Zusammenfassung
Wenn ein bekannter, mitunter auch verkannter Autor rückblickend über die Anfange seiner Schriftstellerei berichtet und sich zu seinen damaligen Motiven und Absichten äußert, dann sind diese Stellungnahmen sicherlich interessant und aufschlußreich. Dennoch geben sie die in der Nachkriegszeit entwickelten Auffassungen über Funktion und Aufgabe von Literatur nur gefiltert wieder, verändert durch die im Laufe der Jahre gewonnenen Einsichten und Erfahrungen.
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Literatur
“Kein Schreihals vom Dienst sein” (1967), INT 65.
Böll an Kunz, 15. Oktober 1946; BW Böll-Kunz, S. 24.
Paul Schallück: Interview met Heinrich Böll, in: Literair Paspoort (Amsterdam) 8 (1953), Nr. 69, S. 187.
Böll an Kunz, 26. Juni 1948; BW Böll-Kunz, S. 87.
Das Risiko des Schreibens (1956), SR 1, 199.
Böll an Kunz, 3. März 1947; BW Böll-Kunz, S. 28.
Böll an Kunz, 1. Dezember 1947; BW Böll-Kunz, S. 45.
Literarische Revue 4 (1949), Nr. 4, S. 245f.
Hans Werner Richter: Literatur im Interregnum, in: Der Ruf 1 (1947), Nr. 15, S. 11.
Ebd.
Ebd.
Vgl. dazu auch J.H. Reid: Heinrich Böll. Ein Zeuge seiner Zeit, München 1991, S. 85: “Manche dieser [frühen] Geschichten haben einen stark romantischen oder neo-romantischen Einschlag; dann wird die Realität dieser Welt des Elends und des Verfalls transzendiert, und der Erzähler gelangt in eine Welt des Lichts, der Ordnung und der Erfüllung.”
Frankfurter Vorlesungen (1964), SR III, 68.
Böll im Interview mit Paul Schallück (wie. Anm. 3), S. 187.
Alfred Andersch: Deutsche Literatur in der Entscheidung. Ein Beitrag zur Analyse der literarischen Situation (1948), zit. nach: Das Alfred Andersch Lesebuch, hrsg. von Gerd Haffmans, Zürich 1979, S. 133.
Ebd.
Dies beklagte Böll gegenüber seinem Freund Kunz (Brief vom 23. Juli 1948; BW Böll-Kunz, S. 101).
Böll an Kunz, 30. Juli 1948; BW Böll-Kunz, S. 111.
Kunst und Religion (1959), SR I, 318.
Über Fürsorgliche Belagerung. Interview mit Dieter Zilligen. ARD am 23.9.1979, zit. nach: Materialien zur Interpretation von Heinrich Bölls Fürsorgliche Belagerung, Köln 1981, S. 19.
Vgl. dazu Gabriele Sanders Beitrag “Die Last des Ungelesenen” in diesem Band, bes. S. 64f, 71 und 81ff.
Auch Böll attackierte zeitlebens die Zusammenarbeit von Kirche und Staat. Vgl. etwa: “Die Entwicklung der abendländischen Kultur ist geprägt von zwei Hierarchien, die uns beherrschen, dem Staat und der Kirche, die immer sehr gut miteinander arbeiten, auch wenn sie sich gelegentlich bekämpfen, weil natürlich die Unterordnung und Unterwerfung unter die oder jene Hierarchie der jeweils anderen dient. [...] Die Kirchen dienen immer noch als Domestizierungs-Institutionen, das kann ein Staat immer gut gebrauchen.” (“Eine deutsche Erinnerung” 1976, INT 551)
In einem Interview mit Erich Kock (1976) berichtete Böll, daß er sich sieben Jahre lang intensiv mit Bloy auseinandergesetzt habe. Kennengelernt habe er Bloy 1936, Weihnachten, neunzehnjährig. “Das erste Buch von Bloy. Es hieß Das Blut des Armen, schlug ein wie eine Bombe im deutschen Katholi-zismus und bei mir und meinen Freunden. Weil es etwas ausdrückte, nicht nur das Mystische bezüglich Geld, Blut des Armen, sondern eine Freiheit, eine Kühnheit der Gedanken und des Ausdrucks, den der extrem provinzielle lahme deutsche Katholizismus nie gekannt hat. [...] ich war [...] damals schon sehr kritisch gegenüber dem etablierten Katholizismus hier. [...] Ich glaube, daß Bloy ergänzt hat, was Marx und andere auf sagen wir rationaler oder rationalistischer Ebene erkundet, analysiert und propagiert haben. Und das war für mich auch die Offenbarung in seinem Werk. Daß er eine Dimension hinzugefügt hat, die der — sagen wir jetzt sehr grob — europäischen rationalistischen, atheistischen Linken gefehlt hat. Ich glaube nicht, daß man sich mit Geld, mit Armut, auch mit Reichtum, auf rein rationalistische Weise beschäftigen kann. [...] sich mit der Existenz des Menschen auf dieser Erde beschäftigen, mit seiner materiellen auf rein materialistisch rationalistischen [!] Weise genügt eben nicht.” (INT 477–479)
Léon Bloy: Das Blut des Armen, Salzburg/Leipzig 1936, S. 153.
Ebd. S. 51.
Vgl. beispielsweise Marie Derkum (Ansichten eines Clowns, 1963), die älteren Damen D-Zug-Zuschläge bezahlt und Kellnerkindem Wintermäntel finanziert.
Vgl. auch eine Figur wie den ehemaligen Räuber Milutin (Mönch und Räuber, 1953), der “alles an die Kinder” “verschenkt”. (HTD 146)
Bloy (wie Anm. 24), S. 78.
Zitat aus dem verworfenen 4. Kapitel des Romans Der Engel schwieg.
Vgl. “Eine deutsche Erinnerung”: “Später, als die Mark wieder Wert hatte [...], hat sich das [die Mißachtung der bürgerlichen Eigentumsgesetze] bei den Deutschen in ein geradezu krankhaftes Anklammern an Besitz verwandelt.” (INT 638)
Hierzulande (1960), SR II, 58.
Aus dem Hort der Nibelungen und Deutsche Tüchtigkeit wurden erstmals 1992 veröffentlicht, in: Der Spiegel, Nr. 32 vom 3. August 1992, S. 151 und 153.
“Eine deutsche Erinnerung”, INT 587.
Gewalten, die auf der Bank liegen (1972), SR IV, 286.
Und sagte kein einziges Wort, RE II, 51.
Vgl. die arrogante Äußerung des ZEITUNGS-Reporters Töttges, der seine (sinnentstellenden) Veränderungen der Aussage von Katharina Blums Mutter damit erklärt, daß er “drauf eingestellt und gewohnt sei, ‘einfachen Menschen Artikulationshilfe zu geben’“. (Die verlorene Ehre der Katharina Blum, RE IV,88)
Frankfurter Vorlesungen, SR III,35. Vgl. ferner folgende Interview-Äußerung Bölls: “[...] ich sehe diese Helden aus den anderen Schichten nicht. Es hat keine großen Leute gegeben bei den Großen.” (“Ich habe nichts über den Krieg aufgeschrieben”. Ein Gespräch mit Heinrich Böll und Hermann Lenz, in: Literaturmagazin 7. Nachkriegsliteratur, hrsg. von Nicolas Born und Jürgen Manthey, Reinbek bei Hamburg 1977, S. 30–74, hier S. 66)
Zur Verteidigung der Waschküchen (1959), SR I, 296.
Literatur und Religion (1969), INT 97.
Vgl. Schreiben als Zeitgenossenschaft I. Dezember 1982, in: Heinrich Böll/Heinrich Vormweg: Weil die Stadt so fremd geworden ist... Gespräche, Bornheim-Merten 1985, S. 108.
Vgl. “Eine deutsche Erinnerung”, INT 648.
Vgl. dazu folgende essayistische Schriften: Kunst und Religion (1959); Rose und Dynamit (1960); Ich gehöre keiner Gruppe an (1963). Vgl. auch das Interview: “Ohne Leine” (1969).
Trotz der Fragwürdigkeit des Kriteriums “christlich” als einer literarästhetischen Kategorie wird hier auf diese Charakterisierung zurückgegriffen, die jedoch nicht im traditionellen Sinn verstanden werden soll, sondern eher in Anlehnung an die Definition christlicher Literatur von Karl-Josef Kuschel. Dieser lehnt in seiner Studie Jesus in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur einen Begriff christlicher Literatur ab, “der nach außen apologetisch und nach innen selbstbestätigend gewirkt hat. [...] Was ist das Kriterium des Christlichen? Unsere Antwort: Person und Sache Jesu Christi. [...] Unsere Definition ist daran interessiert, nur das für christlich zu erklären, was einen maßgebenden Bezug zu Jesus Christus und seiner Sache enthält.” (Zürich 1978, S. 302f) -Vgl. ferner die dort zitierte Definition des Begriffes von E.J. Krzywon: “Die Christlichkeit des Autors hat somit für die Konstituierung der christlichen Literatur nicht auf Grund seiner faktischen, präsentischen oder einstigen Zugehörigkeit zum Christentum oder zur Kirche ausschlaggebenden Einfluß, sondern auf Grund seiner Bewußtseinslage und Intention, die dann im Kunstwerk realisiert, auch rezeptionsästhetisch und interpretatorisch als solche anerkannt wird. Erst das Zusammenwirken aller Faktoren — Bewußtsein und Intention des Subjekts, Qualität und Qualifikation des Werktextes im literarischen wie im christlichen Sinn und dessen Interpretation bzw. Rezeption — konstituieren das Phänomen ‘christliche Literatur’.” (Ebd. S. 304)
In dem 1960 publizierten Essay Rose und Dynamit konstatierte Böll: “[...] es gibt keinen christlichen Stil [...]; es gibt nur Christen, die schreiben, und je mehr sich ein Christ als Künstler auf Stil und Ausdruck konzentriert, desto christlicher wird sein Werk. Die Sprache ist ein Geschenk Gottes [...].” (SR II, 11)
Gemeint sind in diesem Zusammenhang Theodor Haecker, Gilbert Keith Chesterton und vor allem Léon Bloy.
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Schnepp, B. (1995). Die Aufgabe des Schriftstellers. In: Bellmann, W. (eds) Das Werk Heinrich Bölls. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92512-1_3
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