Zusammenfassung
Dass die Institution Familie ein soziales Phänomen ist und gesellschaftlichem Wandel unterliegt, ist eine Erkenntnis, die mittlerweile zu den Einsichten gehört, über die in der Soziologie weitgehend Einvernehmen besteht. Zwischen der Auffassung von Familie als sozial konstituierter Form des Zusammenlebens von Personen einerseits und der Betrachtung von Veränderungen von familialen Formen im Zuge gesellschaftlicher Wandlungsprozesse andererseits besteht ein schlüssiger — gleichwohl loser — Zusammenhang: Was nicht als “sozial” begriffen bzw. dafür als ein naturgegebenes, außergesellschaftliches oder statisches Faktum gehalten wird, kann auch nicht als veränderlich im Bezugsrahmen gesellschaftlicher Entwicklungen gelten. Insbesondere hat die sozialwissenschaftliche Frauenforschung zur Erkenntnis des “Sozialen” der Familie seit über zwei Jahrzehnten auf entscheidende Weise beigetragen. Bei allen Divergenzen liegt die besondere Stärke der feministischen Ansätze gerade in der Betonung der gesellschaftspolitischen Dimensionen von Familie und damit in der Entmystifikation der bürgerlichen (Kern-) Familie als eine funktionale, in vorgegebenen “Geschlechtsrollen” erstarrte, (macht-)neutrale Größe im staats- und arbeitsfreien Privatraum. Als Ergebnis der Kritik von Frauenforschung gewinnt das Relationale und Prozesshafte der Familie auch in der “neuen” Ungleichheitssoziologie allmählich an Bedeutung.
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Gümen, S. (2000). Vergeschlechtlichung und Ethnisierung im Kontext der Familie. Gesellschaftspolitische Dimensionen des Alltäglichen. In: Buchkremer, H., Bukow, WD., Emmerich, M. (eds) Die Familie im Spannungsfeld globaler Mobilität. Interkulturelle Studien, vol 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92326-4_10
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