Zusammenfassung
Die Ränder der Hauptstadt lassen sich als Gegenstand eines Forschungsvorhabens vorweg nur über den Akt der Eingrenzung bestimmen. Dazu können z.B. soziale, ökonomische, politische, kulturelle, aber auch geographische Kriterien gewählt werden. Wir haben uns für einen räumlichen Zugang zum Ränderphänomen entschieden. Er liegt im Fall der Metropolenregion Berlin- Brandenburg nahe; denn der raumpolitisch gezogene Rand der Stadt ist zugleich ein historisch gewachsener und gesellschaftlicher, ein politischer, sozialer und ökonomischer — sowie nicht zuletzt ein kultureller Rand. Wir vermuten also, den komplexen Prozessen, die sich am Rand von Berlin abspielen, am besten entlang der administrativen Grenze Berlins, die die Hauptstadt vom märkischen Flächenland Brandburg scheidet, nachgehen zu können. Existiert aber entlang dieser Grenze tatsächlich ein spezifisch peripherer ‘konjunktiver Lebens- und Erfahrungsraum‘ oder gibt es gleich — wie wir schon zu Beginn vermuteten ‘ mehrere solcher ‘Räume‘, die sich mehr oder weniger unmittelbar diesseits und jenseits der zunächst zweidimensionalen Berliner Stadtgrenze konstituieren? Oder zeigt dieser Raum die Eigenart, sich gerade nicht messtischblattgenau abgrenzen zu lassen, sondern seinen eigentümlichen Charakter im Spiel mit dem Phänomen der Grenze selbst auszubilden, mit Ü berschreitungen, dem Aufeinanderstoßen und dem Widerspruch gegen strichförmige Begrenzungsarten? Damit würde dieser Raum sich als ‘echter‘ Grenzraum gerade nicht dem Modell der — aus der Humanökologie bekannten und dort, wo es in der raumbezogenen Forschung um die Bestimmung sozialer Räume geht, nicht selten noch immer hypostasierten — ‘natural areas‘ und Zonierungen zuordnen lassen. Wenn er sich erkennen lässt, ist ein solchermaßen konstitutierter Raum auch der individuellen Erfahrung zugänglich; anhand materialer Zeugnisse von Architektur und Infrastruktur ebenso wie anhand bestimmter sozialer Praktiken und Verhaltensweisen oder anhand im öffentlichen Raum wahrnehmbarer Zeichen und Symbole sowie Codierungen könnte er sich z.B. als Raum der Gegensätzlichkeiten und Entgrenzungen, des Wandels und der Hybridbildungen, der unterschiedlichen Geschwindigkeiten wie der Hypertrophie erweisen.
Dieser Beitrag versucht einige zentrale Einsichten, die im Zuge der ‘fahrradgestützen ‘Felderkundung an den Rändern der Hauptstadt gewonnen wurden, möglichst ‘nahe ‘an der Erhebungsmethode komprimiert darzustellen. Maßgeblich inspiriert wurde er von Nicole Hoffmann und Ulf Matthiesen.
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© 2002 Leske + Budrich, Opladen
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Nuissl, H. (2002). Die Er-Fahrung der Ränder der Hauptstadt — Felderkundungen mit dem Fahrrad. In: Matthiesen, U. (eds) An den Rändern der deutschen Hauptstadt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92261-8_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92261-8_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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