Zusammenfassung
Vorbemerkung in eigener Sache: Da ich im folgenden die im Titel genannte ‘Theorieoption’ und ihre Prämissen nur ausschnitthaft systematisch skizzieren kann und außerdem nicht beanspruchen will, die bisherige Forschungsdiskussion zum Thema’ systemtheorie und Literaturwissenschaft’ umfassend zu resümieren, bedarf ihre restriktive Perspektivierung und Simplifikation sowie der daraus resultierende, hohe Anteil an Selbstzitaten der Erläuterung. Mein kritischer und selektiver Rekurs auf Beiträge des vorliegenden Bandes will den selbstkritischen Ausgangspunkt dieser ‘Anmerkungen’ nicht vergessen machen: Selbstkritisch und rückblickend ist nämlich mit Recht zu fragen, was eine ‘wissenssoziologische Option’ theoretisch und forschungspraktisch einer Literaturwissenschaft bieten kann, die sich als ‘historische Sozialwissenschaft’ versteht. Zwar wurde und wird im Kontext der Münchener Forschergruppe zur “Sozialgeschichte der deutschen Literatur 1770–1990” seit Jahren eine solche Theorieoption für Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte als Desiderat postuliert, theoretische Weiterentwicklung oder gar empirisch-historische Anwendungsversuche sind jedoch die Ausnahme geblieben. Die jüngeren Entwicklungstendenzen innerhalb der (nicht nur, aber v. a. Luhmannschen) soziologischen Systemtheorie (Stichworte: Autopoiesis, Konstruktivismus) scheinen darüber hinaus explizit wissenssoziologischen Forschungsdesigns eher abträglich zu sein und das Problem der ‘Zurechnung’ von sozialer ‘Praxis’ und’ symbolischen Formen’ von vornherein kognitionsbiologisch oder -psychologisch zu unterlaufen. Von einer anhaltend stagnierenden Wissenssoziologie hat die Literaturwissenschaft also kaum interdisziplinäre Orientierung zu erwarten.1 Soziale ‘Praxis’ und’ symbolische Formen’ (sensu Bourdieu 1974) systematisch zu trennen, mag außerdem in der Tat als müßig erscheinen, wenn die einzige Konsequenz darin besteht, das Problem ihrer Wiederverknüpfung theoretisch und praktisch als offenkundig unlösbar zu perpetuieren oder Vermittlungsbegriffe zu generieren, die das Problem nur verschieben.2 Gleichwohl hat sich zwischen der Siegener Forschergruppe um S.J. Schmidt und den ehemals Münchener ‘Theoretikern’ um D. Pfau, J. Schönert und G. Jäger eine kontinuierliche Diskussion entlang der wissenssoziologischen ‘Zurechnungsachse’’ sozialsystem/soziale Praxis/Aktor’ und’ symbolsystem/Diskurs/Text’ ergeben, die u. a. die Möglichkeiten textbezogener Forschung im Rahmen der ‘Empirischen Literaturwissenschaft’ (ELW) betraf und insbesondere auf die Theorie’ sozialer Interaktionsmedien’ (Parsons) bzw.’ symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien’ (Luhmann) Bezug genommen hat.3
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Ort, CM. (1993). Sozialsystem ‘Literatur’ — Symbolsystem ‘Literatur’. In: Schmidt, S.J. (eds) Literaturwissenschaft und Systemtheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92481-0_9
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