Zusammenfassung
Die moderne Moral der dichotomischen Gegenüberstellung von Arbeit und Müßiggang sowie die säkularisierende Verkürzung von Gebet auf Arbeit, schließlich die Ethnisierung universal gedachter Lebensordnungen ließen „nationale Arbeit“ zunehmend biologistisch mißverstehen. Dies um so mehr bei der „verspäteten Nation“ der Deutschen und Österreich her in Mitteleuropa nach den verheerenden wirtschaftlichen Folgen des verlorenen Ersten Weltkriegs. Jetzt konnte der rassistische Erlösungsgedanke zur wirksamen politischen Religion werden. Aus aufklärerischen Ideen und Versuchen des späten 18. Jahrhunderts und der ihnen folgenden bürgerlichen Rechtspraxis der zwangsmäßigen Arbeitserziehung im 19. und 20. Jahrhundert haben Hitler und Himmler im Verlaufe ihrer Herrschaft die zeittypischen Zwangsanstalten von Intemierungs- und Arbeitslagern zu Todesfabriken fair Nichtarier aller Art entwickelt und schließlich mit der „Endlösung der Judenfrage“ in den letzten Kriegsjahren zugleich die „Vernichtung durch Arbeit“ zum systematisch exekutierten Programm erhoben. Wenn das relativ zierliche Emblem „Arbeit macht frei“ am Gitter in Dachau von 1937 noch ein verspäteter propagandistischer Legitimationsvers sein konnte, so war die 1940 dann groß monumentierte Devise über dem Eingangstor des Stammlagers Auschwitz nur noch blanker Zynismus fern aller öffentlichen Selbstdarstellungsmöglichkeiten der inzwischen geheimgehaltenen Lager.
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Literatur
Bauman, Zygmunt: Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust. Hamburg 1992 (engl. 1989). - An der Universität Eichstätt war Bauman 1996 beteiligt am Symposion “Ambivalenz und Kultur”, vgl. Luthe, Heinz Otto u. Wiedemann, Rainer E. (Hgg.): Ambivalenz. Studien zum kulturtheoretischen und empirischen Gehalt einer Kategorie der Erschließung des Unbestimmten. Opladen 1997, hier sein Beitrag “Modernity and Clarity”, S. 109–122.
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© 1998 Katholische Universität Eichstätt
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Brückner, W. (1998). Fazit. In: „Arbeit macht frei“. Otto-von-Freising-Vorlesungen der Katholischen Universität Eichstätt, vol 13. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92320-2_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92320-2_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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