitätsproblemen seiner Mitglieder verbunden sei wie Österreich. Obwohl es seit 1776 über ein Nationaltheater verfügte, suchte es lange nach einer Nation, in der sich die politischen, religiösen und ethnischen Gegensätze zu einer »österreichischen Kultur« und Identität verbinden ließen (vgl. Heer 1981: 9f.).¹

Es scheint mir unmöglich, nationale und kulturelle Identität voneinander zu trennen, wie dies jene tun, die den Österreichern sowohl ihre nationale Existenzberechtigung wie auch ihre eigene Kultur absprechen. Statt dessen faseln sie immerzu von der »Einbettung in die große deutsche Kulturgemeinschaft«, ohne zu bedenken, daß Einbettung mit Bettlägerigkeit gleichzusetzen ist, die über kurz oder lang zum Tod führt.

Felix Kreissler, Kultur als subversiver Widerstand